Der lange Weg zur Gedenkstätte Info-Pavillon zum KZ-Außenlager eröffnet im November in Dernau

DERNAU · Vom „Demokratie-Wunder“ für eine Tafel in Dernau bis zur Einweihung in Marienthal hat es 30 Jahre gedauert. Der Info-Pavillon zum KZ-Außenlager Rebstock wird am 9. November eröffnet.

30 Jahre sind vergangen, seit der damalige GA-Parlamentskorrespondent Ekkehard Kohrs (1944-2011) das „Demokratie-Wunder von Dernau“ in die Schlagzeilen brachte. Ein Wunder mit ernstem Hintergrund.

Denn der damals 42 Jahre alte Bürgermeister und CDU-Landtagsabgeordnete Wilhelm-Josef Sebastian war im Gemeinderat mit seinem Antrag, an der Stelle des ehemaligen Außenlagers des KZ Buchenwald, des „Lagers Rebstock“, eine Gedenktafel anzubringen, gescheitert. Neun von 14 Ratsmitgliedern votierten am 3. Februar 1987 gegen die steinerne Mini-Aufarbeitung der damals weitgehend unerforschten Ahr-Geschichte.

Neun Tage und etliche Leserbriefspalten später wurde aus dem mehrheitlichen Nein ein einstimmiges Ja. Sebastian, später von 1994 bis 2009 auch Bundestagsabgeordneter, hatte in die Trickkiste der Politik gegriffen. Erstens ließ er seinen Rat wissen, dass er die Gedenktafel notfalls aus eigener Tasche bezahlen würde. Und zweitens tat er vor 90 Zuhörern im Ratssaal etwas, wogegen die Ratsmitglieder öffentlich kaum Front machen konnten.

Sebastian zitierte aus der Rede von Bundespräsident Richard von Weizsäcker anlässlich des 40. Jahrestages des Kriegsendes: „Wir müssen den Jüngeren helfen zu verstehen, warum es lebenswichtig ist, die Erinnerung wachzuhalten.“

Antrag folgte

Das wirkte. Es folgte der Antrag: „In Abänderung seiner Entscheidung vom 3. Februar 1987 stimmt der Rat der Gemeinde Dernau der Errichtung einer Gedenktafel für die Häftlinge des KZ-Außenlagers in Dernau zu.“ Ganze 13 Minuten hatte am 12. Februar vor 30 Jahren die Korrektur des Dernauer Geschichtsverständnisses gedauert.

28 Jahre dauerte es dann, bis erste Pläne für eine Gedenkstätte auf dem Gelände vor dem Haupteingang des ehemaligen Regierungsbunkers aufs Tapet kamen. Es bildete sich eine Initiativgruppe, nachdem Wolfgang Gückelhorn, Militärhistoriker aus Bad Breisig, der die Geschichte des Lagers erforschte und 2015 in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung den Anstoß zum Bau der Gedenkstätte gegeben hatte. Neben Gückelhorn und Klaus Liewald vom Bürgerverein Synagoge in Ahrweiler engagieren sich in dieser Gruppe auch Heike Wernz-Kaiser aus dem Rathaus der Kreisstadt, Heike Hollunder, Leiterin der Dokumentationsstätte Regierungsbunker, Andreas Schmickler aus Kirchdaun, Sprecher der Gruppe „Denkmalpflege“ der BUND-Kreisgruppe Ahrweiler, sowie Norbert Henseler aus Dernau und Günter Mönch aus Esch.

Jetzt ist das Werk nahezu vollbracht. Die Erinnerungsstätte „Lager Rebstock“ oberhalb von Marienthal wird am Donnerstag, 9. November, um 11 Uhr eröffnet. Ehrengast der Veranstaltung wird ein ehemaliger Zwangsarbeiter sein. Der heute 94 Jahre alte Niederländer wurde 1944 zunächst auf dem Gelände des Luftwaffenübungsplatzes Ahrbrück gefangen gehalten, bevor er in das Barackenlager auf dem Bahndamm zwischen Dernau und Rech verlegt wurde. Sein Schicksal als Gefangener wird in der neuen Gedenkstätte beispielhaft dokumentiert.

Vertreter der Generalkonsulate von Polen, Ungarn, Italien, Frankreich, der Russischen Föderation und der Niederlande haben ihr Kommen für die Einweihungsfeier zugesagt. Redner sind Landrat Jürgen Pföhler, Bernhard Kukatzki, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz, und Klaus Liewald, Vorsitzender des Bürgervereins Synagoge als Träger der Gedenkstätte. Grundstückseigentümerin ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), die im März 2017 mit dem Bürgerverein einen Gestattungsvertrag über das Gelände abschloss. Die Gedenkstätte in Marienthal ist die bislang einzige derartige Einrichtung, deren Träger nicht der Staat, sondern eine Initiative aus der Bürgerschaft ist.

Die Erinnerungsstätte „Lager Rebstock“, deren Herstellung rund 25 000 Euro kostete, soll die Erinnerung an die Opfer wachhalten und der Mahnung dienen. Sie will aber auch über die Verflechtungen von Rüstungsindustrie, Militär, SS, Konzentrationslagern und Zwangsarbeit im NS-Staat informieren. In den Montagewerkstätten in den ehemaligen Eisenbahntunneln in Marienthal und Dernau mussten etwa 1500 Arbeitssklaven aus acht Nationen leiden.

Die Gedenkstätte erstreckt sich über den Bereich zwischen den Portalen der beiden ehemaligen Eisenbahntunnel Kuxberg und Trotzenberg. Der heute nicht mehr vorhandene Bahndamm zwischen den beiden Tunnelportalen wird durch eine Allee aus 16 Obstbäumen angedeutet. An diesen Bäumen werden Tafeln mit den Namen und Schicksalen einzelner Opfer angebracht.

Dazu gehörten auch Menschen aus dem Kreis Ahrweiler, die das Arbeitsamt Ahrweiler zwischen 1943 und 1945 zur Rüstungsarbeit dienstverpflichtete. Im Zentrum der Anlage steht ein Pavillon mit sechs Informationstafeln zur Geschichte des Lagers und der Zwangsarbeiter. Der Rohbau dieses Pavillons ist erst vor wenigen Tagen fertiggestellt worden.

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