Haushalts- und Wirtschaftsführung geprüft Landesrechnungshof kritisiert Sinzig

SINZIG · Finanzkontrolleure: Stadt ist beim Gründerzentrum unzulässige Verpflichtungen eingegangen. Das Rathaus gelobt Besserung.

 Die Vorgänge um die Finanzierung des einstigen IGZ in Sinzig wurden vom Rechnungshof unter die Lupe genommen.

Die Vorgänge um die Finanzierung des einstigen IGZ in Sinzig wurden vom Rechnungshof unter die Lupe genommen.

Foto: Martin Gausmann

Wenn der Landesrechnungshof auf Behördenbesuch ist, dann dürfte der kleine Spruch „Besuche machen immer Freude: Wenn nicht beim Kommen, dann beim Gehen“ eine gewisse Verlässlichkeit bekommen. Der Rechnungshof Rheinland-Pfalz war diesmal in Sinzig zu Gast, um die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Stadt zu prüfen. Dabei widmete man sich den Zahlen der vergangenen fünf Jahre. Auf 80 Seiten (ohne Anlagen) führen die Kontrolleure auf, was im Argen liegt und was verbesserungswürdig ist. Und das ist einiges.

Wobei der Bericht mit durchaus Angenehmem beginnt: Die Haushaltslage der Stadt ist gut, das Eigenkapital stabil, die Verschuldung gering. Bei der Bewertung des Verwaltungshandelns kommen die Prüfer hingegen zu nicht nur schmeichelhaften Feststellungen. Beispiel: Die Bad Bodendorfer Kurbad GmbH sei überflüssig, sie weise nur Nachteile auf und sei zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben nicht erforderlich. Im Sinziger Rathaus will man nun überlegen, die 1974 für den Schwimmbadbetrieb gegründete Gesellschaft aufzulösen.

Schon härter geht der Landesrechnungshof mit dem IGZ Innovations- und Gründerzentrum in Sinzig um. Für das Unternehmen hatte die Stadt Patronatserklärungen – mit denen sie sich verpflichtete für alle Verpflichtungen des IGZ aufzukommen – und Ausfallbürgschaften nicht in den Jahresabschlüssen angegeben. Daraus folgende Verpflichtungen seien in der Vergangenheit nicht ausreichend bilanziert worden.

Eine Patronatserklärung sei erst gar nicht zulässig gewesen. Ungeachtet dessen sei sie ohne erforderliche schriftliche Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde erteilt worden. Damit nicht genug: Auch sei die Vereinbarkeit mit EU-Recht nicht geprüft worden.

Das IGZ-Gebäude war im Jahr 2001 für 4,4 Millionen Euro gebaut worden. Da der Gesellschaftszweck, nämlich die Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Struktur in der Region Sinzig, nicht zu verwirklichen war, wurde das Gebäude 2006 einem privaten Unternehmer für 15 Jahre überlassen. Fördermittel des Bundes und des Landes mussten seinerzeit zurückgezahlt werden. Um diese Rückzahlung zu ermöglichen, wurden Kredite in Höhe von 3,5 Millionen Euro aufgenommen. In der Folge, so der Landesrechnungshof, sei das IGZ mit einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 1,8 Millionen Euro bereits im Dezember 2005 überschuldet gewesen.

Das Darlehen soll 2021 zum Ende der Laufzeit des Vertrages mit dem Unternehmer abgelöst werden. Es wurde durch zwei modifizierte Ausfallbürgschaften der Gesellschafter (Landkreis Ahrweiler und Stadt Sinzig) in Höhe von je 1,75 Millionen Euro gegenüber dem Darlehensgeber besichert. Gegenüber dem privaten Unternehmen verpflichteten sich Stadt und Kreis zudem durch eine Patronatserklärung, alle Verpflichtungen des IGZ zu erfüllen. Eine Insolvenz des IGZ wurde so verhindert. Problem: In den Jahresabschlüssen der Stadt tauchte die Patronatserklärung nicht auf.

„Mit der Patronatserklärung wurden entgegen den kommunalrechtlichen Bestimmungen Pflichten übernommen, die eine nicht auf einen Betrag begrenzte, unbestimmte Haftung der Gemeinde ermöglichten. Dies war nicht zulässig“, heißt es im von Präsident Jörg Berres und Direktor Andreas Utsch unterzeichneten Bericht des Landesrechnungshofes.

Für das Ende der Vertragslaufzeit mit dem privaten Unternehmen wird nach Berechnungen des Rechnungshofes eine Restschuld von immerhin mehr als 3,2 Millionen Euro im Jahre 2021 erwartet. Diese ist dann weitgehend von der Stadt Sinzig und vom Kreis Ahrweiler zu übernehmen. Künftig werde die Stadt die kommunalrechtlichen Bestimmungen dazu beachten, teilte das Sinziger Rathaus mit. Die Auflösung der gestrauchelten Gesellschaft sei für 2021 geplant.

Auch mit „Kleinigkeiten“ befassten sich die Prüfer. So seien einige Zahlenwerte in den Haushaltsplänen und Jahresabschlüssen nicht korrekt gewesen, Bilanzwerte hätten angepasst werden müssen. Ortsvorsteher erhielten unrechtmäßig Verfügungsmittel – die alleine dem Bürgermeister zustehen.

Die Verwaltung sei teilweise unzweckmäßig und zu breit gegliedert, Stellen im Stellenplan fehlten oder seien falsch ausgewiesen. Außerdem – so der Landesrechnungshof – habe man im Sinziger Rathaus vier Stellen zu hoch bewertet. Über Irritationen um Beschaffung und Nutzung der städtischen Dienstwagen mitsamt des Bürgermeisterfahrzeugs hatte der GA bereits berichtet.

Ferner seien diverse Leistungsentgelte nicht leistungsdifferenziert ausgezahlt und damit tarifrechtswidrig geleistet worden. Auch sei festgestellt worden, dass in einigen Bereichen Einsparpotenziale bestanden. Dies bei der Beschaffung von Bürobedarf, bei der Reinigung des Rathauses, im Versicherungswesen, im Baubetriebshof und auch bei der Straßenbeleuchtung.

Weitere Rüge des Landesrechnungshofes: Ablösebeiträge für Stellplätze waren neu zu kalkulieren. Die Stadt habe zudem die Erhebung von Erschließungsbeiträgen durch eine fehlerhafte Zuordnung von Grundstücksflächen versäumt.

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