Touristenfahrten Immer häufiger enden Fahrten auf dem Nürburgring mit Unfällen

NÜRBURGRING · 81 Unfälle hat es im vergangenen Jahr im Rahmen der sogenannten Touristenfahrten auf dem Nürburgring gegeben - dabei starben zwei Menschen. Selbstüberschätzung und unangemessene Fahrweise sind die Ursachen für die meisten Unfälle.

Ein total beschädigter Pkw steht am 23. Juli 2016 auf dem Nürburgring. Der Wagen war aufgrund überhöhter Geschwindigkeit aus der Kurve getragen worden und in eine Gruppe von Streckenposten und einen weiteren Privatfahrer geschleudert. Die Folge: zwei Tote, zwei Schwerverletzte.

Ein total beschädigter Pkw steht am 23. Juli 2016 auf dem Nürburgring. Der Wagen war aufgrund überhöhter Geschwindigkeit aus der Kurve getragen worden und in eine Gruppe von Streckenposten und einen weiteren Privatfahrer geschleudert. Die Folge: zwei Tote, zwei Schwerverletzte.

Foto: dpa

Die sogenannten Touristenfahrten gehören seit Jahrzehnten zu den besonderen Angeboten am Nürburgring, die von Fans des Rennsports und Vertretern der Bleifußfraktion gerne angenommen werden. Spektakuläre Unfälle hat es dabei von jeher gegeben. Auffallend ist inzwischen jedoch die Häufigkeit, mit der die Amateurfahrer von der Piste abkommen. Vielfach kommen die Feierabend-Piloten mit kleineren Blessuren davon. Manchmal aber auch nicht.

Selbstüberschätzung, völlig unangemessene Fahrweise, bis über die Grenzen der Zulässigkeit hinaus frisierte und getunte Fahrzeuge, die dann auch noch schlecht gewartet sind, dürften in erster Linie dafür verantwortlich sein, dass ansonsten wenig geschulte Freizeit-Rennfahrer bestenfalls im Fangzaun oder an der Leitplanke landen. Nicht selten werden die hochgezüchteten Autos aber auch so geschrottet, das man sich schwere Verletzungen zufügt oder gar in ihnen das Leben lässt.

"Zu wenig Respekt vor der Strecke"

81 Unfälle hatte es im vergangenen Jahr im Rahmen der Touristenfahrten auf dem Nürburgring gegeben, berichtete Heiko Schmitz, Leiter der zuständigen Adenauer Polizeiinspektion. Zwei Menschen ließen auf der Piste ihr Leben, 18 Menschen wurden schwer, 43 leicht verletzt. Im laufenden Jahr verzeichneten die Beamten aus Adenau bereits 29 Unfälle, einen mit tödlichem Ausgang, acht mit Schwerverletzten. Allerdings hat die Saison gerade erst begonnen. Zehn Prozent der Adenauer Polizeiarbeit, so schätzt Inspektionsleiter Schmitz, entfallen auf Unfallaufnahmen auf der Rennstrecke.

Ossi Kragl ist Rennfahrer und intimer Kenner des Nürburgringes. Seit Jahren betreibt der BMW- und Porschepilot dort sein Renntaxi-Geschäft. Er chauffiert Kunden im Höchsttempo über die Nordschleife, jeder Zentimeter Asphalt ist ihm dort vertraut. Touristenfahrten nennt Kragl auch gerne „Terroristenfahrten“, deren Unberechenbarkeit Sorgen bereiten. „Es gibt zuwenig Respekt vor der Strecke“ glaubt Kragl. Obwohl mit Tüv-Siegel versehen, machten sich einige „Spaßvögel“ mit Autos auf die Strecke, die auch einen altgedienten Rennsportler wie Grüne-Hölle-Kenner Kragl in Angst und Schrecken versetzen. „Viele sind frisiert und schlecht gewartet. Wenn sie dann auf der Strecke Öl verlieren, ist das Dilemma da“, bescheinigt Kragl den „namenlosen Wilden“.

Zudem werde im Vergleich zu früher oftmals viel härter gefahren als in normalen Rennserien. Kragl: „Und das, obwohl es ja nur um die Goldene Ananas geht.“

Besondere Unfallhäufigkeitspunkte auf der Nordschleife habe er nicht ausgemacht: „Wenn Du schnell bist, ist jeder Millimeter Asphalt gefährlich.“

Im Falle eines Unfalls ist Hilfe nahe

Ring-Betreiber ist die Capricorn Nürburgring GmbH. „Die Nordschleife ist immer noch die anspruchsvollste Rennstrecke der Welt – und darauf weisen wir auch ständig hin. Wir nehmen jeden Vorfall ernst und schauen uns auch kleinere Unfälle genau an“, heißt es dort. Wenn nötig, werde die Strecke für Reparaturarbeiten oder Hilfseinsätze komplett geschlossen, um niemanden zu gefährden. Wörtlich fügte der Betreiber auf GA-Anfrage hinzu: „Sicherheit steht für uns an erster Stelle. Grundsätzlich ist es wohl deutlich besser, auf der Nordschleife einen Unfall zu haben, als auf einer normalen Landstraße.“

Dreifachleitplanken umranden ausnahmslos die komplette Strecke. Zudem gibt es größtenteils Fangzäune, die die Sicherheit von Teilnehmern und Zuschauern gewährleisten sollen. Innerhalb von wenigen Minuten kann im Falle eines Unfalls ein Einsatzteam vor Ort sein, versichern die Ringbetreiber. Je nach Verkehrsaufkommen stünden bis zu zwei Rettungswagen und zwei Notärzte bereit.

Zudem ist der Nürburgring seit Anfang des vergangenen Jahres Dauerstandort eines Intensiv-Rettungshubschraubers der Johanniter-Luftrettung. „Christoph Nürburgring“, so der Name des Helikopters, stehe innerhalb kürzester Zeit zur Verfügung. „Außerdem sind an den Brennpunkten um die Nordschleife Sportwarte positioniert. Weiterhin sind fünf mobile Streckensicherungsteams im Einsatz, die permanent über die Strecke patrouillieren“, führt der Ring-Betreiber seine Schutzmaßnahmen weiter auf. Was viele wohl nicht wissen: Während der Touristenfahrten hat die Straßenverkehrsordnung (StVO) mit allen verbindlichen Verkehrsvorschriften Gültigkeit. Zum Beispiel gilt ein Rechtsüberholverbot.

Regeln gelten auch auf dem Nürburgring

Darüber hinaus müssen die Grundregeln über die Fahrgeschwindigkeit entsprechend der Straßenverkehrsordnung eingehalten werden: „Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird“, heißt es in der Verordnung. Rennen mit Kraftfahrzeugen sind verboten. Dies schließt Geschwindigkeitsversuche einzelner Autos ausdrücklich ein.

„Du darfst natürlich nur so schnell fahren, wie es der Streckenabschnitt, Dein Auto, Deine Fahrerfahrung und der Verkehr zulassen“, lautet ein Passus in den „Spielregeln“, die für die „lieben Touristenfahrer“ im Internet für das „Green Hell Driving“ aufgelistet sind.

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