Groko-Stimmen aus der Region Viele Genossen in der Region lehnen Groko ab

Rhein-Sieg-Kreis · Kommunalpolitiker der SPD sehen Ergebnisse der Sondierungsgespräche kritisch und vermissen SPD-Profil.

Am Sonntag entscheiden die Sozialdemokraten auf ihrem Bundesparteitag in Bonn, ob sie in Koalitionsgespräche mit der Union gehen. Der GA hat SPD-Politiker aus der Region nach ihrer Meinung gefragt.

Der Swisttaler SPD-Vorsitzende Tobias Leuning sagt: „Ich bin gegen eine große Koalition, weil dann Extremisten Oppositionsführer im Bundestag werden. Aber auch wegen der mangelnden Verlässlichkeit der CDU, die sich in der letzten Koalition und während der Sondierung nicht an Absprachen gehalten hat. Es hätte sehr gute inhaltliche Gründe gebraucht, trotzdem dafür zu sein: Umkehr des Auseinanderdriftens zwischen Arm und Reich, Abschaffung der Zwei-Klassen-Medizin und der sachgrundlosen Befristung, unter der viele Menschen meiner Generation leiden. Das ist für die Union aber alles kein Problem.

Die Swisttaler SPD-Ratsfrau Gisela Hein spricht sich für Verhandlungen mit der Union aus, ist aber skeptisch, ob sie zu einem guten Ende führen. Ob es zu einer erneuten großen Koalition komme, müssten die Gespräche zeigen. Eigentlich präferiere sie für die SPD die Opposition, denn die Koalition mit der Union sei abgewählt worden. Es sei auch wichtig, die AfD nicht weiter zu stärken. Ihr persönlich seien die Bürgerversicherung, ein schnellerer Ausstieg aus der Kohle und eine konsequentere Umweltpolitik mit einem Verbot des Pflanzenschutzmittels Glyphosat wichtig.

Als Delegierter beim Bundesparteitag mit dabei ist Rheinbachs SPD-Chef Dietmar Danz. Er weiß bereits, wie sein eigenes Abstimmungsverhalten ausfallen wird. „Für mich ist das Ergebnis der Sondierungen nicht ausreichend“, sagt Danz. „Ich spreche mich gegen Koalitionsverhandlungen aus und stimme letztendlich gegen eine große Koalition. Wichtig sind für mich ein stärkeres inhaltliches Profil der SPD und eine verlässliche Politik. Mit dem Sondierungspapier kann ich eine Zustimmung zur großen Koalition nur schwer begründen.“ Dies sei aber seine persönliche Meinung und Abwägung, und er habe Verständnis dafür, wenn andere zu einer anderen Schlussfolgerung kommen.

„Ich bin innerlich noch sehr zerrissen, und weiß nicht, wie ich am Sonntag als Delegierte entscheidend würde“, sagt Meckenheims SPD-Fraktionschefin Brigitte Kuchta. Sie befürwortet allerdings die lebhafte Diskussion innerhalb ihrer Partei über das Ergebnis der Sondierungsgespräche mit der Union. „Für mich ist die jetzt geführte verantwortungsvolle innerparteiliche Diskussion gelebte Demokratie. Wenn dies aber als Zwergenaufstand abgetan wird, macht mich das wütend“, findet Kuchta.

Martina Koch, Fraktionschefin der SPD in Rheinbach, ist für die Groko, denn in der Opposition könne ihre Partei nur sehr wenig gestalten. "Die sozialen Positionen der SPD werden gebraucht. Ohne sie wird es für viele Menschen in den nächsten Jahren noch viel schwerer", erklärt Koch. Es gebe in der Politik nie die Umsetzung der reinen Lehre, es müssten immer Kompromisse gemacht werden, ob in der Regierung oder in der Opposition.

Die Sozialdemokraten sollten in Koalitionsgespräche gehen, fordert Meckenheims SPD-Chef Tim Romankiewicz. „Neuwahlen sind aus demokratischer Perspektive schwierig und die Duldung einer Mitte-Rechts-Minderheitenregierung kann nicht unser Ziel sein. Am Ende sollte außerdem die Basis entscheiden und kein Parteitag“, sagt Romankiewicz.

Gudrun Grosse Wiesmann, Mitglied im Vorstand der Alfterer SPD, sagt: „Manchmal frage ich mich, warum die letzte Groko eigentlich so schlecht gewesen sein soll. Es hat auf Initiative der SPD viele gute soziale Reformen gegeben, schwierige Krisen im Finanz- und Migrationsbereich wurden überstanden, leider haben wir das den Wählern nicht deutlich genug machen können. Auch ich war zunächst strikt gegen eine neue Groko. Aber: Die Situation hat sich nun mal verändert. Da ich nicht grundsätzlich gegen eine Groko bin, frage ich mich, was das Ergebnis eines Neins wäre. Am Ende würden wir voraussichtlich Neuwahlen haben müssen, und da bezweifle ich, ob die SPD daraus als stabilerer Partner, sprich: Gewinner hervorginge. Deshalb werde ich – auch weil ich die bisherigen Sondierungsergebnisse gut und zukunftsweisend genug finde – der Groko zustimmen.“

Der Jungsozialist und Beisitzer im SPD-Vorstand in Alfter, Marvin Keßel, meint:„Wie die anderen jungen Genossen in der SPD und bei den Jusos sehe ich in der Groko keinen fruchtbaren Boden für die SPD. Das bezieht sich darauf, dass wir die Regierungsverantwortung bei den Bundestagswahlen 2017 aberkannt bekommen haben von den Wählern. Ich sehe nicht den Weg der Erneuerung für die SPD, den sie innerlich und äußerlich anstrebt, wenn wir eine weitere Legislaturperiode in eine Groko gehen. Wir können uns nur in der Opposition erneuern und zu den Werten wiederfinden, für die die SPD steht, und müssen der erstarkten Rechten – wie der AfD – in der Opposition Paroli bieten als stärkste Oppositionspartei.“

Karin Jaritz gehört der SPD-Fraktion im Bornheimer Stadtrat an und sagt zum Thema Groko: „Persönlich befürworte ich eine Groko, weil bei einer politischen Ausnahmesituation Verantwortung gefordert ist. Ich halte die Groko für die beste politische Alternative. Die SPD ist dabei in einer starken Verhandlungsposition, um ihre sozialen Themen einzufordern.“

Rainer Züge, Beisitzer im Vorstand der Bornheimer SPD-Fraktion, sagt: „Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche enthalten leider keine Vereinbarungen zu Themen die mir und vielen anderen Sozialdemokraten sehr wichtig gewesen wären. Besonders möchte ich hier die Bürgerversicherung und die sachgrundlose Befristung nennen. Trotzdem halte ich es für richtig, auf der Grundlage dieses Papiers jetzt in Koalitionsverhandlungen einzutreten. Wir dürfen uns nicht vor unserer Verantwortung drücken, wie es andere getan haben. Im Koalitionsvertrag gilt es dann darauf zu achten, dass die Felder, in denen die SPD sich durchsetzen konnte, abgesichert werden und möglichst weitgehend umgesetzt werden.“

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