Generationentreff in Oberwinter Einzigartige „Schatzkammer“

OBERWINTER · Der kulturell und sozial engagierte Verein „Schatzkammer Oberwinter“ wirbt in Oberwinter um breite Unterstützung.

 Treffen beim Café Gold: Asok Punnamparambil (v. l.), Nisa Punnamparambil-Wolf, Simone Österheld, Gabriele Fischer-Wilms und Quazafi Ibrahimi.

Treffen beim Café Gold: Asok Punnamparambil (v. l.), Nisa Punnamparambil-Wolf, Simone Österheld, Gabriele Fischer-Wilms und Quazafi Ibrahimi.

Foto: Hildegard Ginzler

Montagvormittags im Café Gold: Gabriele Fischer-Wilms, lange Fachkraft in der Entwicklungshilfe, hat etwas mit Nisa Punnamparambil-Wolf zu besprechen. Deren Bruder Asok Punnamparambil stößt hinzu. Vorher sind Entspannungspädagogin Simone Österheld und der jugoslawisch-türkische Emrah Bergius eingetroffen, alle von Quazafi Ibrahimi aus Afghanistan umsorgt, der Tee und Kaffee einschenkt. Bald wird der Flüchtling, vermittelt durch Dirk Österheld, eine Stelle in Bonn-Mehlem besetzen – gute Aussichten für den seit gut einem Jahr auf den Anerkennungsbescheid wartenden Familienvater.

Wie das Wochenende war, ob es Probleme gibt, die gemeinsam zu lösen sind, das lässt sich im Café Gold, immer montags von 10 bis 12 Uhr, im angemieteten ehemaligen Ladenlokal, Hauptstraße 37, vermutlich klären. Aber auch Erzählen, Zuhören und Zusammensein machen den offenen Generationentreff aus. Donnerstags von 10 bis 12 Uhr lädt dann das Eltern-Kind-Café zu Frühstück und Kennenlernen ein, während an gleich zwei Nachmittagen der Woche, „Bewegen, Entspannen und Gestalten“ für Grundschulkinder angesagt sind.

Alle diese Begegnungen, dazu ein vielfältiges Kulturprogramm von literarisch, musikalisch und künstlerisch bis kulinarisch und erzählerisch, bietet die „Schatzkammer Oberwinter“ an. Sie hat sich Offenheit, Teilhabe und Begegnung auf die Fahne geschrieben, den Austausch von Wissen und kulturellen Werten. Dass der gemeinnützige, 2014 gegründete Verein hinter dem hehren Anspruch nicht zurückbleibt, sondern ihn in der Praxis noch übertrifft, gehört zu den ermutigenden Erfahrungen, welche Nisa und Asok Punnamparambil-Wolf und Sabine Jüttner vom Vorstand als auch die vielen Unterstützer weiter motiviert.

Die in Deutschland geborenen Migrantenkinder indischer Eltern, eines Hochschullehrers, der 1966 durch ein Journalisten-Stipendium ins Land kam und einer Krankenschwester, haben die Gründung angestoßen. Übersetzer und Künstler Asok Punnamparambil, der nach Oberwinter zog, stützt sich dabei auf seine Arbeitserfahrung bei einer Stadtteilinitiative in Frankfurt: „Neben Konzerten, Ausstellungen und anderen Kulturveranstaltungen haben wir auch eine Hausaufgabenbetreuung und eine Fahrradwerkstatt eingerichtet. In dieser Zeit habe ich gelernt, wie solche Räume funktionieren und welche bereichernde und magische Wirkung die Kunst der offenen Tür entfalten kann.“ Er und seine Schwester, früher beide Gymnasiasten auf Nonnenwerth, erlebten bereits bei den Eltern in Unkel „ein offenes Haus für alle, die Unterstützung brauchten“. „Wenn wir uns nicht geöffnet hätten“, so Nisa Punnamparambil-Wolf, die Politikwissenschaft und Ethnologie studierte, „dann hätten die Deutschen vielleicht Angst vor den braunen Menschen gehabt“.

So aber schlug ihnen Sympathie entgegen. Erfahrungswissen und Kompetenz bringen die Geschwister in die 33 Mitglieder zählende Schatzkammer ein, zumal Nisa 15 Jahre in der politischen Bildung tätig war und derzeit bei der Flüchtlingshilfe Königswinter angestellt ist. Als 2015 viele Menschen vor Krieg, Verfolgung und Armut aus Eritrea, Syrien, Pakistan, Afghanistan und Somalia flohen und auch in Oberwinter Zuflucht suchten, öffnete ihnen die Schatzkammer ihre Angebote. Mit Hilfe des Informatikers Jörg Loosen aus Oberwinter wurde ein Internetzugang für sie geschaffen und sie beteiligten sich.

Das steht ganz im Einklang mit der seit Beginn inspirierenden Vereinsidee, „Kultur als Zuhause“ einzurichten. Denn die Vereinsgründer sind überzeugt: „Jeder Mensch trägt einen Schatz in sich“. Die Schätze durch die gemeinsame Gestaltung der Räume und Aktivitäten verfügbar zu machen, dafür steht der Name Schatzkammer.

In ihrer komplexen Ausrichtung, die das Verständnis und Interesse zwischen Menschen unterschiedlichster Gesellschaftsgruppen fördert als auch soziales Handeln mit kreativem Reichtum verbindet, zeigt die „Schatzkammer Oberwinter“ ein außergewöhnliches Profil. „Sie gibt ein in der Region einzigartiges Beispiel für gelebte Integration und multikulturelles Miteinander“, attestiert die Ökumenische Flüchtlingshilfe Rhein-Ahr, Kooperationspartner, wie auch das Arp Museum.

Im Sommer erhielt die Schatzkammer als regionaler Preisträger den „HelferHerzen – dmpreis für Engagement“. Doch bedarf es einer gesicherten finanziellen Basis, um das Engagement zu stützen. Die Geschwister haben eigenes und Geld der Eltern in den Verein gesteckt. Mitgliedsbeiträge und Spenden stemmen die Ausgaben. Doch jeden Monat drückt die Miete.

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