16. August 1988 Gladbecker Geiseldrama jährt sich zum 30. Mal

Gladbeck · Das Geiseldrama von Gladbeck jährt sich zum 30. Mal. GA-Fotograf Holger Arndt war dabei und erinnert sich an seinen Einsatz. Ein Blick auf die Hintergründe zu dem spektakulären Kriminalfall.

Zum 30. Mal jährt sich das Geiseldrama von Gladbeck am 16. August. Einer der spektakulärsten Kriminalfälle im Nachkriegsdeutschland, der die Bundesrepublik an drei Tagen in Atem hielt, der zwei Geiseln und einen Polizisten das Leben kostete, der als Versagen der Staatsmacht und als journalistischer Sündenfall in die Geschichte einging. Einer der beiden Täter, Dieter Degowski, ist in diesem Jahr aus der Haft entlassen worden. Der andere, Hans-Jürgen Rösner, sitzt weiter. Er war es auch, der "Gladbeck" juristisch verhindern wollte: jenen TV-Zweiteiler, den das Erste im März 2018 zeigte.

Live dabei sind damals Millionen TV-Zuschauer streckenweise, als die Täter nach dem missglückten Banküberfall in Gladbeck mit Geiseln durchs Land fliehen - verfolgt von einer hilflos wirkenden Polizei und einer Presseschar wie im Rausch. Vor laufenden Kameras geben die Verbrecher Interviews, während sie in Bremen Geiseln in einem Bus in ihrer Gewalt haben.

In Köln kommt es zur bizarren "Pressekonferenz" aus dem dicht umlagerten Fluchtwagen heraus - die 18-jährige Geisel Silke Bischoff muss Fragen beantworten, während Degowski ihr die Waffe an den Kopf hält. Medienvertreter geben den Tätern Hinweise auf verdeckte Ermittler. Die Polizei kann das von Reportern und Schaulustigen umringte Fahrzeug nicht stürmen. Ein Journalist steigt ein und lotst die Gangster aus der Stadt. Nach Gladbeck überarbeitete die Polizei grundlegend die Einsatztaktik, der Presserat legte fest, dass es Interviews mit Tätern während des Geschehens nicht geben darf.

Der Film „Gladbeck“ beleuchtet das Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln: aus der Sicht von Polizei, Journalisten und Geiseln. Letzteren vor allem wollten sie endlich mehr Raum geben, wie Regisseur Kilian Riedhof erklärt. Silke Bischoff zum Beispiel, die beim finalen Zugriff der Polizei durch einen Schuss aus Rösners Waffe ums Leben kam. Und dem 15-jährigen Emanuele De Giorgi, der von Degowski im gekaperten Bus erschossen wurde. Den Tätern aber habe er keine Nahaufnahme im klassischen Sinne schenken wollen, sagt Riedhof. „Wir erzählen nicht aus ihrer Sicht - sie sind für uns keine Identifikationsfiguren.“

Gladbecker Geiseldrama - was im August 1988 geschah

Drei Tage hielt das Gladbecker Geiseldrama Deutschland in Atem. GA-Chefreporter Wolfgang Kaes blickte im August 2013, also 25 Jahre nach den Vorfällen, zurück auf die drei Tage im August, beschreibt den Banküberfall, die anschließende Geiselnahme, die Fahrt nach Bremen und die Tour mit dem vollbesetzten Bus weiter durch Deutschland. Er blickt auf die dramatischen Minuten auf der Raststätte Grundbergsee und die "Pressekonferenz" in Köln zurück und beschreibt das Ende der Geiselnahme. Die Reportage "Drei Tage im August" gibt es hier.

GA-Fotos gehen um die Welt

Am 18. August 1988 beschließt die Polizei, das öffentlichste Verbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu beenden. Die Geiselnehmer sind zu der Zeit im Siebengebirge, auf der A3 bei Bad Honnef. Holger Arndt, Fotograf der Siegburger Lokalredaktion des General-Anzeigers, wird Augenzeuge des Zugriffs. Seine Bilder gingen um die Welt. Arndts Bericht vom tödlichen Schlussakt im Siebengebirge gibt es unter diesem Link.

Die Folgen des Geiseldramas

Wie geht es den Familien der Opfer, was wurde aus den Polizisten und Politikern, was aus den Tätern? Auch diese Frage stellte sich GA-Chefreporter Wolfgang Kaes vor fünf Jahren. Eine Zusammenstellung.

Degowski wieder frei

Rund 30 Jahre nach dem Geiseldrama wurde einer der beiden Geiselnehmer, der mittlerweile 61-jährige Dieter Degowski, im Februar dieses Jahres aus der Haft entlassen. Er hat mittlerweile eine neue Identität angenommen, die ihm ein anonymes Leben ermöglichen soll. Sein Komplize Hans-Jürgen Rösner sitzt noch in Haft, für ihn wurde Sicherungsverwahrung angeordnet. Aber auch er strebt eine vorzeitige Entlassung an und will zunächst in den offenen Vollzug.

(Mit Inhalten von dpa)

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