Ehrung für Bürgerin Hohe Auszeichnung für Brunhilde Stürmer aus Niederzissen

NIEDERZISSEN · Die Niederzissener Bürgerin und Buchautorin Brunhilde Stürmer erhielt jetzt in Berlin den Obermayer German Jewish History Award. Sie trage, so die Jury, seit 40 Jahren dazu bei, den Kampf gegen Intoleranz voranzubringen.

 Ehrung in Berlin: Evelyne Herschler (v.l.), Brunhilde Stürmer und Harvey Berger.

Ehrung in Berlin: Evelyne Herschler (v.l.), Brunhilde Stürmer und Harvey Berger.

Foto: General-Anzeiger

Eine besondere Ehre erfuhr Brunhilde Stürmer aus Niederzissen, die während einer Feierstunde im Berliner Abgeordnetenhaus mit dem renommierten Deutsch-Jüdischen Geschichts-Preis der amerikanischen Obermayer Stiftung ausgezeichnet wurde.

Kürzlich erschien ihr mit Brigitte Decker verfasstes Buch „Ein langer Weg – Die Geschichte der jüdischen Familien der Synagogengemeinde Niederzissen im Brohltal“. Seit dem berührenden Briefkontakt mit Richard Berger 1979 hat die Preisträgerin unermüdlich Berichte von Überlebenden und aus Archiven zusammengetragen.

Diese menschliche Begegnung mit einem Überlebenden der Naziverfolgung, Sohn des letzten Vorstehers der jüdischen Gemeinde Niederzissen, wurde für sie zum Schlüsselerlebnis, so dass sie schon damals den Entschluss fasste, den jüdischen Familien ein Erinnerungsbuch zu widmen. Sie recherchierte, erfasste Grabstätten auf dem jüdischen Friedhof in Niederzissen, schrieb dazu mit Gerd Friedt ein Buch, ist ebenso Mitautorin von „Zeugnisse jüdischen Lebens in Niederzissen“.

Auch sicherte sie Fundstücke vom Speicher der ehemaligen Synagoge im Ort, stieß deren Untersuchung mit an und engagierte sich für die Restaurierung der Synagoge. Seit 1979 hält sie Briefkontakt und Freundschaft mit jüdischen Familien in den USA, Israel, Australien, England, Schweden, Mexico, Niederlande und Südafrika.

Zum 18. Mal verliehen

Den Preis erhalten neben Stürmer die Joseph Gruppe (Berlin), Karl und Hanna Britz (Kehl), Volker Mall und Harald Roth (Herrenberg) sowie Horst Moog (Hamm). Zusätzlich geht an Margot Friedländer (Berlin) die Auszeichnung für besondere Leistungen. Initiiert hat die zum 18. Mal verliehene Auszeichnung Dr. Arthur S. Obermayer, amerikanischer Unternehmer und Menschenfreund mit süddeutschen Vorfahren. Er erkannte, dass sich eine wachsende Zahl deutscher Einzelpersonen und Organisationen für jüdische Kultur und das Bewahren jüdischer Geschichte einsetzt. Die Obermayer German Jewish History Awards würdigen diejenigen, die den in Deutschland noch vorhandenen Funken jüdischen Denkens wieder entzündet haben. Ihr Wirken spiegelt eine persönliche Beziehung zur jüdischen Geschichte wider und verkörpert das jüdische Konzept des tikkun olam (Reparatur der Welt).

So heißt es in der Begründung der Jury zu Stürmer: „Sie steht mit den anderen Preisträgern dafür, dass aus dem Anerkennen der dunklen Vergangenheit des Landes, die Motivation hervorgehen kann, Positives für Gegenwart und Zukunft zu bewirken.“

Zur Feierstunde waren neben der Familie auch Gäste aus den USA, Israel und Deutschland zugegen, die mit weiteren Unterstützern Stürmer weltweit für die Nominierung vorgeschlagen haben. Dabei begegneten sich auch erstmalig Verwandte, deren Vorfahren aus Niederzissen stammten und zur ehemals großen jüdischen Gemeinde gehörten, so Professor Asher Friesem aus Tel Aviv, der 2016 bei der 175-Jahr-Feier des Niederzissener Synagoge für die damals anwesenden Nachfahren sprach.

Die Laudatio auf Stürmer hielten, angereist aus den USA, Evelyne Herschler, Tochter der im Vorjahr 101-jährig verstorbenen Karoline Berger-Leven, letzte Überlebende der jüdischen Gemeinde Niederzissen, und ihr Cousin Harvey Berger, Sohn Richard Bergers, über den vor 40 Jahren Stürmers Aufarbeitung der jüdischen Geschichte begann.

Beide betonten, die Geschichte der Familien wäre ohne ihr Engagement im Nebel der Vergangenheit untergegangen. „Sie hat meine Familie, die aus der deutschen Geschichte verschwunden war, wieder zum Leben erweckt“, sagte Berger wörtlich. Auf John F. Kennedys legendäre Worte von 1962 hinweisend fügte Berger hinzu, er sei nun „ein Niederzissener“.

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