Interview mit Uwe Jacob Kölner Polizeipräsident fordert lebenslange Stadionverbote

Köln · Kölns neuer Polizeipräsident Uwe Jacob spricht im GA-Interview über Hooligans, Raser und die kommende Silvesternacht in Köln.

Gewaltbereite Fußballfans, wie hier bei einem Spiel gegen Hannover 96 in Großbritannien, schaden laut Polizeipräsident Jacob dem Ansehen des Sports.

Gewaltbereite Fußballfans, wie hier bei einem Spiel gegen Hannover 96 in Großbritannien, schaden laut Polizeipräsident Jacob dem Ansehen des Sports.

Foto: dpa

Herr Jacob, am Wochenende hat die Fußball-Bundesliga begonnen. Immer wieder kommt es zu massiven Ausschreitungen in den Stadien. Was kann man dagegen tun?

Uwe Jacob: Aus meiner Sicht haben Gewalttäter in den Stadien nichts zu suchen – Gewalttaten haben überhaupt nichts mit Fankultur zu tun. Der 1. FC Köln und der DFB haben gegen rund 200 Krawallmacher Stadionverbote verhängt. Das begrüße ich sehr. Allerdings gelten die Stadionverbote nur temporär. Bei besonders schweren Straftaten könnte ich mir auch ein lebenslanges Stadionverbot für diese Gewalttäter vorstellen. Diese Täter sind eine Gefahr für die vielen friedlichen Fans und für diesen schönen Sport.

Unternehmen die Vereine genug, um Gewalttäter von einem Stadionbesuch fernzuhalten?

Jacob: Natürlich spielen auch die Vereine eine wichtige Rolle, da solche Gewalttäter dem Ansehen des Fußballs langfristig schaden. Das gilt für die gesamten Ligen. Es sind ja nicht nur die Ultras und Hooligans, die im Stadion für Stimmung sorgen, sondern insbesondere die vielen friedlichen und begeisterten Fans. Die Polizei Köln arbeitet konstruktiv mit allen Fußballclubs in Köln und Leverkusen zusammen. Ich freue mich insbesondere auf die Dialoge mit den Vorständen des 1. FC Köln und Bayer 04 Leverkusen.

Die Kölner Silvesternacht 2015/16 wirkt bis heute nach. Kann sich so etwas wiederholen?

Jacob: Ich wünsche mir, dass wir in diesem Jahr friedlich Silvester feiern können. Leider wir haben ja auch im vergangenen Jahr gesehen, dass das ohne massiven Einsatz der Polizei nicht geht. Ich hoffe, dass sich unser konsequentes Einschreiten in der Szene herumgesprochen hat. Dass es sich nicht lohnt, zum aggressiven Feiern nach Köln zu kommen. Wer das versucht, läuft Gefahr, die Silvesternacht in unserem Gewahrsam zu verbringen. Die Polizei Köln wird sich für dieses Silvester genauso gut vorbereiten wie im Vorjahr. Alles andere wäre fahrlässig. Mit anderen Worten: Viele Polizisten werden wieder Silvester nicht zu Hause bei ihren Familien und Freunden verbringen, sondern in Köln Dienst versehen.

Rund um den Kölner Dom und den Hauptbahnhof fühlen sich viele Menschen nicht mehr sicher.

Jacob: Die Hohe Domkirche Sankt Petrus, der Dom, ist das Symbol für Köln. Die Menschen identifizieren sich mit ihm. Darum müssen wir dafür sorgen, dass man sich im Umfeld des Domes sicher und wohl fühlt. Der Ort muss wieder Würde und Respekt erhalten. Aggressive Bettelei und Taschendiebstahl gehören nicht dorthin. Und, ich muss es sagen, auch Wildpinkeln darf dort nicht geduldet werden.

Wird die Polizei in dem Bereich eine Null-Toleranz-Linie fahren?

Jacob: Wir gucken nicht weg und schreiten auch bei den niederschwelligen Delikten und Ordnungsstörungen ein. Leute, die sich nicht an Regeln halten, sollen merken, dass wir das nicht tolerieren. Ordnung ist ein wichtiger Baustein für das Sicherheitsempfinden und Zusammenleben der Menschen in unseren Städten und damit für die tatsächliche Sicherheitslage.

Köln hat auch ein großes Raser-Problem. Immer wieder gibt es illegale Straßenrennen. Was wollen Sie dagegen tun?

Jacob: Insbesondere junge Männer meinen, sich auf diese Art und Weise Bestätigung holen zu müssen. Dabei interessiert es sie scheinbar gar nicht, dass sie mit dem Leben anderer Menschen und ihrem eigenen spielen. Diese unsinnige und lebensgefährliche Raserei müssen wir als Gesellschaft ächten. Geldstrafen oder -bußen reichen allein nicht aus.

Was hilft stattdessen?

Jacob: Neben vielen innovativen Maßnahmen stellen meine Mitarbeiter auch Fahrzeuge von Rasern sicher. Mit solchen Maßnahmen kann man auch diese Täter beeindrucken. Erst kürzlich ist der Leiter des „Projekts Rennen“ als Experte im laufenden Gesetzgebungsverfahren zur Verschärfung der Strafen gegen „Raser“ im Bundestag angehört worden. Dieses Problem muss in den Familien, in den Fahrschulen und Schulen angesprochen und diskutiert werden. Jungen Leuten muss klar sein: Rasen ist uncool und kleingeistig.

Auch auf den Autobahnen wird gerast. Der Kölner Ring ist einer der meist befahrenen Autobahnabschnitte in ganz Europa.

Jacob: Auf den Autobahnen plädiere ich für ein generelles Tempolimit von 130 km/h. Dadurch, das zeigen die Erfahrungen aus anderen Staaten, fährt man stressfreier, und der Verkehr fließt besser. Die Folge sind weniger Unfälle. Auch im Stadtgebiet ist die Einhaltung von Tempolimits oftmals lebensrettend oder verhindert zumindest schwere Unfallfolgen.

Fake-News greifen immer mehr um sich. Im Internet werden Menschen bedroht und beleidigt.

Jacob: Vor allem Hasskriminalität im Internet beschäftigt auch die Polizei. In meiner früheren Behörde, dem Landeskriminalamt (LKA), habe ich für die Bekämpfung dieser Straftaten eine spezielle Ermittlungsgruppe eingerichtet. Auch auf unseren Facebookseiten hier in Köln haben wir damit gelegentlich Probleme. Unsere Spezialisten kümmern sich den ganzen Tag um die Betreuung dieser Seiten. Wenn wir derartige Einträge dort sehen, gehen wir dem sofort nach, löschen sie und leiten gegebenenfalls auch Strafverfahren ein.

Haben Sie Beispiele dafür?

Jacob: Bei einem Großeinsatz vor Kurzem gab es über Twitter die Falschmeldung, dass wir Wasserwerfer einsetzen würden, obwohl wir an dem entsprechenden Ort keine Wasserwerfer hatten. Wir haben sofort auf Twitter reagiert und getweetet: Das ist eine Falschmeldung.

Frühere Kollegen beim LKA haben kürzlich vor „falschen Polizisten“ gewarnt. Bereitet Ihnen diese Betrugsmasche auch Sorgen?

Jacob: Perfide Straftäter überrumpeln ältere Menschen in gezielt herbeigeführten Stresssituationen. Bei den Betrugsmaschen, wie dem „falschen Polizisten“, waren die bei der Polizei Köln angezeigten Fälle deutlich gestiegen. Wir haben uns dieses Problems angenommen und erreicht, dass „110-Anrufe“, bei denen die 110 im Display auftaucht und den Anruf der Polizei vortäuscht, bei einigen Netzbetreibern nicht mehr möglich sind. Wir arbeiten hier eng mit den Netzbetreibern zusammen.

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