Überschwemmungen in Frankreich Leverkusener Eltern erheben nach Zeltlager schwere Vorwürfe

Leverkusen/Nîmes · Nachdem die betroffenen Kinder aus dem Zeltlager nach Leverkusen zurückgekehrt sind, haben ihre Eltern Vorwürfe gegen die Veranstalter geäußert. Die weisen jegliche Schuld jedoch von sich.

 Die Urgewalt der Fluten auf dem Zeltplatz in Saint-Julien-de-Peyrolas verdeutlicht der zerstörte Wohnwagen.

Die Urgewalt der Fluten auf dem Zeltplatz in Saint-Julien-de-Peyrolas verdeutlicht der zerstörte Wohnwagen.

Foto: AP

Vier Tage nach der Überschwemmung des südfranzösischen Ferienlagers an der Ardèche mit Kindern aus Leverkusen und Umgebung mehren sich kritische Stimmen von Eltern zum Ablauf der Rettungsaktion. „Die Evakuierung ist viel zu spät erfolgt, alles lief chaotisch ab“, berichtet eine Mutter, die anonym blieben möchte. „Die haben das Leben unserer Kinder fahrlässig aufs Spiel gesetzt.“

Ihr Kind berichtet, dass um kurz nach acht Uhr bereits Wasser im Zelt gestanden habe. Die Kinder hätten dann ihre Koffer und Rucksäcke auf die Feldbetten gestellt und sich nach der Lage erkundigt. Sie seien von Betreuern ins Essenszelt gerufen worden, um sich dort zu sammeln. Später seien sie aber wieder zurück in ihre Zelte geschickt worden, um ihre Sachen zu holen.

„Da stand das Wasser schon knietief im Zelt“, erzählt das Kind. Betreuer seien umhergelaufen und hätten teilweise selbst ihre Sachen gesichert, andere seien noch mit Kindern auf Ausflügen unterwegs gewesen. Später seien die jungen Camper in die nahe gelegene Küche, einen etwas höher gelegenen Bau mit festem Fundament, geschickt worden. Um die Mittagszeit habe es dann „Alle raus!“ geheißen, und die jungen Teilnehmer seien auf einen sicheren Parkplatz geführt worden, wo wenig später die Feuerwehr eintraf. Die Evakuierungsaktion der Camp-Leitung habe sich über mehrere Stunden hingezogen, berichtet das Kind. In der Küche seien die Camper noch mit Brötchen versorgt worden.

Gefundene Leiche noch nicht identifiziert

„Es gab offenbar keinen Evakuierungsplan“, sagt der Vater des Kindes. Anders sei nicht zu erklären, dass die Evakuierung so lang und so chaotisch gewesen sei. „Wasser kann ebenso gefährlich sein wie Feuer“, sagt er. „Und bei einem Feuer bleibe ich doch auch nicht mitten im Wald stehen.“

Die Eltern reagieren mit ihrer Kritik auch auf öffentliche Äußerungen des Vereinsvorstands des Veranstalters Jugendförderung Leverkusen. Der stellvertretende Vorsitzende des Vereins hatte der Deutschen Presse-Agentur gesagt: „Wir haben uns absolut nichts vorzuwerfen.“ Die Justiz in Nîmes hatte am Wochenende Ermittlungsverfahren gegen ihn und den Vereinsvorsitzenden eingeleitet, unter anderem wegen fahrlässiger Körperverletzung. Man habe im Camp sehr früh Alarm ausgelöst und die Jugendlichen zunächst geordnet auf einen höher gelegenen Parkplatz geleitet, sagte der zweite Vorsitzende, der sich noch in Frankreich aufhält. Danach sei Panik ausgebrochen, weil viele zurück in die Zelte gestürmt seien, um ihre Sachen zu holen. Als die Lage nicht mehr beherrschbar schien, wurde die Feuerwehr gerufen. Auf Anfrage unserer Redaktion wollten sich die Verantwortlichen nicht zu den Vorwürfen der Eltern äußern.

Derweil gibt es Anzeichen, dass es sich bei der am Montag gefundenen Leiche um den vermissten Betreuer des Ferienlagers handeln könnte. Die ersten „visuellen Elemente“ wie die Kleidung des Toten schienen den Zeugenaussagen zu entsprechen, sagte eine Sprecherin der Gendarmerie am Dienstag. Die Leiche sei aber zunächst noch nicht eindeutig identifiziert worden. Dies kann den Angaben nach dauern.

Die Männerleiche war am Montag bei der Gemeinde Pont-Saint-Esprit im Fluss Ardèche gefunden worden. Der Fundort liegt nicht weit von Saint-Julien-de-Peyrolas, wo das Ferienlager am Donnerstag überflutet worden war. Ein 66 Jahre alter Kölner wird seitdem vermisst. Sollte sich bestätigen, dass es sich bei dem Toten um den 66-Jährigen handelt, könnte der Vorwurf gegen die Verantwortlichen auf fahrlässige Tötung ausgeweitet werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort