Interview mit Gabriele Hermann-Lersch Bad Breisigs Ex-Bürgermeisterin zieht positive Bilanz

BAD BREISIG · „Bei den Bürgern wurden Ängste geschürt“, meint Gabriele Hermann-Lersch. Die frühere Bad Breisiger Stadtbürgermeisterin zieht trotz Querelen eine positive Bilanz ihrer Amtszeit, kritisiert allerdings die im Stadtrat seinerzeit praktizierte Fundamentalopposition.

Bad Bresigs Ex-Bürgermeisterin Gabriele Hermann-Lersch

Bad Bresigs Ex-Bürgermeisterin Gabriele Hermann-Lersch

Foto: Martin Gausmann

Von 2014 bis in den Sommer 2019 standen Sie an der Spitze der Stadt. Vor welchen Herausforderungen standen Sie bei Amtsantritt?

Gabriele Hermann-Lersch: Da das Amt der Stadtbürgermeisters seit Gründung der Verbandsgemeinde immer in Personalunion ausgeübt wurde, gab es keine Struktur für die Arbeit als Stadtbürgermeisterin. Es gab weder ein „Amtszimmer“ noch ein Sekretariat noch eine klare Regelung von Arbeitsabläufen. Eine solche Struktur konnte ich in Ansätzen aufbauen, die aber wohl durch die Aufkündigung des Arbeitszimmers im Rathaus wieder zunichte gemacht wird.

Wenn Sie nun Bilanz ziehen: Haben Sie Ihre kommunalpolitisch gesteckten Ziele erreicht?

Hermann-Lersch: Ich ziehe für meine Arbeit eine positive Bilanz. Wir sind mit dem Programm Aktive Stadt weitergekommen, ob an der Bachstraße, der kunstvoll gestalteten Unterführung unter der B 9, dem Kurpark mit seiner Treppenanlage oder dem Parkplatz an der Touristinformation. Insgesamt haben wir die Grünflächen der Stadt aufgewertet. Es wurden Spielplätze angelegt und alte Plätze überholt. Es wurden der Erwerb und die Sanierung der Sängerhalle in die Wege geleitet und vieles steht noch an, was in die Wege geleitet ist.

Zum Beispiel?

Hermann-Lersch: Die marode Fußgängerüberführung über der Bahn wird saniert. Es sind die ersten Schritte zur Realisierung eines weiteren Baugebiets auf der Bubenhelle gemacht worden wie auch für die Realisierung eines Gewerbegebietes im Norden der Stadt. Es wurde über unbeplante Flächen vom Bahnhof beginnend bis zur Jahnhalle ein Bebauungsplan aufgelegt, der nicht mehr jede Art der Bebauung zulässt, was Höhe und Nutzung betrifft und damit dem Interesse der Anlieger entspricht.

Vieles ist wohl auch nicht so direkt sichtbar, wie beispielsweise Kanalbauarbeiten.

Hermann-Lersch: Ich habe mich des Themas der Geothermie, also der Nutzung der Wärme der Quellen für ein Fernwärmenetz, angenommen und den Verkauf von Grundstücken an der Brunnenstraße, soweit städtisch, zur Ansiedlung von Gewerbebetrieben vorangebracht. Auch wird es einen neuen Kindergarten in Oberbreisig geben. Hinzu kommen in der Tat die vielen Straßenausbauten und Kanalarbeiten.

Ein wichtiges Thema war der Bahnhof. Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?

Hermann-Lersch: Die Erhöhung der Gleise und damit verbundene finanzielle Belastung wurde im Stadtrat beschlossen, damit Bad Breisig auch weiterhin für die Pendler und Schüler in kurzen Zeitintervallen mit den Oberzentren Bonn und Köln sowie Koblenz angebunden ist.

Knackpunkt in Bad Breisig ist seit vielen Jahren die Römer-Therme...

Hermann-Lersch: Das stimmt. Es wurde der Therme wieder eine Struktur in der Leitung und Führung gegeben. Die technischen Störungen sind, da erhebliche Investitionen in die Technik gemacht wurden, deutlich zurückgegangen, das Defizit verringert sich.

Woran hat es gelegen, dass sich die Stadt nicht so entwickelt konnte, wie von Ihnen gewünscht?

Hermann-Lersch: Ich denke, die Stadt hat sich nicht schlecht entwickelt, auch wenn einige politische Kräfte dies immer wieder behauptet haben. Der Kernhaushalt der Stadt ist nicht das Problem, hier sind die Verluste eher überschaubar. Losgelöst davon haben wir keinen Einfluss auf die meisten Ausgaben, da die Stadt Pflichtaufgaben zu erfüllen hat, leider aber notwendige Gelder hierfür vom Land nicht erhält. Ohne Haushaltsüberschüsse können bestehende Schulden nicht oder nur langsam zurückgeführt werden. Da sind wir in Rheinland-Pfalz nicht allein. Unser finanzielles Problem ist die Römer-Therme. Aber es ist keineswegs das einzige Schwimmbad im Deutschland, das Defizite erwirtschaftet. Die Thermen sind zwischen Oberwinter und Brohl-Lützing das einzige Hallenbad. Zudem ist das Thermalbad ein wichtiger Bestandteil von „Bad“ Breisig. Man muss das Defizit mit dem Daseinsfürsorgeauftrag der Stadt abwägen.

Trotzdem: Die Stadt steckt in der Kostenfalle.

Hermann-Lersch: Das Defizit bin ich angegangen. Und in der Tat hat sich das Defizit in den vergangenen Monaten reduziert.

Wie kam es zu dem – auch für Außenstehende – spürbaren Klimawechsel im kommunalpolitischen Miteinander?

Hermann-Lersch: Es war schon immer so, dass insbesondere einige Personen der SPD in Bad Breisig gegen die CDU wetterten. Es war „einfach alles schlecht“, was gemacht wurde. Die andere Volkspartei hat in der Vergangenheit erkannt, dass ihre Wähler es ihr nicht danken, wenn sie mit einer anderen Partei konstruktive Politik zum Wohl der Stadt betreibt. Deshalb wurde ich schon zu Beginn meiner Amtszeit darauf hingewiesen, dass jetzt eine Fundamentalopposition erfolgen werde, auch wenn am Anfang noch eine eher konstruktive Rats- und Ausschussarbeit erfolgte, was jedoch mit Näherrücken des Wahltermins zunehmend endete. Statt Maßnahme für die Stadt mitzuentwickeln, wurden bei den Bürgern Ängste geschürt. Da ging es nur noch darum, die CDU und deren Bürgermeisterin schlechtzureden.

Das Kommunalwahlergebnis war für Ihre Partei aber auch für Sie persönlich enttäuschend. Woran hat das gelegen?

Hermann-Lersch: Es ist einfacher, ein Schlagwort zu formulieren als einen komplizierten Sachverhalt darzustellen. Sachverhalte sind in der Regel nicht so einfach, wie man es sich aus der Außenbetrachtung wünscht. Notwendige Änderungen oder Umstrukturierungen führen immer auch zu Verlusten von teilweise Liebgewonnenem. Das aus persönlichen politischen Gründen auszuschlachten, statt sich nach entsprechender Diskussion hinter die mit Mehrheit beschlossene Entscheidung zu stellen, ist nicht zum Wohle einer Stadt.

Wie meinen Sie das?

Hermann-Lersch: Nehmen Sie die Römer-Thermen. Den Bürgern wurde gesagt, das Defizit wäre zu lösen, wenn Stadtbürgermeisterin und Geschäftsführerin „weg“ seien. Ein sinnvoller Vorschlag, wie eine Sanierung gelingen könne, wurde nicht gemacht und vom Bürger offensichtlich auch nicht erwartet. Beispiel: die geplante Stadthalle im Park Römertherme. Favorisiert wurde von mir immer eine Erweiterung der Turnhalle an der Grundschule, um Synergieeffekte zu nutzen. Hier hätte die Verbandsgemeinde als Schulträger aktiv werden müssen, was wegen einer mangelnden Fördermöglichkeit als nicht darstellbar angegeben wurde. Es gab dann die Chance, über den Bund 90 Prozent der Kosten als Zuschuss für einen Hallenneubau im Innenstadtbereich zu erhalten. Hier musste wegen der einzuhaltenden Fristen eine schnelle Standortentscheidung getroffen werden. Sofort wurde eine Bürgerinitiative gegen die Maßnahme gegründet, die zu diesem Zeitpunkt mangels Erreichbarkeit eines Zuschlages schon gar nicht mehr umgesetzt werden sollte.

Haben Sie mit Ihrem Amtsnachfolger eigentlich mal gesprochen? Hat er den Kontakt zu Ihnen gesucht?

Hermann-Lersch: Zu Sachthemen hat er nicht mit mir gesprochen, mir allerdings mit einem Blumenstrauß für meine Arbeit gedankt. Das hat mich sehr gefreut.

Wie bewerten Sie den Umstand, dass die örtlichen Parteien keinen Bürgermeisterkandidaten aufgestellt haben und nun ein Restaurantfachmann an der Spitze der Stadt steht, der von 1200 Menschen gewählt worden ist, und von rund 7000 nicht?

Hermann-Lersch: Die CDU hatte mich als Kandidatin aufgestellt. Die CDU hat mit der Wahl die Mehrheit und das Amt verloren. Dann wäre es folgerichtig gewesen, dass diejenigen, die offen zur Abwahl der CDU und der Bürgermeisterin aufgerufen hatten, nun einen Kandidaten stellen. Das geschah aber nicht, was dafür sprechen könnte, dass es den anderen Parteien nicht um einen besseren Kandidaten für das Bürgermeisteramt ging, sondern nur um eine Abwahl der CDU – egal was dann kommt. Wenn so viele Menschen nicht zur Wahl gehen, dann scheint es ihnen wohl nicht wert zu sein, dem Kandidaten ihre Stimme zu geben. Das könnte mangelndes Vertrauen oder auch Desinteresse sein. Aber auch ein mit wenigen Stimmen gewählter Kandidat kann das Amt gut ausführen. Ich wünsche ihm jedenfalls viel Glück.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort