Freie Wähler schalten Kommunalaufsicht ein Bürgermeister-Kandidaten in Sinzig droht Ärger

BAD BREISIG/GÖNNERSDORF · Martin Braun, der Bürgermeister in Sinzig werden will, hat als Ortsbürgermeister von Gönnersdorf jahrelang Rechnungen liegen lassen. Mieter des Dorfgemeinschaftshauses haben angeblich seit fünf Jahren keine Zahlungsaufforderungen bekommen.

Der Gönnersdorfer Ortsbürgermeister und CDU-Kandidat für das Bürgermeisteramt in Sinzig, Martin Braun, sieht sich schweren Vorwürfen ausgesetzt: Seit Mitte 2012 – also seit nunmehr fünf Jahren – seien privaten Nutzern des Dorfgemeinschaftshauses Gönnersdorf – sowohl einheimischen als auch auswärtigen – vonseiten der Ortsgemeinde keine Nutzungsentgelte mehr berechnet worden. Das gelte seit November 2014 auch für den Friedhof. „Die aufgelaufenen Einnahmeausfälle dürften deutlich mehr als 10 000 Euro betragen“, rechnete die FWG-Fraktion im Gönnersdorfer Gemeinderat vor. Die FWG hat nun die Kommunalaufsicht eingeschaltet. Die Wählergemeinschaft spricht von einer „unglaublichen Angelegenheit“. Braun weist die Vorwürfe zurück.

Bereits vor rund zehn Monaten habe Ortsbürgermeister Martin Braun (CDU) – im Hauptberuf Abteilungsleiter bei der Kreisverwaltung und seit April Bürgermeisterkandidat in Sinzig – auf Anfrage die in der Gönnersdorfer Bürgerschaft kursierenden Gerüchte bestätigt, dass Gebühren für die Nutzung des Dorfgemeinschaftshauses und des Gemeindefriedhofes seit Jahren nicht mehr in Rechnung gestellt worden seien, so die FWG.

Deren Fraktionschef Hans-Josef Marx: „Gleichzeitig hatte Braun zugesagt, die ausstehenden Forderungen gegenüber den Nutzern zeitnah geltend zu machen. Zunächst bis Oktober 2016, später bis Dezember 2016 und zuletzt bis zum ersten Quartal 2017 hatte er die Erledigung zugesagt. Darauf hatten sich die Ratsmitglieder verlassen. Vergeblich, wie sich jetzt herausstellt.“ Nachdem die bis ins Jahr 2012 zurückreichenden Forderungen bis Mai 2017 immer noch nicht aufgearbeitet worden und auch die seit September 2016 fällig gewordenen neuen Entgelte für das Dorfgemeinschaftshaus und den Friedhof nicht in Rechnung gestellt worden seien, habe die FWG veranlasst, die leidige Angelegenheit auf die Tagesordnung der Gemeinderatssitzung vom 26. Juni zu setzen. Gleichzeitig sei Bürgermeister Braun gebeten worden, den Rat über die tatsächliche Höhe der Außenstände zu informieren.

Marx: „Diese Information blieb trotz einer Vorlaufzeit von fünf Wochen aus.“ Stattdessen sei die von der FWG beantragte Beratung in die nichtöffentliche Sitzung „verbannt“ worden. Braun habe dies mit „schutzwürdigen Interessen Einzelner“ erklärt und „Gründe des Gemeinwohls“ angeführt. In der nichtöffentlichen Beratung habe Braun dann lediglich mitgeteilt, die Höhe der seit fast fünf Jahren beziehungsweise seit November 2014 offen stehenden Nutzungsentgelte könne er dem Rat noch nicht mitteilen.

Die FWG hat nun die Aufsichtsbehörde eingeschaltet und gebeten, mit Maßnahmen der Kommunalaufsicht eine umgehende Geltendmachung der Forderungen zu veranlassen. Für Gönnersdorf gehe es „um sehr viel Geld“. Mit Blick auf die zwischenzeitlich verstrichene Zeit möglicherweise auch darum, in einigen Fällen eine drohende Verjährung von Ansprüchen abzuwenden.

Auf Anfrage bei der Verbandsgemeindeverwaltung, ob im Bad Breisiger Rathaus die Einnahmen und Ausgaben der angeschlossenen Ortsgemeinde vom Rechnungsprüfungsamt kontrolliert würden und wieso die fehlenden Einnahmen trotz entstandener Ausgaben offenbar unbemerkt geblieben sind, antwortete Verbandsbürgermeister Bernd Weidenbach: „Die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben sind nicht Gegenstand der Haushaltsberatungen, sondern der Jahresabschlüsse. Diese wurden jeweils dem Rechnungsprüfungsausschuss vollständig vorgelegt und anschließend im Gemeinderat einstimmig festgestellt sowie Entlastung erteilt.“

Weidenbach bestätigte, es treffe zu, dass in den Bereichen Friedhofswesen und Gemeindehaus noch Nutzungsentgelte zu erheben seien. „Die Gebührenerhebung wird, wie in der Gemeinderatssitzung vom Ortsbürgermeister ausdrücklich zugesagt, in Zusammenarbeit mit der Verbandsgemeindeverwaltung bis Ende des Monats Juli vollständig abgerechnet sein, so dass für die Gemeinde kein finanzieller Nachteil entsteht.“

Die Vergabe der Grabstellen auf den Friedhöfen und die Vermietung der Dorfgemeinschaftshäuser der Ortsgemeinden werde alleine durch die Ortsbürgermeister vorgenommen, so Weidenbach. Die von den Ortschefs der Verwaltung vorgelegten Daten bildeten die Grundlage für die Abrechnung und Vereinnahmung der Gebühren. Da Braun jedoch nach FWG-Darstellung nichts weitergeleitet hatte, sei auch nichts abgerechnet worden.

Martin Braun nahm gestern Abend Stellung: „Soweit in Gönnersdorf Gebühren und Entgelte bislang noch nicht erhoben wurden, hat das rein organisatorische Gründe. Insbesondere sind keine Abrechnungen „vergessen“ worden. Bei den jetzt in Rede stehenden Gebühren handelt es sich um Beträge, die für den Friedhof und die Benutzung des Dorfgemeinschaftshauses anfallen.“ Als Ortsbürgermeister kümmere er sich dabei ehrenamtlich um alle organisatorischen Fragen. Im Falle des Gemeindehauses um die Terminvergabe, die konkrete Übergabe der Räume an die Nutzer und auch die anschließende Abnahme. In der Folge erstelle die Verbandsgemeinde dann im Auftrag der Ortsgemeinde die Abrechnung.

„Aus organisatorischen Gründen können diese Abrechnungen nun erfolgen. Ein finanzieller Nachteil oder Schaden ist der Gemeinde nicht entstanden“, so Braun. Diese Information habe er dem Gemeinderat in der Sitzung am 26. Juni mitgeteilt. Da es dabei um personenbezogene Daten und damit „schutzwürdige Interessen Dritter“ gegangen sei, habe der Tagesordnungspunkt nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung im nichtöffentlichen Teil beraten werden müssen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort