Nach dem Unwetter in der Grafschaft Ministerin im Katastrophengebiet in der Grafschaft

GRAFSCHAFT/SINZIG · Bestürzt über das Ausmaß der Hochwasser- und Unwetterkatastrophe in der Grafschaft zeigte sich am Montagmittag die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken beim Besuch vor Ort. Derweil gehen die Aufräumarbeiten dort weiter.

Gemeinsam mit Landrat Jürgen Pföhler und Grafschafts Bürgermeister Achim Juchem besuchte Höfken die in Mitleidenschaft gezogenen Dörfer, sprach mit Bürgern und Ortsvertretern. "Was ich hier gesehen habe, war schon massiv. Man weiß nicht, ob Präventionsmaßnahmen hier noch gegriffen hätten", sagte die Ministerin. Zu gewaltig seien die Wassermassen gewesen. Auch drei Regenrückhaltebecken hatten daran nichts ändern können.

In der Grafschaft wurden derweil die Aufräumarbeiten fortgesetzt. An den Straßenrändern türmt sich der Sperrmüll, nicht mehr brauchbarer Hausrat stapelt sich in aufgestellten Containern. Überall wird mit Schaufeln und Eimern Schlamm und Dreck aus Kellern, Garagen und Erdgeschosswohnungen transportiert. Komplett zerstörte Autos werden verladen und in Werkstätten oder auf den Schrottplatz gebracht. Bereits am Sonntag waren viele freiwillige Helfer aus dem gesamten Kreis Ahrweiler gekommen, um zu helfen. Sie waren einem Facebook-Aufruf der Feuerwehr gefolgt. Die hatte geschrieben: "Wir brauchen jede helfende Hand."

Ministerin Höfken zeigte sich beeindruckt, mit welcher Tatkraft die betroffenen Menschen gerade ein Nierendorf an der Schadensbeseitigung arbeiten. "Da packt wirklich jeder mit an." Trotz der schlimmen Erlebnisse würden die Nierendorfer das Beste aus der Situation machen. Resignation habe sie nicht verspüren können. Im Gegenteil. Besonders leid tat Höfken eine junge Frau: Deren Laptop war von den Fluten mitgerissen worden. Darauf befand sich ihre Masterarbeit. Aber auch die anderen Einzelschicksale berührten die Ministerin. Schließlich gibt es kaum einen Haushalt in Nierendorf, der nicht vom Unwetter betroffen ist. Udo Klein, Vorsitzender der SPD in der Grafschaft und selbst betroffener Nierendorfer, dessen Haus meterhoch unter Wasser stand, hat Innenministerin Roger Lewentz angeschrieben. Seine Forderung: "Schicken Sie Geld!"

Die Umweltministerin rief indes die Kommunen auf, Maßnahmen zu ergreifen und wies auf entsprechende Fördermittel hin. Beispielsweise für die Schaffung von Retentionsflächen und Renaturierungen. Ob es zur Beseitigung der Schäden in Altenahr, in der Grafschaft, in Remagen oder Sinzig eine Direkthilfe des Landes geben wird, ist noch offen. Am 14. Juni soll ein Runder Tisch einberufen werden, zu dem Landräte und Bürgermeister aus den Krisenregionen eingeladen werden sollen. Angesichts der Häufung von Starkregen soll dann über Möglichkeiten der Hochwasservorsorge und die Angebote des Landes informiert werden, sagte Höfken dem General-Anzeiger.

Ungeachtet dessen, so die Ministerin, stünden Haushaltsmittel für das Landesprojekt "Aktion blau" bereit. Damit können vor allem Maßnahmen finanziert werden, die geeignet sind, Gewässern mehr Raum zur Ausdehnung zu geben.

Ex-Wirtschaftsministerin und Landtagsabgeordnete Eveline Lemke zeigte in Gegenwart der Umweltministerin in Lohrsdorf auf, welche Auswirkungen eine solche Renaturierungsmaßnahme habe. Lemke: "Ich bin davon überzeugt, dass Bad Bodendorf unter Wasser gestanden hätte, wenn wir nicht vor wenigen Jahren der Ahr hier an dieser Stelle mehr Freiraum gegeben hätten. Die Botschaft muss lautet: Mehr Platz schaffen für Wasser." Da stimmte die Umweltministerin zu. Höffken ergänzte: „Die Häufung von Starkregen und die schlimmen Folgen für die Menschen mahnen uns alle, dem Klimawandel konsequent gegen zu steuern. Gleichzeitig müssen wir uns auf häufigere Extremwetterereignisse einstellen.“

Erschrocken über das Ausmaß der Unwetterkatastrophe zeigten sich auch die CDU-Bundestagsabgeordnete Mechthild Heil und der CDU-Landtagsabgeordnete Horst Gies. Beide informierten sich in Ringen, Niederich und Nierendorf über die großen Schäden. Nach 2010 und 2013 erlebte die Grafschaft jetzt zum dritten Mal in kurzer Zeit eine solche Situation, wobei die augenblickliche Schadenslage die der Vorjahre deutlich übertrifft.

Die Abgeordneten waren sich einig, dass die Folgen dieser Katastrophe für die Betroffenen und die Gemeinde Grafschaft allein nicht zu tragen sein werden. Das Land Rheinland-Pfalz müsse hier im Bereich der Ersthilfe für die geschädigten Bürger tätig werden. Auch die Kommune benötige im Anschluss Hilfe bei den Maßnahmen, die kurz-, mittel- und langfristig angepackt werden müssten, um alle Möglichkeiten der Hochwasservorsorge zu treffen. Der Aufruf zur Hilfe durch das Land gelte im Übrigen in gleicher Weise für die vom Ahrhochwasser in der vergangenen Woche betroffenen Menschen sowie die Kommunen im Ahrtal.

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