Henriette Reker holt Wahlsieg Köln hat seine erste Oberbürgermeisterin

Köln · Die bei einem Attentat schwer verletzte parteilose Kandidatin setzt sich im ersten Wahlgang durch

Einen Tag nach dem Messerangriff auf Henriette Reker ist die 58-Jährige am Sonntag zur Oberbürgermeisterin von Köln gewählt worden. Reker bekam 52,7 Prozent der Stimmen und siegte damit bereits im ersten Wahlgang. Die Sozialdezernentin ist damit die erste Oberbürgermeisterin in der Geschichte der Stadt. Bei der Wahl wurde sie unterstützt von CDU, FDP und den Grünen. Ihr SPD-Kontrahent Jochen Ott lag bei 32,0 Prozent.

Reker lag am Tag nach dem Attentat auf der Intensivstation der Kölner Uni-Klinik. Sie wird noch künstlich beatmet, zwischenzeitlich soll sie sich im künstlichen Koma befunden haben. Zuvor hatten die Ärzte mitgeteilt, dass sie von einer vollständigen Genesung ausgingen. In Anbetracht der Schwere der Verletzung habe sich Rekers Zustand "wie erwartet positiv entwickelt", teilte Professor Edgar Schömig, Ärztlicher Direktor der Uniklinik, am frühen Abend mit. Der Heilungsverlauf werde aber "eine gewisse Zeit in Anspruch" nehmen. Die Familie bitte darum, von Anfragen abzusehen.

[kein Linktext vorhanden]Am Samstagmorgen war der 44-jährige Frank S. an einem Wahlkampfstand mit einem Messer auf Reker losgegangen. Er soll dabei gerufen haben: "Ich befreie euch von solchen Leuten". Neben der OB-Kandidatin wurden vier weitere Personen verletzt, eine davon schwer. Reker erlitt Verletzungen an der Luftröhre.

NRW-Innenminister Ralf Jäger wertete die Tat als mutmaßlich politisch motiviert. In seiner Vernehmung räumte der arbeitslose S. ein, dass er aus fremdenfeindlichen Motiven gehandelt habe. Er wurde am Sonntag dem Haftrichter vorgeführt und muss sich wegen versuchten Mordes verantworten. Der aus Bonn-Beuel stammende Mann soll in den 90er Jahren Kontakte zur später verbotenen rechtsextremen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) gehabt haben. Zudem soll der gelernte Maler und Lackierer in Foren fremdenfeindliche Kommentare zur Flüchtlingspolitik abgegeben haben.

Die Polizei nahm den Täter direkt nach dem Attentat fest. Offenbar hatte sich der Mann akribisch auf die Tat vorbereitet. Seine Wohnung in Köln- Nippes fanden die Ermittler besenrein vor. Von zwei Computern wurden nach Informationen dieser Zeitung die Festplatten vorher entfernt.

[kein Linktext vorhanden]Das Attentat löste eine Welle der Solidarität und Anteilnahme aus. Vor dem Kölner Rathaus kamen am Samstag spontan Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), NRW-CDU-Chef Armin Laschet, der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner und weitere Spitzenpolitiker aus NRW zusammen und bildeten mit anderen eine Menschenkette. "Alle Demokraten müssen zusammen stehen", sagte Kraft. Wie sie bezeichnete der scheidende Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters das Attentat als "Anschlag auf die Demokratie".

Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki bezeichnete es als "erschütternd, dass eine solch sinnlose Gewalttat den Wahlkampf überschattet". U2-Sänger Bono widmete Reker bei seinem Kölner Gastspiel in der Lanxess-Arena einen Song.

Wenn Roters morgen aus dem Amt scheidet, wird er vorerst von Stadtdirektor Guido Kahlen vertreten werden. Ursprünglich hatte der Rat am Mittwoch zu einer Sondersitzung zusammen kommen sollen, um die neue Amtsinhaberin zu vereidigen.

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