Ausstellung zur Selbstständigkeit der Stadt Wesseling Glücklicher „Wexit“ vor 40 Jahren

WESSELING · Schau im Wesselinger Rathaus erinnert an die wiedererlangte Selbstständigkeit der Stadt nach der Eingemeindung nach Köln.

 „Wesseling soll frei bleiben“: Im Beisein von Bürgermeister Martin Reglin demonstrierten Schüler Anfang der 70er Jahre vor dem Rathaus gegen die Eingemeindung der Stadt nach Köln.

„Wesseling soll frei bleiben“: Im Beisein von Bürgermeister Martin Reglin demonstrierten Schüler Anfang der 70er Jahre vor dem Rathaus gegen die Eingemeindung der Stadt nach Köln.

Foto: Stadtarchiv Wesseling

„Endlich wieder frei“, „Jubel in Wesseling“ oder „Vor Freude flossen die Tränen“ überschrieben vor 40 Jahren die lokalen Zeitungen ihre Berichte über die wiedergewonnene Freiheit der Stadt Wesseling, die zum 1. Juli 1976 wieder selbstständig wurde. Eine von Stadtarchivarin Martina Zech zusammengestellte Chronologie der Ereignisse zeigt im Rathaus in 13 Bildertafeln das Ringen um die Selbstständigkeit der Stadt.

Historische Fotos und Dokumente versetzen den Betrachter in eine Zeit zurück, in der sich der Zusammenhalt der Wesselinger Bürger in der „Aktion Bürgerwille“ eindrucksvoll bewies. 83 Prozent der Wahlberechtigten votierten im Februar 1974 gegen die Eingemeindung ihrer Stadt nach Köln. Die Aktion „Wesseling muss Wesseling bleiben! Wir wollen nicht nach Köln!“ führte letztlich zum Erfolg. Der damalige Bürgermeister Martin Reglin entwarf eigenhändig kritische Karikaturen, die auf Flugblättern zur Stimmabgabe bei dem Volksbegehren aufriefen.

„Auch an den Karnevalstagen“ sei die Wahl möglich, war dort zu lesen. Und wie eine Reihe von Orden belegt, nahm die Zeitgeschichte auch Einzug in den Wesselinger Fastelovend: von der düsteren Prognose auf dem Prinzenorden von 1973 (Prinz Jakob II.) „Stadtrecht hin – Stadtrecht her, alte Zeit du kommst nicht mehr“ bis zur fröhlichen Verkündigung „Der Zauber ist vorbei und Wesseling wieder frei“ (1976, Prinz Kurt I.).

Die Gebühren in Köln lagen deutlich höher

Die Gegner der Eingemeindung waren allerdings nicht nur auf rheinisch humorvolle Weise gegen den Zusammenschluss mit Köln eingestimmt. Sie hatten auch überzeugende Kostenargumente, die letztlich mehr als 10 000 Wesselinger zur Demonstration bewegten. „Die Großstadt Köln erhebt auf Teilgebieten das Siebenfache der in Wesseling üblichen Gebühren“ hieß es auf einem Handzettel der Aktion Bürgerwillen. Während zum Beispiel die Straßenreinigungsgebühren pro laufendem Meter in Wesseling bei 40 Pfennig lagen, betrugen sie in Köln 3,90 Deutsche Mark. Ein Hundebesitzer wurde in Wesseling mit 36 und in Köln mit 60 Mark zur Steuerkasse gebeten. „Besonders krass“, so heißt es in einem Dokument, „waren die Unterschiede bei den Friedhofsgebühren: Während die Erdbestattung in einem Reihengrab in Wesseling 50 Mark für 30 Jahre betrug, stellte die Stadt Köln dafür 470 Mark in Rechnung, bei einer Dauer von nur 15 Jahren, und erhob zusätzlich eine Nutzungsgebühr von 280 Mark.

Wesseling unternahm auf allen Ebenen alles, um die Eigenständigkeit der Stadt zu erhalten. Dennoch beschloss der Landtag von Nordrhein-Westfalen am 27. September 1974 das „Köln-Gesetz“, das die Eingemeindung Wesselings nach Köln besiegelte. Vor dem Hintergrund, dass Wesseling erst zwei Jahre zuvor die Stadtrechte verliehen worden waren und angesichts der massiven Bürgerproteste sowie der enormen Anstrengungen, die die Stadt in städtebaulicher Hinsicht unternommen hatte, war die Enttäuschung groß. So wehten am Tag des Beschlusses der Eingemeindung die Flaggen vor dem Rathaus auf Halbmast: Es war eine bittere Niederlage für die Wesselinger.

15 Monate später, am Nikolaustag 1975, läuteten in Wesseling jedoch außerplanmäßig die Glocken. Sie wurden zum weithin hörbaren Ausdruck der Freude über das soeben bekannt gewordene Urteil des Landesverfassungsgerichts in Münster: Das erklärte das „Köln-Gesetz“ für verfassungswidrig. Vor Freude flossen Tränen und selbst politische Gegner lagen sich in den Armen.

Noch im Gerichtssaal überreichte Bürgermeister Martin Reglin dem Anwalt Wesselings, Dieter Sellner, die Verdienstmedaille der Stadt. „Es war eine unglaubliche Stimmung“, erinnert sich auch Stadtarchivarin Martina Zech, die sich damals als Zehnjährige unter den 10 000 feiernden Bürgern auf dem Rathausplatz unter dem Spruchband „Wesseling ist wieder selbstständig“ eingefunden hatte. „Die Freude ergriff die ganze Stadt, so wie zuvor der Protest“, so Zech.

Die Ausstellung

Die Ausstellung „Wesseling vor 40 Jahren und heute. Jubiläum der Selbstständigkeit“ ist noch bis Freitag, 2. September, im Wesselinger Rathaus, Alfons-Müller-Platz, zu sehen. Geöffnet ist montags bis donnerstags von 7.30 bis 16 Uhr, dienstags bis 18 Uhr und mittwochs und freitags von 7.30 bis 12.30 Uhr. Neben historischen Tafeln sind 36 großformatige Fotografien der Fotofreunde Wesseling unter dem Titel „Wesselinger Ansichten“ ausgestellt. Zudem zeigen historische Karnevalsorden, wie das Thema humorvoll aufgegriffen wurde.

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