Elektronische Kommunikation Digitaler Dorfplausch in Bad Breisig

BAD BREISIG · Die Verbandsgemeinde Bad Breisig will mit neuen Apps das Word Wide Web umfassend nutzen. Geprüft wird aktuell, ob künftig alle Ratssitzungen der Kommune live ins Internet übertragen werden.

Ratssitzungen im Bad Breisiger Rathaus sollen schon bald live im Internet verfolgt werden können.

Ratssitzungen im Bad Breisiger Rathaus sollen schon bald live im Internet verfolgt werden können.

Foto: Martin Gausmann

Keine Frage: Die Digitalisierung hat trotz vieler Schattenseiten so manches schneller und einfacher gemacht: Freunde oder Geschäftspartner sind im Blitztempo überall auf der Welt zu erreichen, Bilder und Nachrichten werden ohne Briefumschlag und Porto ausgetauscht, Suchmaschinen ersetzen dicke Nachschlagewerke, Onlineformulare den Gang zu Behörden. Das Internet hat die Welt vermutlich ebenso verändert wie die Industrialisierung im 19. Jahrhundert.

Die Auswirkungen sind längst im ansonsten nicht gerade für ausufernde Dynamik bekannten öffentlichen Dienst angekommen: Bund und Land haben beschlossen, bis Sommer 2022 alle Verwaltungsleistungen auch digital anzubieten. Das hat Auswirkungen auf das kommunale Leben: Verwaltungsvorgänge werden zunehmend digital gestaltet.

In der Verbandsgemeinde (VG) Bad Breisig werden in besonderer Weise Weichen gestellt, was der Verbandsgemeinderat mit Wohlwollen begleitet.

„Gerade für Kommunen im ländlichen Raum entstehen so neue Chancen, das Leben der Bürger angenehmer zu gestalten“, heißt es in einer schriftlich verfassten Digitalstrategie des Rathauses. Sieben Handlungsfelder vom Tourismus bis zum Alltagsleben, von Bildungsarbeit bis zu Themenbereichen wie Arbeit und Soziales oder Wirtschaftsförderung hat die Verwaltung ermittelt, in denen digitale Lösungen verstärkt umgesetzt werden können. Dies nicht etwa in ferner Zukunft, sondern bald.

„Verwaltung und Bürger sollen näher zusammengebracht, eine höhere Transparenz soll geschaffen werden“, so Bürgermeister Bernd Weidenbach. Vor allem: Der Informationsfluss zwischen Rathaus und Bürger soll reibungslos und schnell vonstattengehen.

Einiges ist bereits umgesetzt: Die Webseite der Verbandsgemeinde ist benutzerfreundlich, öffentliches Wlan über Freifunk ist eingerichtet, die papierlose Gremienarbeit hat Einzug gehalten, statt Akten, Protokollen und Vorlagen gibt es Tablets, mit denen alle Sitzungsunterlagen online abrufbar sind.

Geplant ist nun eine Bürger-App, mit der die Bad Breisiger direkt per Smartphone mit der Verwaltung Kontakt aufnehmen können. In der App – so die Überlegung – wird zudem eine Art Newsletter angeboten. Facebook- und Instagram-Accounts sollen ebenfalls der Informationsweitergabe dienen. Tele-Arbeitsplätze und Home-Officenutzung sind weitere Bausteine beim Einzug in die große weite Digitalwelt. Geprüft wird aktuell, ob fortan nicht alle Ratssitzungen der Kommune live ins Internet übertragen werden.

In anderen Städten ist ein derartiges Vorhaben allerdings kläglich gescheitert: Nicht alle Ratsmitglieder wollen gefilmt werden, manche weigern sich gar, in ein Mikrofon zu sprechen. In Bad Breisig scheint man da aufgeschlossener zu sein. Geplant ist ferner ab Ende des Jahres eine App zum „digitalen Dorf-Plausch“. So sollen Menschen – mithilfe eines Moderators – in die Lage versetzt werden, sich einfach über alle Neuigkeiten in der Kommune auszutauschen. Neuigkeiten beim Bäcker oder Metzger erfahren, das war vorgestern.

Breiten Raum wird die zunehmende Digitalisierung im Tourismusgeschäft der Verbandsgemeinde einnehmen. Motto: informieren und mobilisieren. Digital informieren, reservieren, buchen und bezahlen, digitale Landschaftsführer, Payback-Systeme und Bilder von Sehenswürdigkeiten mithilfe von 360-Grad-Aufnahmen sind seit einigen Jahren Standard, jedoch ausbaufähig. In Bad Breisig wird dies jetzt angepackt. Noch in diesem Jahr wird das Paket geschnürt.

Aber auch auf völlig anderen Gebieten sollen die Chancen des World Wide Web genutzt werden: So möchte Bad Breisig beispielsweise Wohnungssuchenden helfen, indem die VG eine Liste über leer stehende Mietwohnungen veröffentlicht. Örtliche Unternehmen können ihre Stellenangebote bekannt geben, die lokale Wirtschaftsförderung kann über ein digitales Grundstücksmanagement an Expansion denkende Gewerbetreibende besser betreuen.

Auch Einkaufen soll in der Verbandsgemeinde Bad Breisig einfacher werden: mithilfe einer Bestell- und Liefer-App. Bürger können so einen guten Überblick über das Warenangebot des Einzelhandels bekommen und sich bei Bedarf beliefern lassen, was freilich die Bereitschaft der örtlichen Händler ebenso voraussetzt wie die entsprechende erforderliche Organisationsstruktur.

Bis 2020 will die Verbandsgemeinde ihre Füße fest in der digitalen Welt verankert sehen. Jedoch: Egal, ob im Dienstleistungssektor, im medizinischen Bereich oder beim Kontakt mit Behörden – der zwischenmenschliche Austausch wird vermutlich weiterhin das entscheidende Qualitätsmerkmal bleiben, zusätzlich zu Effizienz und Effektivität.

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