Landgericht in Köln Prozessauftakt gegen mutmaßliche Menschenschmuggler

Köln · Zwei junge syrische Brüder müssen sich vor dem Kölner Landgericht wegen Menschenschmuggels verantworten. Sie sollen für den Tod von mindestens acht Menschen auf dem Mittelmeer verantwortlich sein. Doch sie selbst stellen die Dinge völlig anders dar.

 Vor dem Kölner Landgericht beginnt am Montag der Prozess gegen zwei mutmaßliche Menschenschmuggler.

Vor dem Kölner Landgericht beginnt am Montag der Prozess gegen zwei mutmaßliche Menschenschmuggler.

Foto: dpa

Zwei schlaksige Jungs in Jeans und Turnschuhen, die mit ihren Kindergesichtern eher noch jünger aussehen als 20 und 18. Die artig auf die Richterin zugehen und ihr lächelnd die Hand geben. Können das Menschenschmuggler sein? Schleuser, die für das Ertrinken von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer verantwortlich sind? Die Kölner Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt. Am Montag begann vor dem Landgericht der Prozess gegen sie.

Mit gefalteten Händen sitzen sie auf ihren Klappstühlen, während der Staatsanwalt die Anklage verliest. Die beiden syrischen Brüder gehörten demnach zu einer Bande kurdischer Schleuser, die im vergangenen November von der türkischen Stadt Bodrum an der ägäischen Küste aus operierte. 2500 Dollar pro Person hätten sie für die Überfahrt nach Griechenland verlangt.

Statt der versprochenen Jacht habe dann aber nur ein Schlauchboot bereitgelegen. Als sich die irakischen Flüchtlinge geweigert hätten, darin die nächtliche Seereise anzutreten, hätten die Schleuser sie mit vorgehaltener Waffe dazu gezwungen. Schwimmwesten hätten die Flüchtlinge nicht anziehen dürfen - die Signalfarben hätten die Polizei aufmerksam machen können.

Hohe Wellen hätten nach und nach immer mehr Wasser in das überfüllte Schlauchboot geschwappt, bis es vor der griechischen Insel Kos schließlich gekentert sei. Mindestens acht Flüchtlinge seien ertrunken.

Die beiden jungen Männer bestreiten den Vorwurf - „wir sind keine Schleuser, sondern Flüchtlinge“, beteuern sie. In ausführlichen Erklärungen, die von ihren Anwälten verlesen werden, stellen sie ihre Version der Geschehnisse dar: Demnach sind sie selbst aus Syrien geflohen, um der Einberufung zur Armee zu entgehen. Ihre Eltern und drei Schwestern ließen sie zurück.

Von Bodrum aus hätten sie im November 2015 auf unruhiger See nach Griechenland übergesetzt - mit 34 Menschen in einem Boot. Die Männer hätten auf dem Rand gesessen, die Frauen auf ihren Knien, die Kinder in der Mitte. Alle hätten Todesangst ausgestanden. Es sei aber gut gegangen.

Schon in Griechenland seien sie dann von einem Iraker beschuldigt worden, Schlepper zu sein und insgesamt 21 000 Euro abkassiert zu haben. Auf der Polizeiwache habe der Mann seine Anschuldigungen aber zurückgenommen. Über die Balkanroute gelangten die Brüder nach Deutschland und kamen in eine Kölner Flüchtlingsunterkunft.

Bei einer Veranstaltung in einer Kirche hätten sie dann den Iraker wiedergetroffen, der sie schon in Griechenland angezeigt hatte. Er habe Fotos von ihnen gemacht. Einige Zeit später wurden sie festgenommen und kamen in Untersuchungshaft. Der Anwalt des älteren Bruders beendet die Erklärung mit den Worten: „Mein Mandant erhofft sich von diesem Verfahren, dass endlich seine Unschuld festgestellt wird.“

Es steht also offenbar Aussage gegen Aussage, und es dürfte keine leichte Aufgabe sein, von einem Kölner Gerichtssaal aus zu rekonstruieren, was sich vor genau einem Jahr auf dem Mittelmeer abgespielt hat. Sicher ist dagegen: Die Fahrten in den überfüllten Booten gehen weiter. Auch diesen November. Auch jetzt.

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