Nürburgring-Prozess Aktenberge und kein Ende

KOBLENZ · Es ist fast schon ein Ritual. Immer wieder füllt sich der Saal im Koblenzer Landgericht mit den gleichen Richtern, Staatsanwälten, Verteidigern und Angeklagten. Vor einem Jahr begann das Mammut-Untreue-Verfahren zum Nürburgring-Ausbau.

Ingolf Deubel, Walter Kafitz und Co. dürften den Saal 102 des Koblenzer Landgerichts mittlerweile so gut kennen wie ihre Westentasche. Der ehemalige rheinland-pfälzische SPD-Finanzminister, der Ex-Chef des Nürburgrings sowie drei weitere Angeklagte sitzen dort seit einem Jahr in steter Regelmäßigkeit. Der Raum ist Schauplatz des Untreue-Prozesses zur gescheiterten Privatfinanzierung des Nürburgring-Ausbaus.

Am 16. Oktober 2012 begann das Mammutverfahren. Ein Ende ist nicht absehbar. Akribisch aufgearbeitet wird von den Koblenzer Richtern um Winfried Hetger ein Skandal, der seit Jahren die Landespolitik umtreibt - der rund 330 Millionen Euro teure Freizeitpark am Ring. Bauen ließ ihn die SPD-Alleinregierung unter Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) einst, um mehr Besucher in die strukturschwache Eifel zu locken.

Doch der Komplex war völlig überdimensioniert, die Suche nach einem Privatinvestor scheiterte 2009 spektakulär, als sich der Scheck eines angeblichen Geldgebers als ungedeckt erwies. Deubel trat zurück, finanziell einspringen musste letztlich das Land.

In dem Verfahren geht es nun etwa um eine mögliche Gefährdung von Steuergeld. Deubel, Kafitz und ein Ex-Controller des Rings sind wegen Untreue angeklagt. Dem ehemaligen Geschäftsführer der Förderbank ISB, Hans-Joachim Metternich, und einem weiteren Manager wird Beihilfe zur Untreue vorgeworfen.

Ursprünglich saß auch der frühere Ring-Finanzchef Hans-Jürgen Lippelt mit auf der Anklagebank, doch das Verfahren gegen ihn wurde im Februar 2013 wegen Krankheit abgetrennt. Massenhaft Dokumente wurden inzwischen verlesen. Deubels 240-seitige Stellungnahme zu den Vorwürfen mit rund 300 Fußnoten glich einer Doktorarbeit, bisweilen einem Crashkurs in Finanzwissenschaft. Sein Vortrag erstreckte sich über mehrere Tage, die Vorwürfe wies der 63-Jährige in lautem Ton von sich.

Allerlei prominente Zeugen traten im Landgericht auf, darunter der ehemalige Ministerpräsident Kurt Beck, seine Nachfolgerin Malu Dreyer (beide SPD) und weitere ehemalige und aktuelle Mitglieder des rheinland-pfälzischen Kabinetts. Sie alle stellten sich grundsätzlich hinter Deubel. Der Neuigkeitswert ihrer Aussagen: eher übersichtlich.

Das traf auch auf den Auftritt des Schweizer Geschäftsmanns Urs Barandun zu. Er hatte einst den angeblichen Investor ins Spiel gebracht und war danach monatelang untergetaucht. Vor dem Landgericht stellte er sich im März als Ingenieur und Ökonom vor und sagte zur Sache - nichts. Barandun berief sich auf sein Aussageverweigerungsrecht und zog wieder von dannen.

Wie lange der Ring die Richter noch beschäftigt, steht in den Sternen. Bislang sind weitere 16 Verhandlungstage bis zum 10. Dezember 2013 angesetzt. "Ob das Verfahren dann - oder vielleicht auch früher - beendet sein wird oder noch fortgesetzt werden muss, ist derzeit vollkommen offen", sagt der Koblenzer Oberstaatsanwalt Rolf Wissen. Es wird also vermutlich noch einige Male in den Fluren des Landgerichts heißen: "In der Sache Deubel und andere bitte eintreten."

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