Vorsorgekonzept gegen Überflutung Altenahr wappnet sich gegen Hochwasser und Starkregen

Altenahr · Die Verbandsgemeinde Altenahr wappnet sich mit einem Vorsorgekonzept gegen Starkregen und Überflutungen. Das Ingenieurbüro Klaus Siekmann aus Thür hat dazu einen 300 Punkte umfassenden Maßnahmenkatalog entwickelt.

 Hochwasser in Dernau am 2. Juni 2016. Die Bundesstraße wurde zum Wasserlauf.

Hochwasser in Dernau am 2. Juni 2016. Die Bundesstraße wurde zum Wasserlauf.

Foto: DPA

Hochwasser hat es zu allen Zeiten an der Ahr gegeben. Am Altenahrer Straßentunnel zeigen Bronzemarken die jeweiligen Stände an. Auch den von 1910. Bei diesem Jahrhunderthochwasser am 13. Juni vor 108 Jahren kamen 52 Menschen ums Leben.

Das letzte große Hochwasser war am 2. Juni 2016. Land unter an der ganzen Ahr. Die Bundesstraße 267 in Dernau wurde zur „Wasserstraße“, in Mayschoß wurde der Waagplatz geflutet, Helikopter mussten Camper in Altenburg vor den Fluten retten und in Altenahr wurde der Straßentunnel zum Nebenfluss der Ahr.

Doch schon vor den Ereignissen des 2. Juni vor zwei Jahren hat die Verbandsgemeinde Altenahr Strategien zur Hochwasser- und Starkregenvorsorge entwickelt. So wurde bereits 2013 Frank Heuser, der technische Leiter des Abwasserwerks Mittelahr, vom Verbandsgemeinderat zum Hochwasser- und Starkregenbeauftragten bestellt.

„Hochwasser gibt es mindestens einmal im Jahr, Starkregen ist nicht vorhersehbar“, sagte Bürgermeister Achim Haag. Gemeinsam mit Frank Heuser und Büroleiter Wolfgang Stodden gab er im Rathaus Kunde davon, dass sich die Arbeiten am Hochwasser- und Starkregenvorsorgekonzept der Verbandsgemeinde in der Endphase befinden. 14 Ortsbesichtigungen und auch Gespräche mit betroffenen Bürgern hat es in den vergangenen zwei Jahren gegeben. Herausgekommen ist ein 300 Punkte umfassender Maßnahmenkatalog, den das Ingenieurbüro Klaus Siekmann aus Thür entwickelt hat.

Zahlen zur Umsetzung des Konzepts gibt es noch nicht

„Dabei haben wir bewusst Wert darauf gelegt, dass bei den Einzelmaßnahmen die Kostenfrage im Konzept keine Rolle spielt“, sagte Heuser. Vieles lasse sich in Eigenregie der Ortsgemeinden regeln, anderes, wie die bereits vollzogene Neuverrohrung des Altenahrer Roßbergs, koste eben mehr als eine Million Euro. Zahlen, was die Umsetzung des Konzeptes anbelange, gebe es noch nicht, erklärte Haag. Zunächst gehe es um das Wo und Wie.

So gehöre Schutz vor Hochwasser oder Starkregen auch zur Dorfentwicklung, fand Heuser und nannte das geplante neue Gewerbegebiet in Dernau als Beispiel: „Dort ist ein Rückhaltebecken ein Muss.“ Andernorts, wie in Kalenborn, sei ein Rückhaltebecken für den Einlauf in den Swistbach am Neubaugebiet entstanden, und was die wenigsten wüssten: „Unter dem Waagplatz in Mayschoß ist ein Becken mit einer Kapazität von 350 Kubikmetern.“ Dennoch gebe es noch viel zu tun: von Verbandsgemeinde, Ortsgemeinden und auch Bürgern. An Letztere richten Haag und Heuser den Appell, sich bei der bis zum Herbst anstehenden Bürgerbeteiligung zum Vorsorgekonzept einzubringen mit ihren eigenen Erfahrungen und Anregungen.

Und ob Grundstücke oder Häuser von Bürgern in gefährdeten Bereichen liegen, also im Hochwassergebiet der Ahr oder in Fließstrecken bei Starkregen, dass können Interessierte ab kommender Woche auf der Homepage der Verbandsgemeinde Altenahr auf den jeweiligen Karten einsehen: www.altenahr.de.

Haag hofft, dass bis zur Oktobersitzung des Verbandsgemeinderates das Konzept so steht, das es zur Genehmigung nach Mainz gegeben werden kann. Denn von dort kommen auch die Zuschüsse für das Strategiepapier, das mit 90 000 Euro zu Buche schlägt. Die Förderung des Landes liegt bei 90 Prozent.

Über Förderung der 300 Maßnahmen wird im Einzelfall entschieden

Über die Förderung der rund 300 aufgeführten Maßnahmen wird laut Heuser im Einzelfall entschieden. „Einige Ortsgemeinden haben bereits nach den Ortsterminen kleine Lösungen für ihr Problem gefunden, auch haben sich Initiativen gegründet, die sich wie in Dernau für das Freihalten von Kanälen einsetzen oder das Ahrufer gereinigt und teilweise gerodet haben“, erklärte Heuser, der einräumte, dass an einigen Stellen dabei durchaus übers Ziel hinaus geschossen wurde. Mancherorts, wie im Ahrbogen bei Ahrbrück, sei es wichtig, dass dort die Bäume stehen bleiben. „Wenn das, was dort 2016 beim Hochwasser an Treibgut aufgehalten wurde, weitergeschwemmt worden wäre, hätte es ahrabwärts übel ausgehen können“, sagte Heuser.

Aber egal, was passiere, entweder sei das Abwasserwerk schuld, oder die Anrainer. „Weder noch“ fand der Hochwasser- und Starkregenbeauftragte. So habe das Abwasserwerk alle Kanäle der Verbandsgemeinde einer neuen hydraulischen Messung unterzogen und Schlussfolgerungen gezogen. So werden zum Beispiel in Ahrbrück zwei eingerohrte Bachläufe in einen neuen Kanal gefasst. Dieser soll dann so in die Ahr geführt werden, dass das Dorf bei künftigen Ereignissen nicht mehr berührt wird. Seine Devise bei Starkregenereignissen: Wasser möglichst fernhalten und ableiten, ohne dass es größeren Schaden anrichten kann.

Haag ergänzt: „Alles, was wir tun, ist Vorsorge. Jedes Hochwasser kann jedoch noch höher werden. Und jeder ist zunächst verpflichtet, sein Eigentum selbst zu schützen und Schaden abzuwenden.“ 2016 stand der Pegel Altenahr bei 3,79 Meter. 40 Zentimeter mehr sind laut den Prognosen der Oberen Wasserwirtschaftsverwaltung noch möglich.

Heuser ist indes auf eines stolz: „Mehr als 300 Kommunen im Land arbeiten an einem Hochwasserschutzkonzept. Wenn wir unseres einreichen, sind wir unter den ersten zehn, die fertig sind.“

Infos: Bürger, die Fragen zum Schutz vor Hochwasser oder Starkregen haben, können sich an Frank Heuser wenden: 0 26 43/8 09 20 oder frank.heuser@altenahr.de.

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