Kabarett in Remagen Fleisch gewordene Giftspritze

REMAGEN · Kabarettistin Barbara Kuster macht Politiker-Wahlkampf in der Remagener Rheinhalle. Sie fährt schweres Geschütz auf.

 Barbara Kuster: Anspruch auf das höchste Amt.

Barbara Kuster: Anspruch auf das höchste Amt.

Foto: Gausmann

Als Potsdamer Urgestein hat sie das Preußentum geradezu inhaliert. Sie verfügt über Gardemaß und Schuhgröße 43, weiß noch, wie der Stahl gehärtet wurde, und würde sich die Zähne im Notfall mit der Kombizange ziehen lassen. Die Rede ist von Barbara Kuster, die nicht ohne Grund als „Eiserne Lady“ gilt. Auch in ihrem aktuellen Programm fährt die blonde Naturgewalt schweres Geschütz auf, um sich als neue Bundespräsidentin in Stellung zu bringen. Bei einer Wahlkampfveranstaltung gewährte die Grande Dame des politischen Kabaretts jetzt auch dem Remagener Publikum Audienz.

Mit triumphierender Geste und überlegenem Lächeln zieht sie in die Rheinhalle ein, um händeschüttelnd ihr Wahlvolk zu begrüßen. „Gerade sitzen und Haltung annehmen“, fordert die kühle Blonde mit sonorer Stimme und autoritärem Duktus - eine Kombination, die SM-Fetischisten wohl die Freudentränen in die Augen treiben würde.

Mit schlichter Eleganz und zupackender Anmut lässt sie keinen Zweifel daran, dass sie die perfekte Wachablösung für die „Schmalspurpolitiker ist, die schon mit dem Parteibuch auf die Welt kommen und deren Schleimspur vom Kreiß- über den Hör- direkt in den Plenarsaal führt“. Als Frau von altem Schrot und Korn bietet die Veteranin des klassischen Kabaretts der um sich greifenden Verweichlichung die Stirn: „Vergessen sie den Psychiater, Selbstfindungskurse oder Klangtherapien. Graben sie stattdessen mal wieder den Garten um“.

Ihre erste Rede auf Deutschland („Hier lebt ein Menschenschlag, der sich noch Schuhspanner in die Badelatschen stopft“) trieft nur so vor Ironie und satirischer Bösartigkeit: „Wir sind gut: Wir bohren blaubehelmt Brunnen in Afrika, kümmern uns um streunende Straßenköter auf Mallorca, zimmern Nistkästen für vom Aussterben bedrohte Schildkrötenarten und illuminieren nachts unsere Windkrafträder, um einen sicheren Vogelflug zu gewährleisten.“ Und für seine Verdienste um ein gemeinsames Europa habe sich Deutschland ein Denkmal verdient. Vorstellbar sei etwa ein in Erz geschlagener Schäuble-Rollstuhl auf dem Gipfel der Zugspitze. Bemerkenswert gut sind vor allem die musikalischen Einlagen, mit denen Kuster beweist, dass sie einst als brillante Rocksängerin unterwegs war, bevor sie ihr komisches Talent entdeckte.

Gänsehaut-Alarm verursacht etwa das Wutbürgerlied in Rammstein-Manier („Ich mache Zoff, die Gartenzwerge tragen jetzt Kalaschnikow“). Aber auch als Chansonette („Ich wuchs schon über mich hinaus, als ich in der Mutter schwamm“), mit einem Liebeslied an Wladimir Putin („Wladimir, Du bist ein Alphatier“) oder dem brüllend komischen Shiva-Lied im Bollywood-Stil trumpft die Fleisch gewordene Giftspritze mächtig auf.

Vor der Vehemenz, mit der die „Eiserne Lady“ ihren Anspruch auf das höchste Amt im Staate untermauert hat, haben am Ende auch viele der 350 Remagener kapituliert. Auf dem Weg zur Bundespräsidentin scheint sich allerdings ihr Ehemann J.R. als unüberwindbares Hindernis zu erweisen. Denn der eingefleischte Sozialdemokrat möchte partout keine First Lady sein.

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