Rheinhalle in Remagen Kabarettist Zingsheim beweist erfrischenden Sprachwitz

REMAGEN · Er ist "etwa 1,92 Meter" groß und in seinem Innern ein eher südländischer Typ, während er äußerlich als "unehelicher Sohn von Simply Red" durchgehen könnte.

 Preisgekrönter Kabarettist: Martin Zingsheim überzeugt bei seinem Gastspiel in der Rheinhalle.

Preisgekrönter Kabarettist: Martin Zingsheim überzeugt bei seinem Gastspiel in der Rheinhalle.

Foto: Martin Gausmann

Bei dem Mann, der sich mit diesen Worten am Samstagabend seinem Publikum in der Remagener Rheinhalle vorstellte, handelt es sich um Martin Zingsheim, der als neuer Stern am Kabaretthimmel für Furore sorgt.

Seit er vor drei Jahren mit seinem Erstlingswerk "Opus Meins - Kabarett und Zukunftsmusik" Premiere feierte, hat der 30-jährige Kölner die deutschen Kabarettbühnen so rasant erobert, wie das zuvor nur selten jemandem gelungen ist.

Mit "Opus Meins" ist dem Musik-, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaftler ein komödiantischer Rundumschlag gelungen. Dabei besticht der promovierte Lockenkopf durch originelle Komik, wohltemperierte Musikeinlagen und einem brillanten Gefühl für Sprache. Dass der Mann, der bereits als Pianist des Kleinkunstensembles "Das Bundeskabarett" Erfolge gefeiert hat, sein Handwerk versteht, ist schon nach wenigen Minuten nicht mehr zu überhören.

In lockeren Plauderton verpackt, hagelt es Gags und Pointen, die vor Sprachwitz nur so sprühen, mal erfrischend komisch, oft schonungslos böse, meist hintergründig und immer intelligent daherkommend. Als Rheinländer hat es ihm vor allem das Thema "Kirche" angetan. So lobt er die "Sehrcoolarisierung" der Gesellschaft und stellt fest, dass "man nicht katholisch sein muss, um homophob zu werden, aber es hilft ungemein".

Als Meister erweist sich der Mann im eleganten Zwirn vor allem auch an seinem Reise-Klavier, das er liebevoll als "Campingflügel" bezeichnet. So besingt Zingsheim etwa Erika ("Warum warst Du Esotherika?"), vertont einen Text des Aufklärers Immanuel Kant im Stil der Kölner Kultband "De Höhner", spielt das Lied vom unbegabten Cowboy, oder macht aus Richard Claydermans "Ballade pour Adeline" eine Bob Dylan-Parodie.

Richtig böse wird es, wenn er vor Lampedusa kenternden Afrikanern das "La Paloma" singt. Die ablehnende Haltung der Wohlstandsdeutschen gegenüber Flüchtlingen erklärt er unter anderem damit, dass es noch keinen "Negerfreibetrag" gebe. Und in seinem Balladenblock besingt Zingsheim die Liebe als "gesellschaftlich sanktionierten Sozialfaschismus".

Doch das Ausnahmetalent, dem das Kunststück gelungen ist, gleich drei Kleinkunstpreise in drei Tagen, einzuheimsen, hat beileibe nicht nur gesellschaftskritisches, tiefschürfendes Kabarett, sondern ebenso leichtfüßig vorgetragenen und meist originellen Ulk zu bieten.

Und ganz nebenbei generiert der preisgekrönte Kabarettist seine Lacher mit gelungenen Parodien auf Klaus Kinski, Gerd Rubenbauer, Marcel Reich-Ranicki, Herman van Veen oder Herbert Grönemeyer. Aber: Die innovative Wortakrobatik und blitzgescheiten Geistesblitze der Marke Zingsheim erfordern stete Aufmerksamkeit. Denn nur mit stets gespitzten Ohren gerät der Abend zum vollständigen Vergnügen.

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