Gericht will Urteil Anfang Dezember verkünden Morde in Euskirchen: Angeklagter laut Gutachter schuldunfähig

Bonn/Euskirchen · Ein 32-Jähriger hatte seine ehemalige Lebensgefährtin und Mutter des gemeinsamen Sohnes im Februar in Euskirchen mit 34 Messerstichen getötet. Jetzt gibt es ein Ergebnis des psychiatrischen Sachverständigen.

 Prozess am Schwurgericht: Die Nebenkläger halten den Angeklagten für schuldfähig.

Prozess am Schwurgericht: Die Nebenkläger halten den Angeklagten für schuldfähig.

Foto: dpa

Die Verwirrung war bereits am ersten Prozesstag groß: Der 32-jährige Angeklagte berichtete – mit fast unschuldig-kindlichem Blick – vom Blutbad, das er am 27. Februar 2017 in einem Mehrfamilienhaus in Euskirchen angerichtet hatte. Er hatte seine ehemalige Lebensgefährtin und Mutter des gemeinsamen Sohnes mit 34 Messerstichen getötet und ihren neuen Freund mit 13 Messerstichen schwer verletzt.

In seinem Geständnis hatte er erklärt: „Ich bin nicht gekommen, um zu töten, sondern um meinen Sohn zu sehen.“ Aber gleich nachdem ihm vom Freund seiner Ex die Wohnungstür geöffnet worden war, sei er angegriffen worden. „Wie ein wild gewordener Bulle ist der Mann auf mich losgelaufen, hat mich mit Fäusten geschlagen.“ Da habe er Rot gesehen.

Eine nicht ungewöhnliche Einlassung. Aber dann berichtete der gebürtige Türke über Dinge, die die Kammer unter Vorsitz von Josef Janßen aufmerken ließen: Er sei von den späteren Opfern bedroht, belästigt, auch vergewaltigt worden. Und habe sich verfolgt gefühlt. Auch der gemeinsame Sohn – heute acht Jahre alt – sei von seiner Mutter misshandelt und missbraucht worden.

Als der Angeklagte von Janßen aufgefordert wurde, Genaueres zu erzählen, weigerte er sich: „Das ist so eklig, was da passiert ist. Ich schäme mich, darüber zu sprechen.“ Zwei Mal wurde der Prozess unterbrochen. Aber der Angeklagte schwieg weiter. Die entscheidenden Fragen des Prozesses: Fantasiert er absichtlich, um den gravierenden Schuldvorwürfen zu entkommen? Spielt er ein Spiel mit dem Gericht? Oder glaubt er seinen eigenen Schilderungen?

Lebt in Wahnwelt

Nach vier Prozesstagen kam der psychiatrische Sachverständige Wolfgang Schwachula zum Ergebnis, dass der Angeklagte in einer Wahnwelt lebt. Eine Mischung aus Psychose, gepaart mit den Folgen seines langjährigen Drogenmissbrauchs. Seine Diagnose war eindeutig: Er hält den Angeklagten für schuldunfähig.

So auch die Staatsanwältin Silke Götz: In ihrem Plädoyer forderte sie Freispruch – und Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik. Für den Totschlag und Totschlagsversuch sei er nicht verantwortlich zu machen. Auch Verteidiger Albert Stumm schloss sich in seinem Plädoyer der Staatsanwältin an. Und das, obwohl sein Mandant sich immer wieder ausdrücklich gegen eine Unterbringung gewehrt hatte.

Die Nebenkläger jedoch – der schwer verletzte Freund und die Mutter der Getöteten – halten den Angeklagten für schuldfähig: Er habe die Tötung geplant, so ihre Überzeugung. Ihre Anwälte plädierten sogar auf lebenslange Haft wegen Mordes und versuchten Mordes. Ein Urteil will das Gericht Anfang Dezember verkünden.

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