Aufgetauchtes Diebesgut Skurriler Fund in Maria Laach

MARIA LAACH · Unbekannte werfen zwei Reisetaschen mit gestohlenen Heiligenfiguren über die Mauer der Abtei Maria Laach. Dann ermittelte das Bundeskriminalamt: Die Skulpturen waren Anfang der 70er Jahre aus verschiedenen Kirchen im Rheinland verschwunden. Dort ist jetzt die Freude groß.

 Hinter der Mauer der Benediktinerabtei Maria Laach fand ein Mönch die elf Sakralfiguren.

Hinter der Mauer der Benediktinerabtei Maria Laach fand ein Mönch die elf Sakralfiguren.

Foto: picture alliance / dpa

Geschichten über wunderumrankte Heiligenfiguren sind reichlich und umspannen den Erdball. Jetzt können Freunde tradierter Mystik ihrem Sagenschatz ein weiteres Kapitel hinzufügen. Denn mehr als vier Jahrzehnte nach ihrem Diebstahl sind insgesamt elf Sakralfiguren wieder aufgetaucht. Und das nicht auf irgendeine Weise, sondern eingebettet in eine Szenerie, die eigentlich in eine Erzählung von Hermann Hesse viel stimmiger eingebettet wäre als in eine Pressemitteilung des Bundeskriminalamtes. Aber auch das BKA vermag die Phantasie anzuregen.

Die Geschichte der gestohlenen Heiligenfiguren endet vorerst vor den Füßen eines Benediktinermönchs in der Abtei Maria Laach. Einer der Patres spaziert Ende Februar an der Klostermauer entlang, wo er plötzlich auf zwei Reisetaschen stößt. Als er die Kunstgegenstände darin entdeckt, schaltet er die Polizei in Remagen ein. Der Fall landet schließlich beim BKA. Für die Ermittler ist sofort klar, dass es sich um Diebesgut handelt, das Unbekannte über die Mauer der Abtei geworfen haben.

Sieben Monate später hat die Wiesbadener Behörde den Vorgang jetzt öffentlich gemacht – und damit offenbar auch die Klosterverwaltung in Maria Laach überrascht. Denn deren Reaktion wiederum weckt eher Assoziationen an den Zisterziensermönch von Heisterbach, der bei seiner Rückkehr vom Gebet im Wald von keinem seiner Mitbrüder mehr erkannt wird, weil hundert Jahre vergangen zu sein scheinen: Die Hintergründe der BKA-Meldung seien im Kloster völlig unbekannt. „Wir wissen auch gar nicht, welcher Bruder im Februar im Februar den Fund gemacht und ihn der Polizei gemeldet hat“, beteuert die Pressesprecherin der Abtei auf Nachfrage dieser Zeitung.

Umso weltlicher erscheinen da die Nachrichten aus Wiesbaden. Die Spezialisten des BKA jedenfalls sind sicher, in monatelanger Arbeit die Provenienz fast des gesamten Diebesgutes aufgeklärt zu haben. Drei der elf Sakralfiguren, die mehr als 500 Jahre alt sind, waren demnach bereits in den Jahren 1970 und 1971 aus verschiedenen Kirchen in den Bistümern Münster und Aachen gestohlen worden. Das Bistum Münster habe „in akribischer Recherchearbeit“ einige weitere Fundstücke zuordnen können, berichtete das BKA. Spezialisten durchforsteten dazu nationale und internationale polizeiliche Verlustdateien. Auch bei fast allen übrigen Figuren sei es gelungen, die Eigentümer ausfindig zu machen. Nur bei der Figur „Mann mit dem Seil“ läuft die Suche noch weiter. Zehn Figuren wurden jetzt an Vertreter der Bistümer Aachen und Münster übergeben.

So erhielt das Bistum Münster am Dienstag zwei Heiligenfiguren zurück, die aus Altären in Kleve und in Rheinberg Anfang der 1970er Jahre gestohlen worden waren. Der für den Niederrhein zuständige Kunstpfleger Reinhard Karrenbrock nahm sie entgegen. „Das war ein großartiger Fund in Maria Laach. Es ist sehr selten, dass gestohlene Figuren nach rund 45 Jahren wieder auftauchen“, sagte Karrenbrock. Auch Xantens Weihbischof Wilfried Theising zeigte sich hocherfreut darüber, dass die Heiligenfiguren wieder in ihre Heimatkirchen zurückkehren. „Damit konnte man nach so langer Zeit nicht mehr rechnen“, zitiert die „Rheinische Post“ den Bischof. Die acht Kunstwerke aus dem Bistum Aachen stammen laut Diözese aus Kirchen in den Regionen Düren, Heinsberg und Viersen.

Dass gestohlene Kunstgegenstände irgendwann aus dem „Nichts“ wieder auftauchen, ist laut Bundeskriminalamt nichts Außergewöhnliches. Wie die Kriminalisten aus dem aktuellen Anlass erklärten, werden die Objekte häufig erst nach Jahren und mehrmaligen Besitzerwechseln auf Kunstmessen oder über Auktionshäuser zum Verkauf angeboten. Erst ein Vergleich spezifischer Merkmale ermögliche es, die Identität festzustellen.

Neben einer Zusammenarbeit mit Experten für sakrale Kunst sowie den betroffenen Kirchengemeinden böten die umfangreichen Fahndungsunterlagen des BKA oft die letzte Chance, Kunstgegenstände zweifelsfrei zuzuordnen. Auch komme es durchaus vor, dass Übeltäter das schlechte Gewissen packe. Auf einem Markt in Maastricht tauchte einmal eine Figur auf, die 100 Jahre lang als verschollen gegolten hatte. Und vor der Messe „Cologne Fine Art“ im Jahr 2008 wurde auf dem Kunstmarkt eine Figur des heiligen Petrus angeboten. Wie sich herausstellte, handelte es sich um eine Skulptur, die 33 Jahre zuvor bei einem Diebstahl entwendet worden war. Geschätzter Wert: 10 000 Euro.

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