Weinanbau im Ahrtal "Frühe Traubenlese bestätigt Klimawandel"

DERNAU · Humorvolle, informative und praxisgerechte Referate beim Rotweintag der Ahr in Dernau. 120 Winzer und Weininteressierte informierten sich bei über neues Entwicklungen.

Hubert Friedrich, Leiter des DLR Mosel, spricht vor den Teilnehmern des Rotweintages in Dernau.

Hubert Friedrich, Leiter des DLR Mosel, spricht vor den Teilnehmern des Rotweintages in Dernau.

Foto: Martin Gausmann

Humorvoll, informativ und praxisgerecht zugleich waren die kurzweiligen Referate beim Rotweintag im Culinarium der Weinmanufaktur Dagernova in Dernau. Gut 120 Winzer und Weininteressierte informierten sich bei dieser Gemeinschaftsveranstaltung des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Mosel (DLR), des Weinbauverbandes Ahr, des Ahrtal-Tourismus und des Ahrwein-Vereins sowie des Weinbauversuchsrings Ahr unter anderem über neue Herausforderungen im Pflanzenschutz und Vorschläge zur besseren Bodenpflege im Steillagenweinbau.

DLR-Leiter Hubert Friedrich begrüßte die Gäste und wies darauf hin, dass die Veranstaltung künftig immer am Freitag nach Aschermittwoch stattfinden werde. „Der Zeitpunkt ist richtig gewählt“, bestätigte der Kreisbeigeordnete Horst Gies in Vertretung von Landrat Jürgen Pföhler, „denn der Saal ist heute voll.“ Erfreulicherweise habe der Wein von der Ahr ein hervorragendes Renommee, was auch von überregionalen Medien immer wieder bestätigt werde. Hinzu komme, dass die Weinköniginnen optimale Botschafterinnen für die Region und das Produkt seien, „aber es fällt auch leicht, ein so tolles Erzeugnis zu präsentieren“, sagte Gies. Von Seiten der Politik sieht er es als notwendig an, in Zukunft verstärkt den Steillagenweinbau in den Fokus zu nehmen, „denn Steillagenwinzer sind Helden“.

Hubert Pauly, Präsident des Weinbauverbandes Ahr, freute sich über viele hohe Auszeichnungen für die Weine von der Ahr und auch für die Vinotheken, in denen er vermarktet werde. „Eine tolle Eigenwerbung mit großer Außenwirkung“, stellte er mit Genugtuung fest. „Wir leben Wein und Brauchtum und demonstrieren einen starken Zusammenhalt innerhalb des Tales“, fügte er hinzu und bestätigte damit auch die Aussage, die Gebietsweinkönigin Theresa Ulrich kurz zuvor in ihrem Grußwort getätigt hatte.

Allerdings würden Landwirtschaft und Weinbau von immer weniger Personen ausgeübt, bedauerte Pauly. Anfang des 20. Jahrhunderts seien noch 38 von 100 Erwerbstätigen in der Landwirtschaft aktiv gewesen, heute seien es lediglich noch zwei. Gerade deshalb werde die Lobbyarbeit immer bedeutsamer, um die Anerkennung der Arbeit des Berufsstandes in der Gesellschaft zu erreichen. „Weinmarketing ist wichtiger geworden als die eigentliche Traubenproduktion“, war er überzeugt, dass auch die Ahrwinzer sich der globalen Weinvermarktung nicht entziehen könnten.

„Wir im Ahrtal gehen mit den uns gegebenen Ressourcen gut um, da eine fundierte Ausbildung und Sachkunde sowie das Bewusstsein einer langlebigen Produktion bei uns vorhanden sind“, wusste der Weinbau-Präsident. Auch für das kommende Jahr würden den Winzern die Themen nicht ausgehen, sagte er voraus. „Herausforderungen werden nach wie vor das Wetter, die Flurbereinigung und das Glaspfand sein – ich wünsche uns allen hierfür weiterhin gute Nerven.“

Dass es den Klimawandel tatsächlich gibt, wies Erik Lentes vom DLR anhand der phänologischen Daten der Weinrebe an der Mosel nach. Demnach habe sich der Beginn der Traubenlese seit 1952 um volle vier Wochen nach vorne verschoben. Für den Winzer habe diese Entwicklung sowohl Vor- als auch Nachteile. Unter anderem seien mittlerweile völlig neue und bislang unbekannte Schädlinge im Weinberg zu finden. Bekanntestes Beispiel sei die japanische Kirschessigfliege, die seit drei Jahren die Weinberge in Deutschland unsicher mache. Auch der Schadpilz Peronospora profitiere enorm vom Klimawandel, weil es auch im Ahrtal im Durchschnitt wärmer und feuchter werde und es nachts nicht mehr so stark abkühle. Auf diese Gegebenheiten hin müssten die Winzer künftig auch ihre Pflanzenschutzstrategie neu ausrichten.

Sorgen mache mittlerweile auch die Vergilbungskrankheit „Flavescense Dorée“, die von der amerikanischen Rebzikade übertragen werde. 2016 sei diese quarantänepflichtige Krankheit im Elsass festgestellt worden, und wegen der am Weinbaugebiet Ahr vorbeiführenden Autobahn A 61 sei es nicht ausgeschlossen, dass die Rebzikade auch in die hiesigen Gefilde importiert werde.

„Wenn die hier aufkreuzt, wird der Weinbau neu erfunden“, warnte Lentes die Winzer, die Augen aufzuhalten. Denn sämtliche befallenen Rebstöcke müssten ausnahmslos gerodet werden. Das habe in Frankreich bereits geschehen müssen.

Neue Verfahren für die Bodenpflege im Steillagenweinbau stellte Daniel Regnery vom DLR Mosel vor. Er warnte vor einer Erosion durch übermäßige Bodenbearbeitung, weil bei starkem Regen die wichtige Feinerde weggeschwemmt werden könne. Nach seinem Dafürhalten sei eine maschinelle Bearbeitung nur am Anfang der Vegetationsperiode sinnvoll, doch es gebe mittlerweile ein neues Pflegekonzept. Eine Begrünung der Bodenfläche zwischen den Rebreihen sei empfehlenswert, und wenn diese Maßnahme an ihre Grenzen gelange, riet er dazu, den Boden mit Holzhäcksel abzudecken. Das habe in einem Versuch an der Mosel bereits hervorragend funktioniert.

Weiter erläuterte Stephan Reuter von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz die aktuellen Änderungen in der EU-Weinbaukartei, und Hubert Friedrich stellte die „biologische Vielfalt als Marketing für Weinbausteillagen“ vor.

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