Schutz vor Unwetterschäden Auch Regenwasserzisternen können helfen

Wachtberg · Die Wachtberger Gemeindevertreter Jörg Ostermann und Volker Strehl berichten über Möglichkeiten der Unwettervorsorge. Hausbesitzer und Kommune können noch einiges tun.

 Wachtbergs Beigeordneter Jörg Ostermann (links) und Volker Strehl, Vorstand der Gemeindewerke, vor einer Karte der Gemeinde, auf der die Niederschlagsmengen des jüngsten Unwetters notiert sind.

Wachtbergs Beigeordneter Jörg Ostermann (links) und Volker Strehl, Vorstand der Gemeindewerke, vor einer Karte der Gemeinde, auf der die Niederschlagsmengen des jüngsten Unwetters notiert sind.

Foto: Axel Vogel

Herr Ostermann, Herr Strehl, kann man Hausbewohnern angesichts des jüngsten Unwetters überhaupt noch Präventionsbotschaften mit auf den Weg geben?
Jörg Ostermann:Bei Unwettern dieser Dimension nicht mehr so richtig. Schließlich war das Ereignis am 4. Juni so eine negative Konstellation aus Wetterfaktoren und geografischen Gegebenheiten, die einen aus Verwaltungssicht ein Stück weit hilf- und machtlos macht.

Was meinen Sie damit genau?
Ostermann:Der Starkregen über Fritzdorf und Werthhoven hat zu solchen Wassereinträgen vor allem in den Arzdorfer Bach geführt, dass sich eine regelrechte Flutwelle in Richtung Villip, Pech und Godesberger Bach ergoss, die mit keinem Schutzbauwerk hätte verhindert werden können. Zudem darf man nicht vergessen: Anders als am Mehlemer Bach, wo wir noch die Zeit hatten, die Anwohner in Niederbachem und auch in Mehlem vorzuwarnen, kam die Hochwasserwelle in Villip, Pech und Bad Godesberg ohne jede Ankündigung.

Lassen sich demnach keine Handlungsmöglichkeiten ableiten?
Ostermann: Doch. So werden wir in Fritzdorf und in Werthhoven über Maßnahmen nachdenken müssen, die das Wasser von den Ortslagen fernhalten sollen. Auch müssen wir den Godesberger Bach, der bislang völlig unauffällig war, nun verstärkt in den Blick nehmen.

Fünf in Wachtberg zerstörte Brücken scheinen auch darauf hinzudeuten, dass die öffentliche Infrastruktur auf die neuen Gegebenheiten abgestimmt werden muss.
Ostermann: Darauf werden wir auch bei dem Neubau der vier zerstörten Brücken achten, für die wir zuständig sind. Aus dem Grund wird wohl langfristig auch kein Weg an einer neuen Brücke an der Straße Im Bruch in Villip vorbeiführen, die der Arzdorfer Bach geflutet hatte. Sicherlich wird generell das Problem sein, effektive Maßnahmen zu finden und so zu dimensionieren, dass sie unter dem Kosten-Nutzen-Effekt Sinn machen.

Wie immer nach solchen Unwettern wurden auch wieder Rufe nach hoheitlichen Schutzmaßnahmen wie Rückhaltebecken und eine Reduzierung von Versiegelungen laut.
Ostermann:Wir haben an zwei Rückhaltebecken in der benachbarten Grafschaft gesehen, dass auch solche Maßnahmen keine hundertprozentige Sicherheit gewährleisten. Beide Becken waren irgendwann ebenfalls voll und liefen über. Insofern gaukelt diese Debatte eine Scheinsicherheit vor, die es nicht gibt. Auch weniger Versiegelungen hätten an den jüngsten Unwetterschäden nichts geändert. Schließlich ist der Starkregen im Wesentlichen über zwei Ortschaften niedergegangen, die extrem wenig bebaut und versiegelt sind. Trotzdem konnten die Regenmengen nicht abgeführt werden. Allerdings werden wir sehr wohl am Godesberger Bach, ähnlich wie für den Mehlemer Bach geschehen, gemeinsam mit der Stadt Bonn über Hochwasserrückhaltung nachdenken.

Wie können Privatleute ihre Unwettervorsorge verstärken?
Strehl:Wir müssen uns auch über neue Wohnkonzepte unterhalten, die Rücksicht darauf nehmen, dass Häuser in Unwetterzonen liegen. So habe ich mit einem Mann gesprochen, der in Fritzdorf ein Haus gekauft hat, dessen Keller gerade unter Wasser stand. In dem Keller will der Mann Akten lagern. Da sage ich: Das muss man dann überdenken, wenn man ein Haus auf einer Fläche besitzt, in das Regenfluten eindringen können. In solchen Fällen gehört nur noch das in den Keller, was man unbedingt dort braucht. Etwa große Haushaltsgeräte.

Herr Ostermann, Sie appellieren an Eigenvorsorge, gleichzeitig kündigten Sie bereits an, dass die Gemeinde auch Privathäuser schützen wird. Wie das?
Ostermann: Es ist richtig, dass wir bei einer Handvoll Häuser in Niederbachem eine Art Objektschutz betreiben werden. Dabei handelt es sich eben um Grundstücke am Mehlemer Bach, die durch Maßnahmen am und im Gewässer nicht mehr wirksam gegen Hochwasser geschützt werden können. Daher wird eine Maßnahmenkombination entwickelt, zu der auch mobile oder feste Wände gehören. Grundlage dafür ist, dass der Rat beschlossen hatte, dass ein hundertjähriges Hochwasser schadlos in einer Ortslage abzuführen ist. Bei dieser Handvoll Häuser in Niederbachem ist dies nur noch mittels jenes Objektschutzes möglich.

ZUR PERSON:

Jörg Ostermann ist 55 Jahre alt und stammt aus Westfalen. Der Vater von zwei erwachsenen Töchtern ist seit 2010 Beigeordneter der Gemeinde Wachtberg und lebt im Ortsteil Kürrighoven. Zuvor war Jörg Ostermann Kämmerer in Bad Lippspringe.

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