Prozess gegen Unternehmer aus Euskirchen Milde Strafe für betrügerischen Bestatter

Bonn/Euskirchen · Landgericht verurteilt 54-Jährigen zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Von Seniorinnen mehr als 55 000 Euro ergaunert. Mit dem Geld sollte eigentlich die Bestattung der Kundinnen bezahlt werden, aber der Bestatter gab das Geld aus.

 Der 54-jährige Angeklagte mit seinem Verteidiger Claus Eßer (l.) beim Prozessauftakt im Bonner Landgericht.

Der 54-jährige Angeklagte mit seinem Verteidiger Claus Eßer (l.) beim Prozessauftakt im Bonner Landgericht.

Foto: Ulrike Schödel

Bereits zehn Minuten nach dem Urteil schlenderte der Bestattungsunternehmer – mit all seinen Gefängnis-Habseligkeiten in einer bunten Drogerietüte – am Portal des Bonner Landgerichts vorbei und verschwand in Richtung Bahnhof. Fünf Monate lang hatte der einstige Unternehmer aus Mechernich in Untersuchungshaft gesessen, weil er im Herbst einen Fluchtversuch unternommen hatte. Ein furchtbarer Fehler, so der Angeklagte am Dienstag zum Schluss unter vielen Tränen. In seinem letzten Wort bereute der Ex-Bestatter seine bösen Verfehlungen und gelobte, in jeder Hinsicht ein besserer Mensch zu werden. Eine Stunde später gab es – wie vom Staatsanwalt beantragt – ein sehr mildes Urteil: Die 7. Große Strafkammer verurteilte den 54-Jährigen wegen Betruges in zehn Fällen zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. In zwei Fällen wurde der Angeklagte freigesprochen, weil sie nicht mehr aufklärbar waren. Der Bestattungsunternehmer hatte Trauernde, die gerade einen Angehörigen verloren hatten, dazu gedrängt, bei ihm für ihren eigenen Todesfall vorzusorgen. Für die sogenannten Bestattungsvorsorgeverträge, mit denen er sich später um ihre Beerdigungen kümmern wolle, überließen die meist betagten Damen ihm treuhänderisch Summen zwischen 6000 und 9000 Euro. Der Kammervorsitzende Hinrich de Vries: „Sie haben das Vertrauensverhältnis auf besonders schäbige Weise missbraucht. Es ist besonders gemein, Menschen in einer Situation anzusprechen, in der sie schwer Nein sagen können.“ Insgesamt hatte er die Damen um 55 876,37 Euro betrogen.

Der gelernte Schreiner hatte viele Jahre ein erfolgreiches Bestattungshaus geführt, hatte immer weiter expandiert, auch über das Bestattungswesen hinaus. Aber dann sei er, so Staatsanwalt Sebastian Peters in seinem Plädoyer, Opfer „seiner eigenen größenwahnsinnigen Ideen“ geworden. Das sei „eine Nummer zu groß für Mechernich“ gewesen. Die Bank zog sich aus der Finanzierung zurück und das Geschäft geriet in Schieflage. Mit den „geliehenen“ Geldern hat er laut Urteil immer dort Löcher gestopft, wo es gerade am Dringlichsten war. Zu der finanziellen kam 2012 die persönliche Krise: Klinikaufenthalte, Depressionen. 2016 musste der Unternehmer Insolvenz anmelden, seine Schulden waren auf mehr als 800 000 Euro angewachsen.

Was den Bestatter letztlich vor dem Gefängnis gerettet hat, war sein Geständnis und dass er vielen Zeuginnen, die teilweise bereits sehr gebrechlich sind, den Auftritt im Prozess erspart hat. „Sonst“, so de Vries, „hätte es mit Sicherheit keine Bewährung gegeben.“

Am Ende sprach er dem reuigen Angeklagte dennoch unmissverständlich ins Gewissen: „Ich erwarte nicht nur Tränen von Ihnen, sondern auch das Bemühen, dass Sie die Schäden wieder gutmachen und nach und nach das Geld an die Opfer zurückzahlen.“

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