"Wanderung" von Niedernierendorf nach Birresdorf Ortstermin in Sachen Hochwasserschutz

BIRRESDORF · Die Gemeinde Grafschaft lud die Bürger zum Rundgang ein, um die 22 geplanten Einzelmaßnahmen zum Hochwasserschutz besser erläutern zu können.

 Aufmerksam verfolgen die Grafschafter die Ausführungen von Friedhelm Moog (r.).

Aufmerksam verfolgen die Grafschafter die Ausführungen von Friedhelm Moog (r.).

Foto: Martin Gausmann

Mehr als 60 interessierte Bürger aus Birresdorf, Leimersdorf und Nierendorf nutzten am Samstagmorgen die Gelegenheit, sich die angedachten Einzelmaßnahmen im Zuge des gerade in Planung befindlichen Hochwasserschutzkonzeptes im Bereich des Leimersdorfer Baches vor Ort erläutern zu lassen. Dazu hatte die Gemeindeverwaltung Grafschaft eingeladen.

Bürgermeister Achim Juchem, Bauamtsleiter Friedhelm Moog und die beiden Fachingenieure Peter Terporten und Johannes Meyers stellten bei einer zweieinhalbstündigen „Wanderung“ von Niedernierendorf nach Birresdorf den Bürgern die 22 Einzelmaßnahmen entlang dieser Strecke vor. „In der jeweiligen Örtlichkeit kann man viel besser erklären, was wir vorhaben, als wenn man nur eine Karte und eine Planzeichnung in der Hand hat“, wusste Bürgermeister Juchem.

Bei der anschließenden Diskussion im Dorfgemeinschaftshof Birresdorf brachten die Bürger noch einige Anregungen und Kritikpunkte vor. Zuvor machte Juchem allerdings klar, dass man sich derzeit noch in der Phase der Grundlagenermittlung befinde. Trotzdem seien in Nierendorf und Birresdorf schon einige Maßnahmen durchgeführt worden wegen der Dringlichkeit, die man mit dem Starkregenereignis vom 4. Juni eindrücklich vor Augen geführt bekommen habe.

Bis das Hochwasserschutzkonzept für die ganze Gemeinde aber endgültig fertiggestellt sei, gehe noch einige Zeit ins Land. Und erst wenn dieses fertig und auch endgültig genehmigt sei, könne man mit der Detailplanung der einzelnen Maßnahmen beginnen. Daher könne sich im Verlauf der Konzepterstellung noch das eine oder andere verändern, neue Maßnahmen könnten hinzukommen und andere wiederum wegfallen.

Eine endgültige Sicherheit vor Überschwemmungsschäden werde es aber auch künftig nicht geben, sagte Juchem voraus. Nach derzeitigem Stand seien lediglich solche Maßnahmen genehmigungsfähig, die vor einem „100-jährigen Ereignis“ mit 54,10 Liter Niederschlag pro Quadratmeter schützen. Das Unwetter am 4. Juni jedoch habe schon 115 Liter mit sich gebracht, und der Deutsche Wetterdienst gehe sogar künftig von Regenmengen bis zu 400 Liter aus.

Abgesehen davon müsse man praktisch jedes Gebiet in der Grafschaft überschwemmungssicher machen und nicht nur die Bachtäler, weil niemand wisse, wo die nächste Gewitterzelle herunterkomme. Viel Beifall bekam Dietmar Schröder aus Oedingen, der sich jahrzehntelang beruflich mit dem Hochwasserschutz beschäftigt hatte und klarmachte: „Das Wasser muss schon auf den Ackerflächen zurückgehalten werden, noch bevor es überhaupt in die Rückhaltebecken laufen kann.“ Zudem plädierte er für eine Anbaubeschränkung für erosionsgefährdete Produkte auf Ackerflächen am Hang, sonst werde bei einem Starkregenereignis zu viel Ackerboden weggeschwemmt.

Nach seiner Ansicht sei es große Entlastung bei solchen Ereignissen, wenn kleine Dämme am Unterhang von Äckern mit Gefälle gebaut würden. Das sei mit sehr wenig Geld zu machen, und die Landwirte könnten für die Dämme als „ökologische Vorrangflächen“ sogar noch Zuschüsse bekommen.

In dieser Hinsicht müssten die Landwirte nach seiner Ansicht sensibilisiert werden, denn einige arbeiteten nicht nach guter fachlicher Praxis. Bei denen müsse man sogar überlegen, sie zu belangen und ihre Prämien zu kürzen.

In diesem Zusammenhang prangerte Claus Hartmann (Birresdorf) die zunehmende „Folien᠆übertunnelung“ der landwirtschaftlichen Flächen an, die aber nach Aussage von Juchem „leider nicht genehmigungspflichtig“ sei.

Zum Schluss gab es aber auch noch Lob für die Verantwortlichen, denn Matthias Frank, Sprecher der Interessengemeinschaft Nierendorf ohne angstmachendes Hochwasser (NoaH), stellte klar: „Wir fühlen uns jetzt ernst genommen und sehen die Gemeinde auf dem richtigen Weg.“

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