Außergewöhnliches Paar Vortrag über Gottfried und Johanna Kinkel in Sinzig

SINZIG · „Die gewöhnlichen Engländer wissen nicht viel von Deutschland, aber bis in die niedrigsten Stände herab kennen sie Hamburg, Luther und Kinkel.“ Das schrieb Heinrich Beta 1862 in Deutschlands erster Illustrierten, der „Gartenlaube“. Mit dem Zitat begann Christian Schmiedel in Sinzig seinen Vortrag über den Theologen, Politiker und Schriftsteller Gottfried Kinkel und dessen außergewöhnliche Frau Johanna.

 Christian Schmiedel bei seinem Vortrag in Sinzig.

Christian Schmiedel bei seinem Vortrag in Sinzig.

Foto: Martin Gausmann

Gottfried und Johanna Kinkel - ein Paar, das zu den kulturell und politisch bedeutendsten Bonner Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts gehört.

Der 1815 in Oberkassel geborene Kinkel schrieb sich für Theologie an der Universität Bonn ein. Anders als das Gros der Studenten, „die besoffen die ganze Gegend unsicher machten“ hat der spätere Heißsporn „brav studiert“. Im Anschluss trat er eine Dozentur für Kirchengeschichte an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn an. Aufsehen erregte die Verbindung zur geschiedenen konvertierten Komponistin, Pianistin und Musiklehrerin Johanna, geborene Mockel. Gemeinsam hatten beide 1840 den literarischen Zirkel „Maikäferbund“ gegründet, zu dessen Mitgliedern auch Karl Simrock und Jakob Grimm zählten.

Kinkel rettete seine Johanna, als sie bei einer Rheinfahrt kenterten. Da wurde aus Freundschaft Liebe, die 1843 zum Traualtar führte. Die Heirat aber zwang Kinkel zum Wechseln an die philosophische Fakultät, wo er promovierte und 1846 zum Professor für Kunst- und Literaturgeschichte ernannt wurde.

Johannas kreative Eigenständigkeit und Erwerbstätigkeit entsprachen mitnichten dem damaligen Bild der bürgerlichen Frau, „die den Haushalt überwachte, aber selbst nicht arbeitete“, wie Schmiedel erklärte.

Als Kinkels politische Karriere mit dem Ausbruch der Revolution im Frühjahr 1848 begann, er zu einer Leitfigur der republikanischen Bewegung wurde und die Gründung eines deutschen Nationalstaates forderte, stand sie hinter ihm. Johanna und der Geschichtsstudent Carl Schurz wurden Kinkels wichtigste Berater und Mitarbeiter. Johanna war es auch, die plante, wie ihr Mann, der nach dem Scheitern der Märzrevolution von 1848/49 vom preußischen Militär verhaftet und zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt worden war, aus dem Zuchthaus in Spandau zu befreien wäre.

„Das ist der Stoff für einen Abenteuerfilm“, sagte Schmiedel. Ausführender der spektakulären nächtlichen Befreiung vom 6. auf den 7. November 1850, bei der Kinkel „ein schwindelndes Grauen erfasste“, war Carl Schurz. Beide flohen zusammen über Rostock nach London, wohin Johanna mit den vier Kindern nachfolgte.

Carl Schurz kehrte Europa den Rücken, machte in den USA Karriere und schaffte es bis zum Vertrauten von Abraham Lincoln und zum amerikanischen Innenminister. Aber das ist eine andere Geschichte.

Die von einem Katalog begleitete Ausstellung, ist bis 22. April geöffnet: donnerstags 10 bis 12 Uhr sowie samstags und sonntags 14 bis 17 Uhr. Gruppen nach Vereinbarung unter 0 26 42/34 06. Christian Schmiedel bietet für Samstag, 7. April, 14.30 Uhr, eine kostenlose Führung an.

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