Sinziger Denkmalverein besuchte Apollinariskirche Eine Kirche statt Champagner und Wetten

SINZIG/REMAGEN · Der Sinziger Denkmalverein besuchte die Apollinariskirche in Remagen. Im März 1857 wurde die neugotische Kirche, die als eine der schönsten im Rheinland gilt, eingeweiht.

 Erhard Wacker (Mitte) zeigt den Denkmalfreunden den Sarkophag in der Krypta.

Erhard Wacker (Mitte) zeigt den Denkmalfreunden den Sarkophag in der Krypta.

Foto: Hildegard Ginzler

Zweifellos, die Lage ist einzigartig. „Wer den Blick nach Linz über den Rhein und in Richtung Drachenfels lenkt, erkennt, dass die Stelle bebaut werden musste. Wenn hier keine Kirche wäre, dann ein Schloss oder ähnliches“. So begann Erhard Wacker seine viele Aspekte beleuchtende Führung zur Remagener Apollinariskirche. Der Verein zur Förderung der Denkmalpflege und des Heimatmuseums in Sinzig hatte dazu eingeladen, übrigens zum zweiten Mal. 2004 war es Denkmalpfleger Paul-Georg Custodis, der die Besonderheiten der Kirche erläuterte, die Franz Egon Freiherr (ab 1840 Graf) von Fürstenberg-Stammheim ab 1839 nach Plänen des bekannten Kölner Dombaumeisters Ernst Friedrich Zwirner erbauen und zehn Jahre durch Künstler der Düsseldorfer Malerschule ausmalen ließ.

Im März 1857 wurde die neugotische Kirche, die als eine der schönsten im Rheinland gilt, eingeweiht. Schon zur Entstehungszeit war sie eine Ikone der Rheinromantik. Könige besichtigten sie noch vor der Fertigstellung. Was frühe Vorgänger angeht, stellte Wacker, der sich intensiv mit dem neugotischen Gotteshaus und der erstmals 1295 belegten Wallfahrt beschäftigt, fest: „Es gibt keinen Hinweis auf ein römisches Heiligtum hier oder ein frühfränkisches. Auf festem Grund sind wir erst im Jahr 1110.“

Damals bauten dort auf Wunsch der Remagener Bevölkerung die Siegburger Benediktiner – allerdings kein eigenständiges Kloster, sondern eine Propstei. Nachdem die Franzosen im Rheinland Klöster und Orden aufhoben, erwarben die Brüder Boisseré das Anwesen, später Franz Egon Freiherr von Fürstenberg-Stammheim. „Aus bestem rheinisch-westfälischem Adel stammend, hätte er sein Leben mit Champagner und Pferdewetten verbringen können, aber er war religiös und kulturell interessiert“, erfuhren die 27 Denkmalfreunde. Der Freiherr aber nahm reichlich eigenes Geld in die Hand, baute neu, da die Vorgängerkirche baufällig und auch zu klein war für die großen Gemälde, die er sich wünschte.

Noch während der Bauzeit wurden Fenster zugemauert, um mehr Platz für die Malerei über das Leben Jesu, Mariens und des heiligen Apollinaris zu erhalten. Kunstakademie-Leiter Friedrich Wilhelm Schadow und die Nazarener-Maler Ernst Deger, die Brüder Andreas Müller und Karl Müller sowie Franz Ittenbach schufen Bedeutsames. Doch beherrschten sie die anspruchsvolle Fresken-Technik nicht hinreichend, so dass in der Folge neben anderen Sanierungen die der Bilder oft anstanden. Zur Betreuung der Wallfahrt holte der Bauherr die Franziskaner nach Remagen. Das war 1857, als die Apollinariskirche geweiht wurde und die Kopfreliquie von der Pfarrkirche auf den Berg zurückkehrte. Die Wallfahrt lebte auf, was Wacker etwa am Hostienverbrauch ablas.

Natürlich sahen die Besucher auch die Krypta mit dem teils aus dem 14. Jahrhundert stammenden Sarkofag für die Reliquie. Nach den Franziskanern sorgt ab 2007 erfolgreich und durch viele Freiwillige unterstützt, die „Gemeinschaft der gekreuzigten und auferstandenen Liebe“ für Kirche und Wallfahrt. 12 000 bis 14 000 Pilger kommen heute zur zweiwöchigen Apollinariswallfahrt im Juli und August. Dabei wird in dem lebendigen religiösen Zentrum auch der in Abgang gekommene Brauch des „Hauptaufsetzens“ wieder praktiziert.

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