Grafschaft testet Sicherheits-App Kein Ersatz für die 110

HOLZWEILER · Eine neue Sicherheits-App alarmiert im Verdachtsfall Betroffene, Nachbarn und die Polizei.

Im sogenannten Meldungsfeed findet der Nutzer die jeweils aktuellsten, für ihn relevanten Nachrichten, zum Beispiel der Polizei seiner ausgewählten Region.

Im sogenannten Meldungsfeed findet der Nutzer die jeweils aktuellsten, für ihn relevanten Nachrichten, zum Beispiel der Polizei seiner ausgewählten Region.

Foto: dike

Ob durch die Terrorattentate in München oder Paris, die Vorgänge in der Silvesternacht in Köln oder durch die Einbruchsserie vor der eigenen Haustür: Das Thema Sicherheit ist in aller Munde. Hätte es von den Ereignissen in Köln mehr authentisches Material gegeben und die Behörden dadurch eindeutige Beweise zur Hand gehabt hätten, würde bei den Bürgern nicht das Gefühl der Ohnmacht vorherrschen.

Davon sind die Grafschafter Bürgerhilfen um Elke Wolber in Esch und Frank Ronstadt in Holzweiler durch ihre Eigeninitiative ohnehin weit entfernt. Sie nahmen bereits vor Jahren das Thema Sicherheit ernst und selbst in die Hand. Sie vernetzten sich, laufen seitdem durch den Ort und melden alles Verdächtige. Fakt: Die Zahl der Einbrüche ging zurück, die Polizei ist dankbar, weil sie weiß, dass sie nur mit Hilfe der Bürger Erfolge verbuchen kann.

Mit ihrem „Erfolgsmodell“ war Elke Wolber auch bei Maybrit Illner zu Gast. So wurden die Gründer der Dike GmbH mit Sitz in Darmstadt, Thomas Gnirs, Christian Landgrebe und Florian Landenberger, auf die ansonsten eher beschauliche Grafschaft aufmerksam.

Schnell stand für sie fest. dass es die Anwohner im Kreis Ahrweiler sein sollen, die ihre neue Sicherheits-App als Frühwarnsystem gegen Einbrüche und Straftaten testen sollen. Nun ist die siebenwöchige Phase abgeschlossen, am Donnerstag luden die Dike-Macher zum Pressegespräch nach Holzweiler ein.

Funktionieren Systeme wie Katwarn nur in eine Richtung – sprich Behörden warnen Bürger bei Amokläufen oder vor Extremwetterlagen – können Bürger nun in Echtzeit per Smartphone mit wenigen Klicks sich untereinander informieren, aber auch Gefahren an Behörden melden.

So teilten 200 Nutzer in der Testphase auffällige Beobachtungen in 90 Meldungen mit. Die App zeigt nicht nur die Pressemeldungen der Polizei an, wie aktuell die Suche nach einer vermissten 13-Jährigen aus der Verbandsgemeinde Vallendar.

Die Landkarte mit farbigen Stecknadeln, zeigt anhand von Rubriken wie „verdächtige Person, Diebstahl, Unfall Feuer oder Vandalismus“, was um einen herum passiert. Im Menü kann auf einer standardisierten Maske angegeben werden „Wer oder was, Art des Ereignisses, Details, Fotos, Ort und Empfänger“. „Das Handling ist einfach, das schnelle Klicken toll“, so Ronstadt, der bislang mit den Nachbarn über WhatsApp kommuniziert hat.

Wichtig ist demnach selbst zu veröffentlichen und zu kommentieren, selbst benachrichtigt zu werden, aber auch andere zu informieren. Landgrebe: „Da stoßen die Dienste wie Facebook und WhatsApp schnell an ihre Grenzen. Denn eine ortsübergreifende Vernetzung ist aufgrund des erheblichen Koordinationsaufwandes praktisch unmöglich.“

Noch gibt es von den Behörden kein offizielles Feedback, sprich, es sitzt noch kein Beamter auf der Wache und kann auf Hinweise in der Dike-App reagieren. „Noch wird der Anruf bei der Polizei durch die App nicht ersetzt, aber wir würden es begrüßen, wenn künftig auch die Polizei solche neuen Erkenntnisse anwenden würde“, betonte Elke Wolber. Gespräche mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter oder dem Landeskriminalamt Hessen verliefen vielversprechend, doch bekanntlich mahlen Behördenmühlen langsam. Eine Umfrage unter 69 der 200 Testpersonen ergab, dass die stillen Helfer die aktive Vernetzung als positiv empfinden und sehr sensibel und verantwortungsbewusst auch mit Themen wie Datenschutz und Persönlichkeitsrechten umgehen. Gruppenregeln, ein Verifikationsprozess sowie ein Bewertungssystem durch die Nutzer sorgen dafür, dass Falschmeldungen, Spam und Denunziationen unterbunden werden.

„Wir wollen nicht die 110 abschaffen und auch kein Podium sein für Blockwarte oder Hilfssheriffs“, so Gnirs: „Es geht ums Transparentmachen von Taten, bei denen die Polizei im Nachhinein oft das Problem der Beweissicherung hat. Und: Es reicht oft, wenn Täter gestört werden.“ Der App-Name hat übrigens symbolischen Charakter: Dike ist die Göttin der Gerechtigkeit, im Englischen bedeutet Dike „Deich“, also einen Wall, der schützt.

In der Beta-Phase soll nun ab Januar Dike in den Großräumen Bonn, Frankfurt und Hamburg erprobt werden. Ab jetzt können also alle Grafschafter mitmachen sowie Interessenten in den drei Städten, die sich zuvor auf der Website www.dikeapp.de registriert haben. Die App ist kostenlos, derzeit nur für Android-Geräte nutzbar, im Januar soll auch die Nutzung für Apple-Smartphone-Besitzer möglich sein.

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