Passionsspiele in Rieden Das Oberammergau der Eifel

EIFEL · Mehr als hundert Darsteller haben die Passionsspiele in Rieden zu bieten. In der Inszenierung von Regisseur Hans-Peter Doll wird die Leidensgeschichte Jesu in einem fast dreistündigen Theaterstück aufgeführt.

 Weltbekannt: Die Szene mit Veronika und dem Schweißtuch.

Weltbekannt: Die Szene mit Veronika und dem Schweißtuch.

Foto: Martin Gausmann

Mehr als 100 Akteure stehen für die 22 Aufführungen der Leidensgeschichte Jesu auf der Bühne in der Dorfkirche. Seit Ende Januar laufen die Kostümproben für das dreieinhalbstündige Schauspiel.

Es hat etwas von Oberammergau, wenn in der Eifel die Passionsspiele über die Bühne gehen. Genauer gesagt in der Kirche von Rieden, die für Proben und 22 Aufführungen über Monate zum Theater umgebaut ist.

Nach sechs Jahren Vakanz wird die Leidensgeschichte Jesu wieder aufgeführt. Das zeigen nicht nur Wimpel an fast jedem Laternenmast in dem 1250-Seelen-Dorf zwischen Laacher See und Mayen. Einheimische wissen schon früher, wann wieder Spielzeit ist. Denn ohne Kommando von oben, in Oberammergau macht das der Bürgermeister, sprießen bei Männern aller Generationen die Bärte. Mal Flaum, mal gewaltig und in Weiß und Silbergrau. Nur unbedarfte Wanderer am Waldsee unterhalb des Dorfes mit den vielen Windrädern kommen ins Rätseln, wenn sie im Vorbeigehen Sprüche hören wie „Da ist Jesus mit Freundin“ oder „Christus hat eine Dauerkarte für Borussia Mönchengladbach“.

Passionsspiele in Rieden
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110-köpfige Darstellergruppe für 22 Aufführungen

Doch schon vor dem Sommer werden die Rollen verteilt. Traditionell an Palmsonntag, denn an einem solchen vor fast 2000 Jahren beginnt auch die Handlung der Spiele. Jesus, Maria, Judas, Kaiphas, der Hohe Priester, Ammon, der Pharisäer, und Pontius Pilatus – die großen Rollen sind doppelt besetzt. Denn sie haben viel Text und 22 Aufführungen am Stück wollen gemeistert werden. Dafür ist die 110-köpfige Truppe auf der Bühne, vom Kind bis zum Senior, vom Engel bis zum Legionär.

Alle hat Regisseur Hans-Peter Doll im Griff. Privat greift er eher zum Spannungsprüfer, denn der Mann, auf den seit 1985 alle hören, ist Elektrikermeister. Er ist der, der für die Dramatik den Kaiphas brüllen oder Ammon Jesus die Ohrfeige verpassen lässt. Die ist übrigens nicht gespielt und klatscht echt, was Jesus-Darsteller Claudio Civello-Hackenbruch so kommentiert: „Das tut richtig weh.“ Bei dem ganzen Spiel, das aus allen vier Evangelien zusammengewürfelt ist, ist er schon froh, das wenigstens Geißelung und Kreuzigung nicht original sind.

Die Proben nehmen alle ernst. Textsicher sind die Protagonisten, die sich ihre Rollen auf Kassette sprechen und bei langen Autofahrten lernen, schon seit dem Herbst. Geübt wird immer das ganze Stück, ohne Pause gerechnet fast drei Stunden.

Ernst braucht jedoch Einlagen, sonst macht er keinen Spaß. So hätte Regisseur Doll bei einer Probe beinahe graue Haare bekommen, wenn er sie nicht schon hätte, als Pharisäer Ammon den Gekreuzigten verspottete: „Wenn Du wirklich Gottes Sohn bist, dann steig doch hinab von Deinem Kreuz.“ Jesus nahm's wörtlich, stieg hinab und konterte: „Jetzt hast Du ein Problem.“ Und kein Problem ist es auch, wenn bei einer Probe – wie beim GA-Besuch – der dritte Mann am Kreuz fehlt.

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