Stolpersteine in Altenahr „Jetzt weiß ich, wo meine Großeltern lebten“

ALTENAHR · Sieben Stolpersteine vor dem Haus Nummer 39 am Roßberg in Altenahr erinnern jetzt an die jüdische Familie Karl und Rosa Schweitzer, die einst dort gelebt hat. Zur Verlegung der Steine besuchten Nachkommen der Familie Altenahr.

 Stolpersteine erinnern nun an die jüdische Familie Schweitzer in Altenahr. Rechts: Verbandsbürgermeister Achim Haag.

Stolpersteine erinnern nun an die jüdische Familie Schweitzer in Altenahr. Rechts: Verbandsbürgermeister Achim Haag.

Foto: Gausmann

Bis die Nazis dem ein Ende machten und alle vertrieben. Die Eltern, Karl und Rosa Schweitzer, wurden im Ghetto von Riga erschossen. Die fünf Kinder, Hilde, Walther, Tilly, Gerda und Leo, geboren zwischen 1909 und 1928, konnten Deutschland rechtzeitig verlassen beziehungsweise kamen mit den letzten Kindertransporten nach London in Sicherheit. In den Vereinigten Staaten, in England und in Venezuela leben Enkel und Urenkel. Zur Verlegung der Stolpersteine durch den Kölner Künstler Gunter Demnig waren elf Nachkommen der Familie aus England und den USA gekommen.

Eindrucksvoll berichtete die 18-jährige Salome Steinhoff aus Altenahr über das Schicksal der jüdischen Familie. Ihr Vater, Benedikt Steinhoff, hatte das Andenken an die einstigen Mitbürger wach gerufen und für die Verlegung der Gedenksteine geworben. Und der gebürtige Dernauer Matthias Bertram hatte daraufhin die Geschichte der Familie recherchiert. Deren Mitglieder hatten in Dernau und Umgebung gelebt. So bedankte sich Charles Swindon, Enkel von Karl und Rosa Schweitzer, beim anschließenden Empfang im Altenahrer Rathaus für die Informationen. „Ich habe nichts über meine Großeltern gewusst, jetzt weiß ich, wo sie gelebt haben“, sagte er. „Wir sind nach Altenahr gekommen, um den großen Respekt vor unseren Großeltern auszudrücken, aber auch, um mehr über den Teil des Rheinlands zu erfahren, in dem sie gelebt haben.“ Vorher sei ein Foto von Karl und Rosa Schweitzer einziges Andenken gewesen.

Der Altenahrer Benedikt Steinhoff kannte die Familie Schweitzer durch Erzählungen seiner Großmutter. Und auch seine Tochter Salome wusste, dass Karl Schweitzer, der ein Metzgergeschäft betrieben hatte, ihrer Großmutter, einer Krieger-Witwe mit vier Kindern, geholfen hatte, wenn keine Lebensmittel mehr da waren. Aber die Nazis hatten den jüdischen Mitbürgern „erst das Bürgerrecht, dann die Menschenwürde und schließlich das Recht auf Leben“ abgesprochen, sagte Salome. „Durch die Steine werden wir in Zukunft daran erinnert, dass Familie Schweitzer ein normaler Teil unserer hier lebenden Gemeinschaft von Menschen war.“

Jeder Einzelne könne mitwirken, dass derartiges Unrecht nie wieder geschehe. „Wobei daran erinnert sei, dass das Töten erst am Ende eines Prozesses der kollektiven Ausgrenzung stand, weshalb es unsere Aufgabe ist, bereits hier jederzeit wachsam und aktiv zu sein.“ Stolpersteine seien kein Hindernis, sagte Salome auch, man falle nicht darüber. „Zum Lesen der Messingtafeln verbeugen wir uns vielmehr und wir sollten dabei mit dem Kopf und mit dem Herzen stolpern.“

Die Feier wurde musikalisch sehr einfühlsam durch die Insuler Gruppe „Niealldoh“ mit Klezmer-Musik begleitet. Beim Empfang im Ratssaal sprachen Verbandsbürgermeister Achim Haag und der Altenahrer Bürgermeister Rüdiger Fuhrmann.

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