Vatikan-Korrespondent in Sinzig Mutiger Weg des Papstes

SINZIG · Andreas Englisch spricht in der Pfarrkirche über Franziskus als Kämpfer im Vatikan.

 Andreas Englisch in der Sinziger Pfarrkirche Sankt Peter.

Andreas Englisch in der Sinziger Pfarrkirche Sankt Peter.

Foto: Martin Gausmann

Keine Theologie-Kenntnisse, keine von der katholischen Kirche. Andreas Englisch antwortete 1987 ehrlich auf die Fragen einer Agentur, die dringend einen Vatikanexperten suchte. „Der Papst ist mir egal“, bekannte er obendrein. Doch erfüllte er das Minimalkriterium: Weil er einmal Messdiener war, bekam er den Job.

Heute ist der fürs Fernsehen und Printmedien tätige Journalist ein profunder Vatikan-Korrespondent. Drei Päpsten kam er nahe, nahm tiefe Einblicke ins katholische Machtzentrum und schreibt darüber Sachbücher und Romane. Auf Einladung von Felicitas Stehr, die ihn einmal persönlich kennenlernen wollte, kam Englisch nach Sinzig und füllte die Pfarrkirche Sankt Peter. Eineinhalb Stunden hingen die Interessierten an seinen Lippen, während er frei sprechend den amtierenden Papst Franziskus wie in einem seiner Bücher als „Kämpfer im Vatikan“ vorstellte.

Gleich nach der Wahl widersetzt der sich den Gepflogenheiten. Er lehnt den Mercedes-Dienstwagen ab – „mit so einem protzigen Auto fahre ich nicht“ – zieht statt in den päpstlichen Palast ins Gästehaus. Dort, nicht im Palast empfängt er seine Gäste, darunter Tebartz-van Elst. Zu Ostern zieht er „seine alte Priesterklamotte aus Argentinien“ an. Dem roten Samt und Spitzen reichenden Zeremonienmeister erklärt er: „Sie verwechseln etwas, ich bin der Papst, nicht der Weihnachtsmann.“

Einmal, als er im Papamobil dem Protokoll und Berichterstattern verloren geht, steigt er unbesorgt mal eben an einem Supermarkt aus, um mit den Menschen ein „Vater unser“ zu beten. Praxisnah verlegte der Papst die Abschlussmesse zum Weltjugendtag 2013 in Rio de Janeiro an den Strand der Copacabana, wo Andreas Englisch ein folgenreiches Badeerlebnis hatte, von dem alle drei Päpste wussten.

Zuweilen klingt der lebendig und mit Geschick für Inszenierung vortragende Korrespondent betont volkstümlich und bringt die Anekdoten arg pointenbetont. Dabei hat Papst Franziskus, so revolutionär wie Englisch ihn beschreibt, grelle Schilderungen nicht nötig. Schon vor seiner Wahl hinterfragte er, dass 25 000 Ordensfrauen Kardinäle hausfraulich betreuen: „Sie sind in den Orden eingetreten, um Gott zu dienen. Die Kardinäle sollen sich ihre Hosen selber auswaschen“.

Gegen Prunkverzicht, für Nähe zu den Menschen, für eine Umkehr spricht nicht nur sein Stil. Mit der Weihnachtsansprache 2014 rüttelt Papst Franziskus die Kurie wach, geißelt Karrieredenken und „geistlichen Alzheimer“, das Vergessen um die erste persönliche Geschichte mit Gott. Vom tiefgreifenden Wandel zeuge, dass Franziskus 2014 nicht die traditionellen Kardinalswürde-Anwärter Venedig und Turin berücksichtigte, sondern einen wie Kelvin Edward Felix, Kämpfer für Slum-Bewohner in der Karibik, zum Kardinal machte und zu einem Kontrolleur der Vatikan-Konten.

„Wenn der Papst hier wäre“, so Englisch in einem abschließend Wort zur Ökumene, „würde er angesichts der Terroranschläge von Paris sagen: ‚Es ist doch verrückt, dass evangelisch und katholisch getrennt sind.‘“

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