Neues zum Unglück in Bad Breisig Verstorbener Dreijähriger ist ertrunken

BAD BREISIG · Das Obduktionsergebnis des nach dem Unfall in einer Kita verstorbenen Dreijährigen ist veröffentlicht. In Bad Breisig herrscht tiefe Trauer. Die Bürgermeisterin hat nun Details des tragischen Ereignisses geschildert.

In Bad Breisig ist nichts mehr, wie es einmal war. Tiefe Trauer und große Betroffenheit beherrschen die Stadt seit dem Unfall in der Kindertagesstätte „Regenbogen“, bei dem ein dreijähriger Junge ums Leben kam.

Wie der Koblenzer Oberstaatsanwalt Rolf Wissen am Donnerstag mitteilte, ist der Junge nach dem Ergebnis der Obduktion ertrunken. „Die von der Rechtsmedizin festgestellten Befunde sind nachvollziehbar mit einem Ertrinken vereinbar“, so Wissen.

Rückblick: Am Montagmorgen ist der Junge durch eine unverschlossene Hintertür aus der Kita entwichen und anschließend auf einem Nachbargrundstück in einen Teich gefallen. Dort wurde er kurze Zeit später bewusstlos aufgefunden. Vor Ort wurden unverzüglich Reanimationsmaßnahmen durchgeführt und der Junge wurde mit einem Rettungshubschrauber in die Kinderklinik Sankt Augustin geflogen. Dort ist er am selben Abend verstorben.

„Zur Feststellung der genauen Todesursache hat die Staatsanwaltschaft Koblenz ein sogenanntes Todesermittlungsverfahren eingeleitet, in dessen Verlauf auch die Frage eines eventuellen Fremdverschuldens geprüft wird. Weitere Einzelheiten können erst nach Durchführung aller erforderlichen Ermittlungen, die sich derzeit nicht gegen bestimmte Personen richten und noch eine geraume Zeit in Anspruch nehmen werden, mitgeteilt werden“, erklärte am Mittwoch Rolf Wissen von der ermittelnden Staatsanwaltschaft Koblenz.

Zuständige Fachaufsichtsbehörde für die Kita ist nach Angaben des Ahrweiler Kreishauses das Landesjugendamt, das unter anderem die Betriebserlaubnisse für die Kitas erteilt. Das Landesjugendamt wurde am Tag des Vorfalls durch die Stadt Bad Breisig als Träger der Kita und das Kreisjugendamt eingeschaltet und hat die Einrichtung aufgesucht. Das Jugendamt und das Gesundheitsamt des Kreises stehen im engen Kontakt mit allen Beteiligten. Die Familie wird über das Jugendamt betreut. Das Gesundheitsamt hat den Erzieherinnen Hilfe angeboten.

Immer noch fassungslos ist Stadtbürgermeisterin Gabriele Hermann-Lersch, die dem General-Anzeiger bestätigte, dass das Kind aus einer tschetschenischen Flüchtlingsfamilie stammt: „Es war das dritte Kind der Familie und wurde hier geboren.“ Sie sei „tief betroffen von dem erschütternden Unglücksfall“ und will „alles dafür tun, dass so etwas nicht mehr passieren kann“.

Es sei ein tragischer Umstand, dass gerade eine Fluchttür im hinteren Bereich der Kita, wo Vorratsräume und normalerweise keine Kinder sind, das Verschwinden des kleinen Jungen ermöglicht habe. „Fluchttüren müssen laut Brandschutzgesetz immer offen sein“, so die Juristin Hermann-Lersch. „Das Problem war, dass der Türgriff normal, und nicht wie bei den anderen Kita-Türen in Kopfhöhe angebracht war. Das wird sofort geändert.“ Dass es das Problem mit der Tür gegeben habe, sei ihr jedoch vor dem Vorfall nicht bekannt gewesen.

Den Vormittag in der Kita schildert Hermann-Lersch, die mit allen Erzieherinnen gesprochen hat, so: „Das Kind gehörte zu einer 15-köpfigen Gruppe mit zwei Erzieherinnen. Und es ist sofort aufgefallen, dass der Kleine nicht mehr da war. Aber die Kita ist eine offene Einrichtung und es kann durchaus vorkommen, dass Kinder spontan eine andere Gruppe besuchen. Dafür melden diese sich normalerweise ab, was bei einem Dreijährigen jedoch nicht so einfach ist. Die Erzieherinnen haben daraufhin alle Gruppenräume, Toiletten, Duschen und Nebenräume sowie die beliebten Verstecke der Kinder abgesucht, aber den Jungen nicht gefunden.“

Dann sei alles im Umkreis der Fluchttür abgesucht worden, zwischen parkenden Autos der Mitarbeiterinnen, unter den Autos. Hermann-Lersch: „Dann haben die Erzieherinnen auf das Nachbargrundstück geschaut, ihn dort aber auch nicht entdeckt. Abgesucht wurde in der Folge der komplette Heimweg des Kindes bis zu seinen Eltern. Die Sorge wurde immer größer.“ Das alles habe keine halbe Stunde gedauert. Erst dann habe es einen Hinweis gegeben, dass es auf dem Nachbargrundstück einen Gartenteich gibt, den man von der Einfriedung aus nicht habe sehen können.

„In dem Teich wurde der Kleine dann gefunden. Es ist ein tragisches Unglück. In den 40 Jahren der Kita ist nie etwas passiert“, sagte Hermann-Lersch dem General-Anzeiger. Als Juristin sieht sie bei der Haftungsfrage folgende Punkte kritisch: Der Junge habe die Fluchttür alleine öffnen können und das Tor zum Nachbargrundstück habe offenbar offen gestanden und es dem Kind so ermöglicht, auf das Grundstück mit dem Teich zu kommen.

Hermann-Lersch nennt aber ein Problem: „Grundstückseigentümer haften zwar, aber es gibt keine gesetzliche Pflicht, einen Gartenteich abzusichern.“ Dies alles zu klären und zu werten, sei jetzt Sache der Staatsanwaltschaft. Zu klären sei auch die Frage, wie man eine Kita so absichern könne, dass nichts passieren kann.

Verbandsbürgermeister Bernd Weidenbach sprach gestern von „einem sehr tragischen Unfall“ und der „schlimmsten Sache, die in einer Kita passieren kann“. Die Stimmungslage in Stadt und Verbandsgemeinde beschreibt Weidenbach als „zutiefst bestürzt“ und auch er spricht den Angehörigen stellvertretend für alle Bürger „größtes Mitgefühl und Beileid aus“. Weidenbach sagte, die Kita bleibe noch bis zum Wochenende geschlossen. Am Donnerstagabend sei dort ein Elternabend geplant, um darüber zu informieren, „wie es in der Einrichtung weitergeht“.

Dass die Bürger mitfühlen, davon zeugen Blumen, Kerzen und Plüschtiere vor der Kita Regenbogen. Ein Regenbogen, der durch eine Verquickung von fatalen Umständen, eine offene Tür und eine offene Gartenpforte, zurzeit seine Farben und seine Fröhlichkeit verloren hat. (dpa)

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