Reform des Kölner Erzbistums „Seit einem Jahr sind wir ein Auslaufmodell“

Rhein-Sieg-Kreis · Das Erzbistum Köln löst seine Dekanate auf und fasst sie in den bereits bestehenden Kreis- beziehungsweise Stadtdekanaten zusammen. Dechanten sehen Kooperation gefährdet.

 Stadtdechant Fred Schmitz

Stadtdechant Fred Schmitz

Foto: Holger Arndt

Eigentlich sollte seine Amtszeit sechs Jahre dauern. Nun ist gerade mal Halbzeit, und er erwartet seine Entpflichtungsurkunde: Fred Schmitz ist nicht nur Pfarrvikar im Seelsorgebereich Sankt Augustin, sondern auch Vorsitzender des Dekanats Siegburg/Sankt Augustin. Als Dechant ist er für den internen kollegialen Austausch unter den drei Seelsorgebereichen Siegburg, Lohmar und Sankt Augustin verantwortlich sowie für den Dekanatsrat. In diesem werden zum Bespiel gemeindeübergreifende Veranstaltungen geplant. „Seit einem Jahr sind wir ein Auslaufmodell“, sagt der 69-Jährige.

Das Erzbistum Köln löst zum Jahreswechsel seine Dekanate auf und fasst sie in den bereits bestehenden Kreis- beziehungsweise Stadtdekanaten zusammen. Für den Rhein-Sieg-Kreis bedeutet das: eins statt sieben. Eine Unzumutbarkeit, wie Dechant Fred Schmitz findet.

Bistümer sind in einzelne Dekanate unterteilt, um die Pastoral in Seelsorgebereichen und Pfarreien zu Unterstützen. Durch die kleinen Gebiete können Entscheidungen leichter und mit speziellem lokalen Bezug getroffen werden. Die Dekanate werden in Kreis- oder Stadtdekanate gegliedert, und die Dechanten unterliegen einem Kreis- oder Stadtdechanten. Sie bilden somit die mittlere Ebene zwischen Kirchengemeinden und dem jeweiligen Bistum.

Aus Kreis- und Stadtdechanten werden Dechanten

Ab dem 1. Januar werden die kleinen Dekanate aufgelöst, und die Dechanten verlieren ihren Amtstitel. Die jetzigen Kreis- beziehungsweise Stadtdechanten bleiben im Dienst und werden in „Dechanten“ umbenannt. Für das Kreisdekanat Rhein-Sieg-Kreis ist Thomas Jablonka zuständig.

Erste Überlegungen zu dieser Reform laufen seit Anfang dieses Jahres. Dechant Schmitz ist sauer: „Wenn man die Kreise immer größer zieht, geht ganz viel Kontakt verloren.“ Er ist absolut gegen die Auflösung der Dekanate. Am meisten stört ihn, dass der Prozess ohne Zusammenarbeit mit den jetzigen Dekanaten abgelaufen sei: „Es gab keine Kommunikation die letzte Zeit – auch nicht auf Kreisdekanatsebene. Das finde ich nicht normal. “ Schmitz empfindet die Auflösung als Missachtung der bisher von Dekanaten geleisteten Arbeit. Er räumt allerdings ein, dass es Unterschiede zwischen der Aktivität der einzelnen Dekanate gebe.

Eine Ebene im Hierarchiemodell

Woher die Reformidee des Erzbistums kommt, kann Schmitz nur vermuten: „Die Ebene der Dekanate passt vielleicht nicht in den pyramideartigen, also hierarchischen Aufbau der Kirche. Dechanten werden zwar vom Bistum ernannt, aber vorher von Priestern gewählt. Vielleicht ist dieser Ansatz von Demokratie schon zu viel für das gewünschte Hierarchiemodell.“

Der örtliche Kreiskatholikenrat habe sich in einem Votum einstimmig für den Erhalt der Dekanate geäußert, sagt Schmitz. Der Rhein-Sieg-Kreis sei ein geografisch so großes Gebiet, dass ein enger Kontakt unter den Pfarrgemeinden kaum möglich sei, befürchtet er und kritisiert, dass die Zukunft vom Interesse und der Bereitschaft der einzelnen Seelsorgebereiche abhänge: „Die Initiative für gemeinsame Treffen der Kirchengemeinden wird der Basis überlassen.“

Auch Rainald M. Ollig, Dechant im Dekanat Bornheim und leitender Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Alfter, sieht die Gefahr, dass der Kontakt und die enge Zusammenarbeit verloren gehen könnten. Der Austausch, auch zu seelsorgerischen Fragen, ebenso wie geistliche Impulse seien wichtig, um „mit- und nicht nebeneinander zu arbeiten“, findet er.

Treffen im Januar, um über Verteilung der Aufgaben zu sprechen

Früher habe es je einen Kreisdechanten für das links- und das rechtsrheinische Gebiet gegeben. Schon durch die Zusammenlegung zu einem Kreisdekanat mit Sitz in Siegburg sei es zu einer „gewissen Entfremdung“ gekommen, erinnert sich der 66-Jährige. Für die Linksrheiner sei es nicht nur eine räumliche, sondern auch eine emotionale Entfernung gewesen.

Es stimme, dass sich die Dekanate bei der nun anstehenden Änderung teils „nicht richtig mitgenommen“ gefühlt hätten, pflichtet Ollig Schmitz bei. Als die Entscheidung verkündet worden sei, sei sie schon „beschlossene Sache“ gewesen. Aufgabe für die Zukunft werde es sein, „dem Ganzen Struktur zu geben“, einen verbindlichen Charakter für den Austausch zu schaffen, meint Ollig: „Das wird an den leitenden Pfarrern liegen.“

Dechant hat Fürsorgepflicht für die pastoralen Mitarbeiter

Im Januar solle es ein Treffen geben, um zu überlegen, wie die Aufgaben der Dechanten auf die einzelnen Seelsorgebereiche verteilt werden sollen. Die Frage sei: „Wer übernimmt die zusätzlichen Aufgaben?“ Dazu gehörten auch Ausflüge und Besichtigungen mit pastoralen Kräften, zu denen neben den Diakonen und Pfarrern auch Gemeindereferenten zählten.

„Der Dechant war immer die Klammer, das Bindeglied zwischen dem Weihbischof und dem Kardinal einerseits und den pastoralen Kräften andererseits“, erläutert Ollig. Er trage auf der einen Seite Verantwortung gegenüber Kardinal und Erzbistum, zugleich habe er aber auch eine Fürsorgepflicht für die pastoralen Mitarbeiter.

„Mir war mir immer besonders wichtig, dass ich zeitnah weitergegeben habe, was in Köln beraten wurde, damit alle auf dem gleichen Stand sind“, sagt Ollig, der seit zwölf Jahren Dechant ist. Für ihn persönlich sehe er die Umstrukturierung „mit gemischten Gefühlen“. Und: „Es war auch schon mal stressig, aber ich habe es gerne gemacht.“

Man müsse die Pläne aber auch im Gesamtkontext der angedachten Neustrukturierung in der Kirche sehen, gibt er zu bedenken. Ob es eine sinnvolle Entscheidung sei, „das muss die Zukunft zeigen“, so Ollig.

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