Spektakuläre Nachtaktion Mayschosser Brücke von 1923 versetzt

MAYSCHOSS · Die alte Mayschosser Brücke aus dem Jahr 1923 ist versetzt worden. Sie dient jetzt noch für rund drei Monate als provisorischer Ahrübergang. Ein 130-Tonnen-Schwerlastkran hob das Bauwerk während einer Nachtaktion aus seinen Lagern.

 Mit einem 130-Tonnen-Kran wird die Mayschosser Brücke versetzt.

Mit einem 130-Tonnen-Kran wird die Mayschosser Brücke versetzt.

Foto: Martin Gausmann

„Die Bücke wird gebaut.“ Diesen Satz kennen die Mayschosser auswendig, denn er wurde in den vergangenen Jahren oft wiederholt. Termine wurden immer wieder verschoben. Zuletzt vor genau vier Wochen.

Vielleicht auch deshalb wollten es die Mayschosser am späten Freitagabend mit eigenen Augen sehen, wie ein 130-Tonnen-Schwerlastkran aus der Kreisstadt das bisherige, 30,5 Meter lange und zehn Tonnen schwere Bauwerk aus seinen Lagern hob und um fünf Meter ahrabwärts versetzte. Dabei wurden dann, mangels Pfeilern, Gerüststützen vom Ahrbett aus eingebaut. So hatte es die Bauaufsicht vorgeschrieben. Zum Glück hatten die Mitarbeiter der Dauner Brückenbaufirma um Polier Egon Schmitz ihre Wathosen dabei.

Der nächtliche Einsatz unter Flutlicht des Krans und zweier grell leuchtender Powerballs sorgte jedoch auch für Einschränkungen. Bis zum Samstagmorgen galt von Altenahr und Dernau aus die Umleitung über die Grafschaft, denn Kran und Rüstfahrzeuge nahmen die ganze Bundesstraße 267 am östlichen Ortseingang von Mayschoß in Beschlag.

Das „alte Brückelchen“ soll als Behelfsbrücke für Fußgänger über die Ahr zum Sportplatz dienen, solange an der neuen Brücke gebaut wird. Das erklärte Manfred Großgarten, der als Projektleiter des Altenahrer Rathauses die Arbeiten vor Ort überwachte. „Wir rechnen mit einer Bauzeit von drei Monaten“, ergänzte Ortsbürgermeister Hubertus Kunz. Er hatte auch Zahlen zu den Kosten parat: „370 000 Euro sind veranschlagt.“ Der Eigenanteil der Gemeinde betrage dabei 126 000 Euro. Das Land beteilige sich mit 190 000 Euro. Und das Abwasserwerk der Verbandsgemeinde sei mit 54 000 Euro dabei, weil die Brücke eben nicht nur zum Sportplatz führe, sondern auch die Zuwegung zum Klärwerk auf der rechten Ahrseite sei. Was den langjährigen Chef des Weindorfes freut: „Die Ausschreibung verlief günstiger als gedacht, so dass wir den ursprünglich nicht vorgesehenen Kraneinsatz inklusive der Kosten für die Sperrung wieder reinholen konnten.“

Apropos Kran

Für das Baustellenteam gab's punkt 22.36 Uhr am Freitagabend Beifall von den Zuschauern. Nach gut einstündiger Rüstzeit war der Kran mit 42 Tonnen an Gegengewichten versehen. Die extra zusammengeschweißten Stahlträger der ursprünglich dreiteiligen Brücke hingen an einem Stück an den Ketten des Krans über der Ahr. Das eigentliche Anheben und Versetzen war eine Sache von Minuten, aber auch von Millimetern. Die Träger passten auf die provisorischen Lager. Und weil der Kran schon mal da war, kamen auch die Gerüstbauer am mitten in der Ahr stehenden Nordpfeiler zum Zug. Vorgefertigte Gerüste wurden für die kommenden Sanierungsarbeiten platziert. Am Südpfeiler, weil am Ufer gelegen, standen sie schon.

Die bisherige Brücke stammt aus dem Jahr 1923. So steht es auf dem Nordpfeiler. Ursprünglich war der Auflieger aus Holz. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er dann durch eine Stahlträgerkonstruktion ersetzt, die sich die Mayschosser gegen Wein von der Schiffswerft in Oberwinter „ermaggelt“ hatten. Sie hat etliche Hochwasser erlebt, musste mehrfach saniert werden. Ihre Fahrbahnbreite betrug zwei Meter, und sie ruhte auf den beiden Widerlagern an den Ufern und zwei Pfeilern.

Geländer wird abklappbar

Für das neue Bauwerk werden Widerlager und Pfeiler wieder genutzt, doch vorher instandgesetzt. Soll heißen: Alle Teile bekommen neue Auflagenbänke aus Stahlbeton. Die Fugen der Natursteinmauern an den Pfeilern werden saniert. Der Beton im Inneren wird mit Zementleim verpresst.

In drei Monaten soll sich die neue Brücke als feuerverzinkte Stahlkonstruktion über die Ahr spannen. Wieder in drei Teilen, dann mit einer Gesamtlänge von 31 Metern und einer Fahrbahnbreite von 2,50 Metern. Und auf eines ist Großgarten stolz: „Das Geländer ist bei nahendem Hochwasser abklappbar. Da kann sich kein Treibgut mehr verfangen. Das ist an der Ahr bislang einzigartig.“

Die Traglast ist auf rund sechs Tonnen ausgerichtet. „Das reicht für die wenigen Pkw und die Traktoren der Winzer, die auf die andere Seite müssen, aus“, sagte Kunz, der sich zwischenzeitlich auf der Hochterrasse auf der anderen Straßenseite zu den Mayschosser Junggesellen gesellt hatte. Denn diese hatten es sich dort mit ihrem „Maikaiser“ Severin Schopen bequem gemacht und feierten die Nachtbaustelle auf ihre Art: Mit Blanc de Noir in stilvollen Pokalen. Und auch von ihnen kam Applaus für die Teams. Denn die 21-Uhr-Prognose von Polier Egon Schmitz ging auf: „Wenn alles klappt, drei Stunden.“

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