Shell Rheinland Raffinerie Wesseling Bauarbeiten am Rohrsystem bei Shell bald abgeschlossen

Wesseling · Das seit rund fünf Jahren andauernde Rohrleitungsprogramm von Shell geht seinem Ende entgegen. Abschluss ist der Bau eines neuen Leitungssystems in Wesseling. Anlass dafür war ein folgenschweres Kerosinleck im Jahr 2012.

Es ist ein kleines Baustellendorf, das neben den großen Tanks entstanden ist. „In Spitzenzeiten arbeiten bis zu 200 Menschen dort“, sagte Hans-Gerd Grummel von der Shell Rheinland Raffinerie bei einem Ortstermin am Mittwochvormittag. Ende des Jahres soll nach Grummels Angaben das neue Rohrleitungssystem, die sogenannte Nordtrasse, in Betrieb gehen. Das System besteht aus 13 einzelnen Leitungen und wird den Raffineriestandort Wesseling mit dem 800 Meter entfernten Tankfeld an der A 555 verbinden, um Rohöl und daraus entstandene Produkte wie Kerosin zu transportieren. Die größtenteils oberirdische Anlage entlang der Waldstraße, Ahrstraße und Willy-Brandt-Straße (L 300) wird die bisher vollständig unter der Erde verlaufenden Rohre ersetzen. Diese stammen nach Angaben von Shell zum Teil noch aus den 40er Jahren. Shell selbst ist seit 2002 Besitzer der Anlage.

Der Neubau ist Teil eines groß angelegten Rohrleitungsprogramms. Nachdem vor einigen Jahren vermehrt Leckagen an Rohren aufgetreten waren, hatten die Aufsichtsbehörden Maßnahmen gefordert. Unter anderem war im Februar 2012 aus einem Leck in einer unterirdischen Rohrleitung über vier Wochen rund eine Million Liter Kerosin unbemerkt sieben bis acht Meter tief im Boden versickert. Rund ein Drittel des Kerosins wurde nach Angaben von Shell abgepumpt. Der Rest wird mittels biologischer Prozesse abgebaut. „Dafür braucht man Geduld“, sagte Shell-Sprecher Jan Zeese. Bis sämtliches Kerosin aus dem Erdreich verschwunden ist, könnten 20 Jahre vergehen.

Großer Vertrauensverlust

Laut Zeese hat eine Serie von Leckagen zwischen 2012 und 2014 zu einem „großen Vertrauensverlust in die Integrität der Rohrleitungen“ geführt (siehe Kasten). In der Tat war die öffentliche Kritik an dem Unternehmen nach den Vorfällen groß. Auch der damalige Landesumweltminister Johannes Remmel (Grüne) hatte sich eingeschaltet. Im Rahmen des Rohrleitungsprogramms hat Shell die Leitungssysteme an den Standorten Wesseling und Godorf umfassend kontrolliert. Dabei wurden nach Unternehmensangaben rund 17 500 Leitungen über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus überprüft. Mehrere Kilometer wurden vorsorglich erneuert. 60 000 Leitungen gibt es insgesamt in Godorf und Wesseling, die meisten davon führen aber Wasser oder Dampf.

Zudem wurden laut Zeese die Informationen über alle Rohrleitungen in einer einheitlichen Datenbank zusammengefasst – „durchaus eine Herkulesaufgabe“, wie er meinte. Das gesamte Programm hat nach Angaben von Shell einen Kostenumfang von rund 150 Millionen Euro.

Zu den Maßnahmen nach den Leckagen gehörte auch die Überprüfung des Sicherheitsmanagements der Raffinerie. Im Auftrag des NRW-Umweltministeriums und der Bezirksregierung Köln – und auf Kosten von Shell – hatten externe Fachleute in einem umfassenden Gutachten mehrere Mängel im Sicherheitsmanagement festgestellt.

Laut Zeese hat Shell alle Vorgaben erfüllt, die Gutachter kämen aber nochmals auf das Werksgelände. Wie er weiter ausführte, hätten die Maßnahmen bereits Wirkung gezeigt. So habe es im Jahr 2013 zwölf Zwischenfälle gegeben. 2015 und 2017 seien es jeweils fünf gewesen, und in diesem Jahr bislang keiner. „Bei einer Anlage dieser Größe gibt es aber keine absolute Sicherheit“, betonte Zeese. Ziel sei, dass die Zwischenfälle weniger werden und geringere Auswirkungen haben.

Bau der Nordtrasse begann im vergangenen Oktober

Mit dem Bau der Nordtrasse wurde laut Grummel im vergangenen Oktober begonnen. Gebaut wird in Schritten: von den Fundamenten über die Stahlkonstruktion bis zur Anbringung der Rohre. Die Teilstücke sind jeweils zwölf Meter lang und werden zusammengeschweißt. Dass die neue Nordtrasse oberirdisch verläuft, hat laut Grummel auch mit Sicherheitsaspekten zu tun. Schließlich sei sie so leichter zu kontrollieren. Allerdings habe die Stadt Wesseling bei der Querung von Straßen keine Rohrbrücken gewollt, sondern eine unterirdische Führung gefordert. Dem sei man nachgekommen, indem die Stahlrohre an diesen Stellen in begehbaren Schächten doppelwandig verlaufen. Nach Auskunft von Grummel befindet sich zwischen den Rohrwänden ein Gas, das sofort reagiert, wenn es mit Flüssigkeit in Kontakt kommt.

So wolle man umgehend auf Leckagen reagieren können. Oberirdisch verläuft das Leitungssystem in einer Höhe von rund 1,50 Metern, 130 Bäume werden als zusätzlicher Sichtschutz gepflanzt. Wenn die neue Trasse Ende des Jahres in Betrieb gehen soll, werden die alten Leitungen stillgelegt und zum Teil verfüllt. Durch die neuen werden nach Angaben von Grummel jährlich rund sieben Millionen Tonnen Rohöl beziehungsweise die daraus geschaffenen Produkte geführt – wie auch durch das alte Leitungssystem. Die neue Anlage diene nicht zur Erhöhung der Kapazität, hieß es.

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