Traditionelles Glashandwerk "Glasblöser" machten in Rheinbach den Anfang

Rheinbach · Die Sudetendeutschen begründen nach dem Zweiten Weltkrieg die Glastradition in Rheinbach. Anfangs war die Glasfachschule eine städtische Einrichtung.

Dass sich Rheinbach bis heute als Glasstadt bezeichnet, lässt sich auf eine Geschichte zurückführen, die 1947 beginnt. Nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Tschechoslowakei vertriebene sudetendeutsche Glasveredler siedeln sich in Rheinbach an. Sie sollen eine „schornsteinlose Indus-trie, die den Charakter der Stadt nicht stören sollte“, mit aufbauen. „Glasblöser“ nannten die Rheinbacher die Neuankömmlinge in der zu 70 Prozent durch Kriegsbomben zerstörten Stadt.

Um die 300 Glasfacharbeiter, darunter auch viele Lehrkräfte der Glasfachschule Steinschönau, kamen damals nach Rheinbach. In der nordböhmischen Region Steinschönau/Haida, die bis zum Endes des Zweiten Weltkriegs zu 95 Prozent von Deutschen besiedelt war, entwickelte sich ab dem 16. Jahrhundert eine bedeutende Glasindustrie und es gab dort eine der ältesten Glasfachschulen.

Im Jahr 1869 war im damaligen Königreich Böhmen, dem heutigen Tschechien, die Glasfachschule in Haida (heute: Nový Bor) gegründet worden, die 1926 mit der bereits 1856 entstandenen Glasfachschule im ebenfalls böhmischen Steinschönau (heute: Kamenický Šenov) zusammengelegt worden war. Beide Schulen waren auf wesentliche Weise an der Entwicklung der böhmischen Glaskunst beteiligt.

Exakt am 1. April 1948 eröffnete in Rheinbach Stadtdirektor Victor Römer mit Unterstützung des Ministerpräsidenten Karl Arnold, dem Wirtschaftsministerium in Düsseldorf, der Industrie- und Handelskammer Bonn sowie der Handwerkskammer Köln die Staatliche Glasfachschule – anfangs eine städtische Einrichtung. Letztlich kann sie als Nachfolgeschule, respektive Neugründung der Glasfachschule in Steinschönau angesehen werden.

Träger der Glasfachschule ist das Land NRW

Erster Leiter der Schule war Alfred Dorn, der bereits seit 1937 die Fachschule in Steinschönau geleitet hatte. Das ehemalige, im Krieg beschädigte und später nach Zeugenaussagen von den Nationalsozialisten in Brand gesetzte Bürgermeisteramt an der Straße „Vor dem Voigtstor“ stellte die Stadt als Schulgebäude zur Verfügung – und setzte es zuvor instand. Später übernahm das Land Nordrhein-Westfalen die Trägerschaft der Schule, die es bis heute innehat.

Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Rheinbacher Glasfachschule nach Meinung von Experten zu einer der führenden Spezialschulen für Glas und Keramik in Deutschland. Nahm die Glasfachschule vor 70 Jahren mit rund 30 Schülern ihren Betrieb auf, sind heute rund 800 junge Männer und Frauen sowie 56 Lehrkräfte am Staatlichen Berufskolleg Glas, Keramik, Gestaltung des Landes Nordrhein-Westfalen tätig.

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