Arbeitsmarkt im Rhein-Sieg-Kreis Kommunen suchen händeringend Fachkräfte

Rhein-Sieg-Kreis · Den Städten und Gemeinden im Rhein-Sieg fehlen passende Bewerber für offene Stellen. Gesucht werden Pädagogen, IT-Kräfte und Experten aus den technischen Bereichen.

Sozialpädagogen, Ingenieure oder IT-Spezialisten – wirft man einen Blick in die Stellenanzeigen, gibt es kaum eine Kommune im Rhein-Sieg-Kreis, die aktuell nicht nach neuen Mitarbeitern sucht – ebenso wie der Kreis selbst. So sind in der Kreisverwaltung derzeit 18 Stellen in Voll- und Teilzeit vakant, in Hennef und Bornheim sind es sogar jeweils rund 30 Stellen. Auch die Stadt Meckenheim muss für 2019/2020 insgesamt 28 Positionen neu besetzen. Die Stadt Sankt Augustin hat derzeit 16, die Stadt Rheinbach zehn und die Gemeinde Swisttal 2,5 Stellen offen.

Wie viele Stellen aktuell in ihren Verwaltungen vakant sind, haben Niederkassel, Troisdorf, Siegburg, Königswinter und Bad Honnef auf Anfrage nicht mitgeteilt. Gemessen an der Beschäftigtenzahl von etwa 1400 Mitarbeitern sei die Zahl der freien Stellen in der Troisdorfer Verwaltung jedoch nicht besorgniserregend hoch, hieß es von dort.

Auch Kita-Personal ist sehr gefragt

Gesucht werden in der Region Mitarbeiter für alle Bereiche der Verwaltung sowie für städtische Einrichtungen – von der Kita über das Stadtarchiv bis hin zu Musikschulen und Stadtwerken, aber auch für den Hoch- und Tiefbau. Besonders schwierig zu besetzen scheinen Berufe aus dem Bausektor und dem technischen Bereich.

So sucht die Gemeinde Alfter bereits seit längerer Zeit einen Tiefbauingenieur. „Der Personalengpass im Tiefbaubereich ist in der allgemein großen Nachfrage nach hoch qualifizierten Fachkräften aus dem Baubereich wie Bautechnikern, Ingenieuren oder Architekten begründet“, sagt Alfters Pressesprecherin Maryla Günther. „In der letzten Zeit ist besonders die Besetzung der Stellen durch qualifiziertes Personal im technischen Bereich schwierig geworden“, bestätigt Eva Stocksiefen, Pressesprecherin der Stadt Sankt Augustin.

Das Problem kennt man auch in Königwinter: Dort waren bis Anfang April 13 Stellen unbesetzt, allein neun davon im technischen Bereich (der GA berichtete). Gebraucht werden dort Experten für das Gebäudemanagement, die Stadtplanung und die technische Planung. Neben technischen Berufen bereitet es den Verwaltungen ebenso Schwierigkeiten, neues Kita-Personal einzustellen. „Insbesondere Ingenieure, IT-Fachleute, Fachkräfte in den kinderbetreuenden Einrichtungen und Feuerwehrbeamte sind schwerer zu rekrutieren als in früheren Jahren, aber auch in den typischen Verwaltungsberufen wird die Personalgewinnung aufwendiger und langwieriger“, heißt es aus dem Personalmanagement der Stadt Troisdorf.

Konkurrenz durch Bundesbehörden und Unternehmen

„Tendenziell lässt sich auch für den öffentlichen Dienst feststellen, dass das Bewerberpotenzial in den vergangenen Jahren geschwunden ist“, sagt Rheinbachs Stadtsprecher Norbert Sauren. Durch die geringe Arbeitslosenquote von weniger als fünf Prozent habe das Bedürfnis nach einem sicheren Arbeitsplatz an Bedeutung verloren. Stattdessen seien Einstiegsgehalt, Karrierechancen und kurze Wege zwischen Arbeitsplatz und Wohnort ausschlaggebend für die Arbeitgeberwahl. „Aufgrund des Fachkräftemangels können sich heute die Bewerber grundsätzlich die Stellen aussuchen und wägen die Stellenangebote detailliert gegeneinander ab“, erklärt Sascha Bach von der Stadt Meckenheim.

Konkurrenten für die Kommunalverwaltungen sind dabei nicht nur die Nachbarkommunen, sondern auch andere Behörden und private Unternehmen: „Die zahlreichen Bundesbehörden in Bonn und der Region können ihre Beschäftigten in der Regel besser entlohnen und beispielsweise durch Job-Tickets zusätzliche Anreize schaffen“, so Sauren. Ein Job-Ticket gibt es allerdings unter anderem auch von der Kreisverwaltung.

Dass Stellen unbesetzt bleiben, liegt jedoch nicht nur an fehlenden Bewerbern, sondern auch am Sparkurs der Kommunen. „Bei der Stadtverwaltung Hennef werden freie Stellen im Rahmen des Haushaltssicherungskonzeptes nach einer Wiederbesetzungssperre nachbesetzt“, erklärt Pressesprecherin Mira Steffan. Nur in Ausnahmefällen werde schneller nachbesetzt. Bleiben Stellen hingegen länger vakant, hat das vor allem im Baubereich Auswirkungen.

Gerade im Hoch- und Tiefbau führten fehlende Mitarbeiter zu Beeinträchtigungen, wie Rainer Schumann von der Pressestelle der Stadt Bornheim erklärt. „So kann es passieren, dass Bauprojekte geschoben oder Arbeiten extern vergeben werden müssen, soweit dies möglich ist. Auch die Sachbearbeitung kann sich verzögern“, sagt Stocksiefen. Genehmigungsverfahren könnten sich hinziehen, ebenso die Beantwortung von Anfragen aus Bürgerschaft und Politik, heißt es aus Alfter. „Der Motor einer Verwaltung sind besetzte Stellen“, so Bach.

Mehr Arbeit für das vorhandene Personal

Ihre Pflichtaufgaben versuchen die Verwaltungen, trotz weniger Personal zu erfüllen. „Bisher kommt es aufgrund der bestehenden Vakanzen noch nicht zu einer Leistungseinschränkung in unserer Kommune, da die Stadt Troisdorf sich glücklich schätzen kann, dass ihre hoch motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Vakanzen durch überdurchschnittliches Engagement kompensieren, bis eine Nachbesetzung gelingt“, heißt es aus Troisdorf. Für die Mitarbeiter bedeutet das: Mehrarbeit, bis die Stellen besetzt sind. „Durch die unbesetzten Stellen werden Kolleginnen und Kollegen mehr belastet. Es gibt viele Projekte, die nicht verschoben werden können und die daher trotzdem weiterlaufen“, sagt Steffan.

Einige Stellen müssen mehrfach öffentlich ausgeschrieben werden, bis ein passender Bewerber gefunden ist. Die Verwaltungen gehen daher andere Wege: So werden Jobangebote auch über soziale Netzwerke verbreitet, wie beispielsweise über Facebook. „Die Stellenausschreibungen werden differenziert in verschiedenen Medien veröffentlicht, um möglichst viele und die richtigen Bewerber zu erreichen“, erklärt Bach. Onlineportale der Städte und Gemeinden sollen den Bewerbungsprozess vereinfachen, wie beispielsweise in Troisdorf.

Allgemein werben die Verwaltungen mit einem sicheren Arbeitsplatz, zusätzlicher Altersvorsorge, flexiblen und familienfreundlichen Arbeitszeiten mit Homeoffice-Tagen und Aufstiegschancen. Aber auch durch die vermehrte Ausbildung im eigenen Haus sollen Fachkräfte herangezogen werden. Eine Verjüngungskur in puncto Ausbildungsstätte hatte sich im vergangenen Jahr die Bonner Verwaltung auferlegt. Mit der Kampagne „Bonn macht Karriere“ sollte die Bundesstadt für junge Bewerber attraktiver werden. Damals standen Verwaltungsmitarbeiter Modell für die Aktion – unter anderem warb auf diese Weise Forstwirtschaftsmeister Christoph Söte als „Waldmeister“ für die Ausbildung zum Forstwirt.

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