Etatberatung in Bad Breisig Die SPD hadert mit der Kommunalaufsicht

BAD BREISIG · Der Bad Breisiger Haushalt ist verabschiedet. Die Bürgermeisterin ärgert sich: „Man gewinnt den Eindruck, die Stadt stürze in ein großes Loch und könne nicht mehr existieren."

 Kostenfaktor Römer-Therme: 773 000 Euro Jahresverlust.

Kostenfaktor Römer-Therme: 773 000 Euro Jahresverlust.

Foto: Martin Gausmann

Über Formulierungen wie „Die desolate Finanzsituation der Stadt Bad Breisig lässt literweise Wasser in den Wein fließen“ oder „die Stadt steht finanziell am Abgrund“ kann sich Stadtbürgermeisterin Gabriele Hermann-Lersch reichlich ärgern. „Man gewinnt den Eindruck, die Stadt stürze in ein großes Loch und könne nicht mehr existieren“, so die Bürgermeisterin. Es sei nicht in Ordnung, die hoch verschuldete Stadt am Rhein in ihrer Außendarstellung auf ihre derzeitige wirtschaftliche Situation zu reduzieren. Dieses „reine Schwarzsehen“ diene keinem positiven Zweck. Es könne doch auch heißen „an Geld arme aber wunderschöne Perle hier am Rhein“. Was freilich nichts an den Zahlen ändert.

Der Haushalt für das kommende Jahr zeigt nämlich einmal mehr auf, dass Bad Breisig ohne Hilfe nicht aus der Schuldenfalle kommen wird. Die Verlustvorträge der Vorjahre drücken, die langfristigen Verbindlichkeiten sorgen für betretene Mienen, die hochdefizitären Römer-Thermen für Kopfzerbrechen, das prognostizierte Minus für 2018 von mehr als einer Million Euro im Ergebnis- und rund 800 000 Euro im Finanzhaushalt für wenig gute Laune in der Kämmerei und das bedrohliche Abschmelzen des Eigenkapitals für Alarmstimmung.

Hermann-Lersch wies nun in der letzten Ratssitzung des Jahres darauf hin, dass die Verschuldung der Stadt nicht über dem Landesdurchschnitt im Schuldenranking der Kommunen liege. Der Finanzausgleich durch das Land funktioniere nicht, aus Mainz fließe viel zu wenig Geld in die mit schlechter Steuerkraft ausstaffierte Stadt Bad Breisig.

Von ihren Gesamteinnahmen in Höhe von 11,7 Millionen Euro verblieben der Stadt nach Abzug der zu leistenden Umlagen (Kreis und Verbandsgemeinde) noch 5,7 Millionen für Kindergärten, Personalkosten, die Touristinformation, für Geschäftsaufwendungen, Tilgungen oder Zinsen. Aus dem Finanzhaushalt müsse zudem das Sorgenkinder der Stadt, die Römer-Therme (Jahresverlust: 773 000 Euro), finanziert werden, rechnete die Bürgermeisterin vor.

CDU-Fraktionschef Norbert Heidgen: „ Wir müssen feststellen, dass auf Dauer ein Jahresverlust in dieser Größenordnung für Bad Breisig nicht bewältigbar sein wird.“ Dennoch sei das Bad ein „unverzichtbarer Bestandteil der touristischen Infrastruktur“. Auch Heidgen wehrte sich gegen den Vorwurf, die Finanzprobleme der Stadt seien hausgemacht. Das Land lasse die Kommune vielmehr im Stich. So käme es zu einem „widersinnigen Bild“: Die Wirtschaft boome, die Steuereinnahmen sprudelten und trotzdem könne man in Bad Breisig keine Schulden abbauen. Heidgen: „Wir bleiben bei unserer Position, dass für die Zukunft der Stadt nach wie vor ein vernünftiger Mittelweg zwischen Haushaltskonsolidierung einerseits und sinnvollen Zukunftsinvestitionen andererseits notwendig ist.“

Stärkere Geschütze fuhr der Fraktionsvorsitzende der SPD, Bernd Lang, auf: Seit 13 Jahren gebe es keinen ausgeglichenen Haushalt mehr in der Stadt, obwohl Bad Breisig mit Zuschüssen „zugeschüttet“ worden sei. Trotzdem kratze die Stadt beim Schuldenstand an der 20-Millionen-Euro-Grenze. Mit Hilfe von Kassenkrediten – dem Dispositionskredit der Stadt – würden Investitionskredite getilgt, die Stadt lebe gewaltig über ihre Verhältnisse. Man stehe in der Tat eine „Nasenlänge vor dem Abgrund“. Lang: „Der Aufprall wird exakt an dem Tag erfolgen, an dem keine Bank mehr Kassenkredite geben will.“

Hart ins Gericht ging er in diesem Zusammenhang mit der Kommunalaufsicht, sprich: mit dem Landrat, der „durch viele Hunderte von Fototerminen bekannt“ sei. „Sich bei der Kommunalaufsicht ausdrücklich die Einzelkreditgenehmigungen vorzubehalten, um hinterher doch alles zu genehmigen, ist bürokratischer Hokuspokus, ist ein Musterbeispiels für Scheinlösungen und erlernte Hilflosigkeit.“ Lang weiter: „Das hat mit Kommunalaufsicht nichts zu tun. Das ist ein zahnloser Tiger.“ Eine Kommunalaufsicht, die pflichtgemäß handele, müsse die Annahme des Bad Breisiger Haushaltes ablehnen „und ihn unfrankiert zurückschicken.“

Die SPD bezeichnete die Haushaltssituation als „Schlamassel“. Jahrelang habe man sich den Mund fusselig geredet. Nun müsse den Bürgern reiner Wein eingeschenkt, die Ärmel hochgekrempelt und mit Tatkraft dafür gekämpft werden, dass der Stadt der Abgrund erspart bleibe.

Auch bei der FWG hielt sich die Freude über den Haushalt für das nächste Jahr in engen Grenzen: Robert Hoß sagte: „Das Durchlesen ist schon fast eine Strafarbeit, es ist wie das Durchforsten eines Jammertals.“ Wie bereits die CDU unterstrich auch die FWG, dass insbesondere das Land an der besorgniserregenden Bad Breisiger Finanzsituation im hohen Maß beteiligt sei.

Die Mainzer Regierung bediene sich „schamlos Geldern, die eigentlich den Kommunen zustehen würden“ Das Land komme seiner Fürsorgepflicht den Städten und Gemeinden gegenüber nicht nach. Bezüglich der städtischen Finanzen sprach sich die FWG für eine effizientere Kostenkontrolle aus.

Gegen die Stimmen der SPD, bei einer Enthaltung der FWG wurde der Bad Breisiger Haushalt für das Jahr 2018 beschlossen.

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