Kabarett der leisen Töne Musikkabarettist Matthias Reuter unterhält in Remagen

REMAGEN · Der Musikkabarettist Matthias Reuter gastierte in der Rheinhalle. Den 220 Besuchern bot er eine lose zusammen hängendes Programm, das sich mit leisen Tönen Gehör verschafft. Er erzählte dabei Geschichten aus dem Ruhrgebietsalltag.

 Kabarett mit Matthias Reuter in der Remagener Rheinhalle.

Kabarett mit Matthias Reuter in der Remagener Rheinhalle.

Foto: Martin Gausmann

Das Denken war immer schon eines der Steckenpferde von Matthias Reuter. Immerhin hat der 41-jährige Oberhausener neben Germanistik und Geschichte Philosophie studiert. Und spätestens seit er sich in seiner Magisterarbeit mit dem Thema „Kabarett der Weimarer Republik“ beschäftigt hat, war klar, dass er einmal als Kabarettist seine Brötchen verdienen würde. „Auswärts denken mit Getränken“ ist das mittlerweile vierte Programm, mit dem der denkende Humorist nun auch in der Remagener Rheinhalle Station gemacht hat.

Gedanken über Gott und die Welt macht sich Reuter bis heute. Das ist zu Hause aber kaum noch möglich. „Facebook, E-Mails, SMS, Twitter, What's-App und Spiegel Online - ständig wird man abgelenkt“, bedauert der Harry Potter des deutschen Kabaretts. Darum habe er sich entschlossen, mal was Neues auszuprobieren. Er denkt auswärts. Und zwar da, wo er am wenigsten abgelenkt ist: auf der Bühne. Das Gute daran ist, dass er dort gleichzeitig seiner zweiten Leidenschaft nachgehen kann, dem Klavierspielen.

Klassisches Musikkabarett, das Spaß macht

Den rund 220 Besuchern bietet Reuter einen unterhaltsamen Abend. Den roten Faden sucht man allerdings vergeblich. Vielmehr erzählt er seine Geschichten aus dem Ruhrgebietsalltag, macht sich lustig über dies und das und legt den Finger in die Wunden. Dabei zielt er aber nie unter die Gürtellinie. So nimmt er sich die „Karnevalserklärungsbroschüre für Flüchtlinge“ zur Brust, um das Ganze mit dem „Karnevalserklärungsbroschürenergänzungssong“ („Das ist alles anders als es scheint, das ist alles anders gemeint“) auf die Spitze zu treiben. „Wir haben eine Haftpflichtversicherung“ ist seiner Meinung nach einer der schönsten deutsche Sätze, die es gibt. Ihm widmet der Oberhausener ein ganzes Lied, das er in einer „Rechtschutz- und Zahnzusatzversicherung“ münden lässt.

Der Ruhrpottlyriker besingt die merkwürdigen Erfahrungen eines Zeitgenossen beim Umzug („Es schellt und vor der Tür da steht ein Monster und will rein“), schildert die Revolte Essener Biergartenbesucher, die den Redeversuch eines AfDlers erfolgreich unterbinden, und erzählt vom „Rentnerfischen im Hallenbad“.

Im NRW-Abitur-Blues geht es um das Dilemma, dass es Nordrhein-Westfalen gelungen ist, in der PISA-Studie noch hinter Bremen zu landen. Zu den Höhepunkten des Programms zählt die Begegnung mit Aperol-gedopten Möhnen im Froschkostüm und das Gespräch dreier Halbwüchsiger, die am Düsseldorfer Hauptbahnhof gestrandet sind, um ihrer Verzweiflung in Bushido-Manier Ausdruck zu verleihen.

Matthias Reuter beweist, dass klassisches Musikkabarett Spaß machen kann. Der Oberhausener zeigt Kleinkunst im besten Sinne. Während es in der Comedy-Szene immer lauter und schräger zugeht, gelingt es Reuter, sich mit eher leisen Tönen Gehör zu verschaffen. Und dabei wird klar: Denken hat noch niemandem geschadet.

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