Konzert im Sinziger Zehnthof „Aus der Stille der Nacht“ mit dem Pilar-Trio

SINZIG · Das Pilar-Trio führte auf den Schwingen der Musik mit Claude Debussy zu den Sternen. „Aus der Stille der Nacht“ war der Konzertabend im Sinziger Zehnthof überschrieben.

Molly Marcuson griff in die Saiten ihrer Harfe. Da stand „Ein Abend auf dem Land“ von Béla Bartók akustisch im Raum, so präzise und komplex, so beschaulich wie unsentimental, dass der ungarische Komponist seine Freude daran gehabt hätte. Im Zehnthof-Gewölbe aber lauschte das Publikum der musikalischen Traumreise „Aus der Stille der Nacht“ des Pilar-Trios, das in der ungewöhnlichen Besetzung Gesang, Harfe und Violoncello konzertierte.

Die Aufmerksamkeit stieg bei „Sicilienne“ der Österreicherin Maria Theresia von Paradis, als sich zur Harfe ein warmer Klang des Cellos gesellte, mit dem Ulrike Zavelberg an ihrem Instrument überraschte. Durch die Reihen nach vorne schreitend hob schließlich Josephine Pilars de Pilar zu singen an, klar wie der helle Tag.

Doch war der Abend der Nacht gewidmet, wozu die sephardische Weise „Durme – Schlaflied an die Schöne“ aufs Stimmungsvollste beitrug, indem die Harfe die Melodielinie akzentuierte, das Cello Sehnsucht hörbar machte und die Stimme ans Herz rührte. Stille und Schlaf gehören zur Nacht, doch auch die Sorge. Richard Strauss beklagt düster, dass sie Licht und Farben raubt: „O die Nacht, mir bangt, sie stehle Dich mir auch.“ Dagegen münden die romantischen Klangtiefen von Brahms in „Gestillte Sehnsucht“. Manch einer beginnt zu beten, bringt seine Schmerzen vor und erringt Trost, wie im instrumental vorgebrachten „Prayer“ des aus einer religiösen jüdischen Familie stammenden Schweizers Ernest Bloch.

#Auch Träume vom Liebsten schienen auf und entzogen sich grausam wieder, was Gabriel Faurés von Bedauern schwangeres Stück „Après un rêve“ beleuchtete. Nicht minder kummervoll bringt die „Elegie“ des französischen Opernkomponisten Jules Massenet den Verlust zum Ausdruck. Die in Graz und Wien ausgebildete Sopranistin Josephine Pilars de Pilar reizte ein Programm über die Nacht, „weil durch die Nacht die Grenze von Bewusstem und Unbewusstem führt, weil die Mystik der Nacht innere und äußere Bilder verschmilzt“.

Von der Romantik bis zum Impressionismus

Ihr Trio interpretierte daher nicht nur nächtliche Wirrnisse, Ängste und Liebesfantasien, darunter Astor Piazzollas „Oblivion”. Es führte auf den Schwingen der Musik mit Claude Debussy zu den Sternen. Eher noch gewährte die sphärische „Nuit d’étoiles“ ein unbeschwertes Segeln und Taumeln durch das Dunkel, in dem es ohne Unterlass blinkt. Herrlich schlaflos, von der Nacht flirrend bewegt, hat der in die USA eingewanderte Franzose Carlos Salzedo sein „Chanson dans la nuit“ komponiert. Das Stück für Soloharfe bot Molly Marcuson eine besondere Gelegenheit, ihr großes Können zu zeigen. Das Gleiche galt für sie gemeinsam mit Ulrike Zavelberg beim gewollt volkstümlich kreierten Stück Maurice Ravels zu einem kubanischen Tanz.

Stilübergreifend von der Romantik bis zum Impressionismus und darüber hinaus, Länder und Mentalitäten überschreitend, spannten die Musikerinnen den dramatischen Bogen. Bis zum Schluss blieb das Publikum gefesselt. Eben hörte es noch das aufwühlende, Unheil dräuende ungarische Volkslied „Silvas folu“.

Dann rettete das Trio seine Zuhörer ins ungemein verheißungsvolle, Frieden spendende „Morgen!“ von Richard Strauss. Und die Gäste, die sich ohne Zugabe nicht vom Gewölbe trennen mochten, erwachten aus einer musikalischen Nacht, welche sie von der Dämmerung bis zum Morgengrauen erlebt hatten.

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