"Trauermarsch" der Neonazis in Remagen Trauermusik kontra Trillerpfeifen

REMAGEN · Verbieten lässt sich der jährliche Aufmarsch der Rechten nicht. Und so schlugen am Samstag erneut rund 140 Rechtsradikale und Neonazis in Remagen auf, um zum sechsten Mal ihren sogenannten "Gedenkmarsch für die Toten in den alliierten Rheinwiesenlagern" zur Friedenskapelle "Schwarze Madonna" zu absolvieren.

Während es beim Friedensfest in der Innenstadt eher fröhlich zuging, herrschte am Rhein-Ahr-Campus zeitweise eine aggressive Stimmung. Denn dort endete auch die vom "Bündnis NS-Verherrlichung stoppen" angemeldete Gegendemonstration, so dass es zwischen den beiden politischen Lagern zu einer Konfrontation auf Sichtweite kam.

Um ein direktes Aufeinandertreffen der beiden Gruppen zu verhindern, hatte die Polizei auch in diesem Jahr ein Großaufgebot eingesetzt. Etwa 700 Beamte waren im Einsatz, um die Demonstrationswege hermetisch abzuriegeln und die beiden Gruppen von ihren jeweiligen Treffpunkten am Bahnhof zur "Schwarzen Madonna" zu eskortieren. Während die Zahl der Rechten im Vergleich zu den Vorjahren deutlich abgenommen hat, hatten sich gut 500 Teilnehmer dem antifaschistischen Gegenprotest angeschlossen.

Ziel des linken Demonstrationszuges war das Außengelände der Fachhochschule, wo das unter anderem vom DGB, den Jusos, der Grünen Jugend, der Linksjugend und dem Allgemeinen Studierenden Ausschuss der Hochschule Koblenz (AStA) unterstützte "Bündnis Remagen Nazifrei" eine Kundgebung abhielt.

Vor dem Eintreffen der Demonstranten hatten sich rund 80 Remagener an der Friedenskapelle versammelt, um an einem ökumenischen Gottesdienst teilzunehmen. Anschließend verhüllten Mitglieder des Bündnisses für Frieden und Demokratie die "Schwarze Madonna" mit weißen Tüchern. An der Frontseite wurde ein Transparent der Aussteigerorganisation "Exit" Deutschland" angebracht. "Wir möchten nicht, dass dieser Ort für den Geschichtsrevisionismus der Rechtsradikalen missbraucht wird", betonte Michaela Schmitt vom Sprecherkreis des Bündnisses.

Derweil sammelten sich die Demonstranten zur Kundgebung "Remagen Nazifrei" auf dem FH-Gelände. "Wir wollen den Nazis lautstark entgegentreten und ein deutliches, aber friedliches Zeichen setzen", hatte Laila Riedmiller, Sprecherin der Grünen Jugend Bonn, erklärt. Kaum hatte der von Trauermusik begleitete Marsch der Rechten die Joseph-Rovan-Allee erreicht, setzte eine ohrenbetäubende Mischung aus dröhnender Partymusik, Trillerpfeifen und Sprechchören ein.

Linke Demonstranten warfen mit Kartoffeln und Apfelsinen in Richtung der vorbeiziehenden Neonazis. Als ein Polizist von einem Stein getroffen und leicht verletzt wird, stürmen Dutzende von Beamten das FH-Gelände, um die Menge zurückzudrängen. Weil der bis dahin friedliche Protest zu kippen drohte, verkündete AStA-Vertreter Martin Windheuser über Mikrofon das Ende der Demonstration.

Zuvor hatten Linke, die offenbar der autonomen Szene zuzurechnen sind, bereits für Unruhe gesorgt, als sie versuchten, vom Kundgebungsgelände aus durch das angrenzende Neubaugebiet zur Route der Rechten vorzudringen.

Sie wurden jedoch von der Polizei zum Teil unter Einsatz von Pfefferspray gestoppt. Vereinzelt kam es zu Festnahmen. Den lautstarken Protest hatten die Rechtsradikalen regungslos zur Kenntnis genommen und ihren unter dem Motto "Rheinwiesenlager - Eine Million Tote rufen zur Tat" stehenden Marsch zur "Schwarzen Madonna" scheinbar ungerührt fortgesetzt.

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