Rheinische Motive im Fokus „Tausend göttliche Burgen“

SINZIG · Turmgespräch und Buchvorstellung im Schloss beleuchten den Rhein von Hammerstein bis Drachenfels.

Turmgespräch in Sinzig: Hildegard Ginzler (v.l.), Elmar Scheuren, Agnes und Rudolf Menacher, Stephan Pauly, Karl-Friedrich Amendt

Turmgespräch in Sinzig: Hildegard Ginzler (v.l.), Elmar Scheuren, Agnes und Rudolf Menacher, Stephan Pauly, Karl-Friedrich Amendt

Foto: Gausmann

Politisch oder empfindsam, so verschieden kann der Zugriff auf die Landschaft ausfallen. Das machte jüngst eine Doppelveranstaltung im Sinziger Schloss bewusst. Der Verein zur Förderung der Denkmalpflege und des Heimatmuseums hatte zum Turmgespräch geladen. Und das Museum präsentierte den Katalog „Malerisch und Monumental – Rheinische Motive zwischen Hammerstein und Drachenfels“ zur gleichnamigen Ausstellung, die am Internationalen Museumstag, Sonntag, 22. Mai, um 11 Uhr eröffnet.

Landschaft und Politik, dieses etwa gegenüber Landschaft und Idylle selten aufgerufene Begriffspaar beschäftigte Elmar Scheuren, Leiter des Siebengebirgsmuseums Königswinter, in seinem Rheinromantik-Vortrag. Für manchen verblüffend, ebnete gerade die neue Empfindsamkeit der „Politisierung“ der Rheinlandschaft den Weg. Als um 1800 eine stark emotional geprägte Landschaftswahrnehmung aufkam, öffnete sie sich auch den patriotischen Gefühlen. Universitätsprofessor Ernst Moritz Arndt war der gefeierte Wortführer, wenn es darum ging, den Strom ideologisch zu vereinnahmen, wie in seiner 1813 am Ende der napoleonischen Vorherrschaft verfassten antifranzösischen Kampfschrift: „Der Rhein, Teutschlands Strom, aber nicht seine Gränze“.

Dass der Rhein zur politischen Aufladung taugte, verdankte er neben der politischen Lage auch den vielen Sagen, welche mit der Kulisse der Burgen an beiden Ufern in der Romantik die Sehnsucht nach einer großen nationalen Vergangenheit schürten. Dies illustrierte der Redner anhand Kaspar Scheurens Grafiken, Setzkästen aus landschaftlichen und mythischen Bauelementen. Als „Kristallisationspunkt“ der Politisierung beleuchtete Scheuren den Drachenfels. Im Oktober 1814 wurde dort am Jahrestag des „Völkerschlacht“-Siegs bei Leipzig ein Denkmal errichtet, um an eine Bürgerwehr zu erinnern, die einen erfolglosen Vorstoß über den Rhein probte.

Obgleich militärisch unbedeutend und verlustreich, kam das Ereignis gelegen, um den Untergang der Herrschaft Napoleons zu feiern. Als das zerbröselte Denkmal Jahrzehnte später erneuert wurde, verschob sich die Würdigung 1857 zugunsten des Preußenreichs, denn der König selbst, Friedrich Wilhelm IV, erschien in der Inschrift als Unterstützer.

Schon als Kronprinz hatte Friedrich Wilhelm verzückt den Rhein bereist. Seiner Schwester schrieb er von „tausend göttlichen Burgen“ und „ich war matt vor Seligkeit“. Seine Begeisterung ließ ihn Schloss Stolzenfels wiederherstellen und als Monarch förderte er die Fertigstellung des Kölner Doms. Dass dafür zum Steinabbau die Burgruine auf dem Drachenfels fallen sollte, wusste er allerdings zu verhindern, für Scheuren ein frühes Beispiel von Landschaftsschutz. Der Redner führte auch überdimensionierte Denkmale an, „die zum Glück nicht gebaut wurden“, so das im Dreikaiserjahr 1888 für die Rheinprovinz zentral geplante Kaiserdenkmal im Bereich Siebengebirge oder ein Bismarck-Denkmal auf der Erpeler Ley.

Landschaft und Politik behandelt Scheuren auch im Ausstellungskatalog. Darin beleuchtet Hildegard Ginzler rheinromantische Motive als „Bilder und Sinnbilder einer Landschaft“, Rudolf Menacher die Druckverfahren und Stephan Pauly die „Stadt Sinzig und die Pfarrkirche Sankt Peter in der grafischen Darstellung“. Museumsleiterin Agnes Menacher, die das Vorwort schrieb, dankte allen Beteiligten. Bis auf eine Ausnahme umfasst das reich bebilderte 112-Seiten-Buch sämtliche Darstellungen des grafischen Museumsbestandes plus der Leihgaben für die Ausstellung. Der Verzicht auf Autorenhonorare und die Finanzierung durch den Denkmalförderverein hat den Preis der Schrift mit zehn Euro niedrig gehalten. Sie ist zu haben im Museum, Sinziger Buchhandel und bei der Tourist-Information.

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