Übergriffe an Silvester in Köln 32 Verdächtige identifiziert - Festgenommene wieder frei

Köln · Die Polizei hat in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof bislang 32 Verdächtige namentlich identifiziert. Auch Asylbewerber stehen unter Verdacht - soweit bekannt allerdings nicht wegen sexueller Übergriffe. Die Kanzlerin warnt vor Beschönigungen.

Die Bundespolizei hat in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof nach bisherigem Stand 32 Tatverdächtige identifiziert. Unter den Tatverdächtigen seien 22 Asylbewerber. Wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin sagte, handelt es sich bei den festgestellten Delikten überwiegend um Körperverletzungen und Diebstähle. Sexualdelikte seien bisher nicht mit den Asylbewerbern in Verbindung gebracht worden, hieß es. Verdächtige seien in diesen Fällen auch noch nicht ermittelt.

Unter den 32 namentlich bekannten Verdächtigen sind laut Bundespolizei neun algerische, acht marokkanische, fünf iranische, vier syrische, ein irakischer, ein serbischer, ein US-amerikanischer und drei deutsche Staatsangehörige.

Festgenommene Männer wieder auf freiem Fuß

In der Nacht zu Freitag (8. Januar) nahm die Kölner Polizei nahm zwei mutmaßliche Trickdiebe fest, die auch in der Silvesternacht am Bahnhof gewesen sein sollen. Im Laufe des Tages wurden die Männer wieder frei gelassen. Der Tatverdacht gegen die beiden habe sich nicht erhärtet, sagte Staatsanwalt Benedikt Kortz.

Bei den 16 und 23 Jahre alten Männern aus Marokko und Tunesien seien Handys sichergestellt worden, sagte ein Polizeisprecher. Nach Angaben von WDR und „Kölner Stadt-Anzeiger“ zeigen die Videos Ausschreitungen und Übergriffe auf Frauen. Außerdem sei ein Zettel mit arabisch-deutschen Übersetzungen von sexistischen Begriffen sichergestellt worden.

Die Kölner Polizei ermittelt gegen mehr als 20 mutmaßliche Täter. Die Zahl der Anzeigen stieg inzwischen auf rund 170 - drei Viertel davon haben einen sexuellen Hintergrund. Der Polizei liegen 350 Stunden Videomaterial vor, rund 250 verschiedene Dateien müssten ausgewertet werden, sagte der Polizeisprecher. Die bislang 80-köpfige Ermittlungsgruppe „Neujahr“ wurde auf 100 Beamte aufgestockt.

Die Kölner Ermittler haben nach einem „Spiegel“-Bericht zudem einige in der Silvesternacht gestohlene Handys geortet. In manchen Fällen führte deren Spur in Flüchtlingsheime oder deren unmittelbares Umfeld, hieß es. Von der Polizei gab es dazu keine Bestätigung.

Laut Gewerkschaft der Polizei (GdP) nahmen die Polizisten bereits in der Neujahrsnacht am Hauptbahnhof mehr als 70 Personalien auf. Der GdP-Landesvorsitzende Arnold Plickert berichtete von Ingewahrsamnahmen, Festnahmen und Strafanzeigen und warf der Polizei die Zurückhaltung von Informationen hierzu vor. „Bei der Personalienfeststellung zeigten viele Personen Meldebescheinigungen vom Bundesamt für Migration vor. Das zeigt, dass Flüchtlinge dabei waren.“ Warum sie in den Fokus der Polizei gerieten, konnte Plickert nicht sagen.

Medienbericht: Brennpunkte der Vorfälle lag außerhalb des Bahnhofs

Wie der Kölner „Express“ am Freitag berichtet, habe sich der allergrößte Teil der Straftaten jenseits des Bahnhofgebäudes ereignet und sei damit nicht in den Verantwortungsbereich der Bundespolizei gefallen. In einem internen Bericht des Bundespolizeipräsidiums in Potsdam für das Innenministerium heiße es demnach: „Der Brennpunkt der Ereignisse lag im sachlichen und örtlichen Zuständigkeitsbereich der Landespolizei“, berichtet die Zeitung.

Vorwürfe, die Bundespolizei sei unterbesetzt gewesen, wies der Sprecher erneut zurück. In der Silvesternacht seien 67 Beamte der Bundespolizei am Kölner Hauptbahnhof im Einsatz gewesen. Das sei deutlich mehr als an normalen Abenden und auch mehr als am Silvesterabend ein Jahr zuvor.

Merkel: Es darf nichts beschönigt werden

Kanzlerin Merkel mahnte eine volle Aufklärung an, bevor man aber weitere Konsequenzen beschließen könne. „Der Bundeskanzlerin ist wichtig, dass erst einmal die vollständige Wahrheit auf den Tisch kommt, dass nichts zurückgehalten oder beschönigt wird“, sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter. Alles andere schade dem Rechtsstaat und der großen Mehrheit unbescholtener Flüchtlinge. Gleichwohl gebe es Diskussionsbedarf zum Thema Abschiebungen. Die Straftäter müssten mit aller Härte des Gesetzes rechnen.

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