Führungswechsel bei der Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr Rudolf Mies verlässt Genossenschaft nach 36 Jahren

MAYSCHOSS · Der 33-jährige Matthias Baltes wird neuer Geschäftsführer der Mayschosser Winzer, die Investitionen in Millionenhöhe planen. Mies hingegen hat für seine Zukunft etwas ganz Besonderes vorgesehen.

 Der Weinkeller der Winzergenossenschaft.

Der Weinkeller der Winzergenossenschaft.

Foto: Martin Gausmann

Wenn die Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr am 26. August Stiftungsfest feiert, sind bei Rudolf Mies die Wanderstiefel gefettet, und der Rucksack ist gepackt. Der Mann, der 36 Jahre lang an oberster Stelle die Verantwortung für die Gemeinschaft getragen hat, verabschiedet sich in den Ruhestand und geht auf Pilgerreise: 400 Kilometer Jakobsweg vom französischen Saint-Jean-Pied-de Port ins spanische León. Aber: "Zum Mayschosser Weinfest bin ich wieder zurück", verspricht er.

Von den 147 Jahren Mayschosser Genossenschaft - sie ist die älteste der Welt - war Rudolf Mies 44 Jahre lang dabei, zunächst acht Jahre als kaufmännischer Angestellter, dann 36 Jahre als Geschäftsführer, Vorstandsvorsitzender, Präsident, so lange wie keiner seiner zwölf Vorgänger.

1979 hatte er die Verantwortung übernommen, mit 26 Jahren. Vorausgegangen waren nach der Volksschule eine Lehre zum Groß- und Außenhandelskaufmann im Weingut Brogsitter und fünf Monate in der Winzergenossenschaft "Vier Jahreszeiten" in Bad Dürkheim, wo Mies alle Sparten eines Genossenschaftsbetriebes kennenlernte. "Ich bin in die Betonfässer gestiegen und hab' sie ausgeschrubbt, es war eine spannende Zeit", erinnert er sich.

Fröhlichkeit und Erfindungsreichtum zeichnen den Mann mit den immer wachen Augen aus. Lachend erinnert er sich an die Super-Ernte 1992, für die der Mayschosser Keller nicht ausreichte. Drei Kesselwagen mit Edelstahltanks wurden am Bahnhof Kreuzberg als Reservelager für 200000 Liter Wein stationiert.

Klasse statt Masse

"Absatzprobleme hatten wir nie", sagt Mies. Trotzdem gab die Rekordernte zu denken: Die Preise mussten stabil bleiben, die Qualität verbessert werden. Klasse statt Masse hieß die neue Devise.

Die Genossenschaft gewann an Ansehen: Der Wein-Guide Gault Millau präsentierte sie 2000 als "Entdeckung des Jahres". Mit einer Fülle von Preisen und Auszeichnungen spielt sie seitdem in oberen Ligen. "Es ist eine große Herausforderung, das Niveau zu halten", weiß Mies und nennt den Erfolg eine Mannschaftsleistung. Wo die Winzergenossenschaft sich präsentiert, sind Persönlichkeiten dabei: Rudolf Mies, Rolf Münster, der seit 1988 Kellermeister ist, sowie der stellvertretende Vorstandsvorsitzende und Verkaufsleiter Rudolf Stodden. Er war der erste Lehrling, den Mies einst ausgebildet hat.

Wichtige Entscheidungen fielen in die 36 Jahre: 1982 die Fusion mit dem Winzerverein Altenahr, 2009 die mit dem Winzerverein Walporzheim. An allen Standorten waren hohe Investitionen erforderlich, in Altenahr und Walporzheim vor allem in die Verkaufsstellen, in Mayschoß auch in die Probierkeller. Für einige Millionen Euro soll jetzt der technische Betrieb für die Zukunft fit gemacht werden.

Mies ist mit Herzblut dabei

Spaß gemacht haben Mies die Verhandlungen mit dem Land zur Privatisierung der Weinbaudomäne Marienthal, bis die Vierergruppe mit den Weingütern Brogsitter und Meyer-Näkel sowie den Genossenschaften Dagernova und Mayschoß-Altenahr 2004 den Zuschlag erhielt. "Dafür gebe ich noch immer mein Herzblut", sagt Mies.

Er bleibt Geschäftsführer von Marienthal - künftig mit einem Büro mit Blick in den Klostergarten. Langeweile zeichnet sich ohnehin nicht ab: 500 Spätburgunder-Rebstöcke am Mayschosser Burgberg warten auf eine erste Ernte, der Mayschosser Verkehrsverein braucht Mitarbeit.

Als Mitglied der europäischen Initiative "Wine in Moderation" will Mies für einen verantwortungsvollen Weinkonsum werben. Die Volksbank Rhein-Ahr-Eifel hat den überzeugten Genossenschaftler für drei weitere Jahre zum Vorsitzenden ihres Aufsichtsrats gewählt.

Wenn Rudolf Mies am 3. Dezember mit dann 63 Jahren seinen Schreibtisch geräumt hat, kann sich die Bilanz seiner Ära sehen lassen: Sie ist ein entscheidendes Viertel in der Geschichte der Genossenschaft. Die Anbaufläche hat sich von 100 auf nahezu 150 Hektar vergrößert, der Schwerpunkt der Produktion hat sich vom Weißwein zu roten Sorten verlagert.

Als Nachfolger ist Matthias Baltes vorgesehen: 33 Jahre jung, Absolvent der Hochschule Geisenheim im Studiengang Weinwirtschaft und Weinmarketing, Mitglied im Vorstand der Genossenschaft und seit fünf Jahren im Betrieb. Ein sachter Generationenwechsel, denn Rolf Münster und Rudolf Stodden machen weiter.

Die Investitionen

In Mayschoß tut sich was. Nachdem das ehemalige Hotel Hallerbach an der Bundesstraße abgerissen worden ist, baut die Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr dort einen Betriebshof zum Abstellen ihrer Fahrzeuge und Materialien. Zur Straße hin abgeschottet wird das Grundstück durch eine Bruchsteinmauer. Veranschlagt sind dafür 350000 Euro.

Außerdem will die Genossenschaft für 150 000 Euro einige Dächer und Dachstühle sanieren lassen. Was schon vor zwei Jahren geplant war, Abriss und Neubau der alten Produktionshallen, kann endlich realisiert werden. Anfang November soll der Abrissbagger kommen und bis zur Ernte 2016 alles neu sein: ein Tanklager für 700000 Liter mit Kellertechnik, Kühlraum und Gärtechnik. Diese Investition ist auf 2,5 Millionen kalkuliert.

Die Maßnahme hatte sich verschoben, weil sich bei Voruntersuchungen herausgestellt hatte, dass die historischen Kellergewölbe den Neubau nicht tragen könnten, sie mussten ertüchtigt werden.

Aufgeschoben, aber nicht aufgehoben ist die Sanierung der Gaststätte sowie der dazugehörigen Sanitäranlagen, wofür die Genossenschaft noch einmal 500000 Euro in die Hand nehmen will. Wie berichtet, soll in dem Zusammenhang auch ein Aufzug ins Obergeschoss gebaut werden. Realisiert werden die Pläne, sobald ein Pächter da ist.

Dagegen soll die zur Gaststätte gehörende Terrasse neu möbliert und im Herbst an Wochenenden bewirtet werde. Geschäftsführer Rudolf Mies freut sich, dass die 350000 Euro für den Betriebshof sowie die 2,5 Millionen für das Tanklager nicht wie ursprünglich erwartet mit 20 Prozent, sondern mit 30 Prozent vom Land bezuschusst werden.

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