Energie in Grafschaft Haribobären sollen Strom und Wärme bringen

GRAFSCHAFT · Die Gemeinde Grafschaft will Projekt einer Brauerei in Mönchengladbach aufgreifen. Ein Ingenieur berichtet im Werksausschuss wie aus dem Abwasser Energie gewonnen werden kann.

 Freitagmorgen auf der Grafschaft: Blick auf die Ringer Pfarrkirche und das neue Logistikzentrum von Haribo.

Freitagmorgen auf der Grafschaft: Blick auf die Ringer Pfarrkirche und das neue Logistikzentrum von Haribo.

Foto: Günther Schmitt

Energie aus warmem Produktionsabwasser von Haribo gewinnen und diese in Teilen wieder an Haribo verkaufen. Mit dem Thema beschäftigen sich Verwaltung und Politik auf der Grafschaft schon seit geraumer Zeit, spätestens jedoch, nachdem sie eine solche Anlage in einer Brauerei in Mönchengladbach besichtigten. Zuletzt beauftragte der Gemeinderat sowohl den Werksausschuss als auch den Eigenbetrieb Abwasser mit der Thematik. Beide Ausschüsse tagten nun am vergangenen Donnerstag und ließen sich auf den aktuellen Stand bringen. Den gab es vom Rheinbacher Ingenieur Martin Keding zu hören. Vorweggenommen: Die Zeit drängt einerseits, einen Schnellschuss in Form einer Empfehlung hatte Keding aber noch nicht parat, den soll es im März geben.

Zahlen basieren auf den Werten des Solinger Werkes

Denn es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit dem Abwasser aus der Produktion von Haribo zu verfahren. Wo kommt das überhaupt her? Das Gros fällt bei der Reinigung der Produktionsmaschinen an, aber auch bei der Herstellung von Gummibär und Co. fällt Wasser ab. Wenn im Jahr 2020 die Bauabschnitte eins und zwei der Produktion laufen, sind das im Durchschnitt 110 Kubikmeter am Tag, in Spitzenzeiten können es 160 Kubikmeter werden. Das sind geschätzte Zahlen, basierend auf den Werten des Haribo-Produktionsstandortes in Solingen. Die Verwaltung des Unternehmens hat die Solinger Zahlen aber bestätigt. Dieses Wasser ist stark kohlenstoffhaltig. Für die Entsorgung gibt es mehrere Möglichkeiten, nämlich die Co-Vergärung in Kläranlagen großer Städte. Dafür müsste das Wasser mittels Tankwagen abtransportiert werden. In Solingen ist das der Fall. Die anaerobe Vorbehandlung mit Ableitung in die Kläranlage Sinzig könnte über das bestehende Mischwassernetz oder über einen neuen Schmutzwasserkanal laufen. Letzteres ist in der Umsetzung eher unwahrscheinlich, beides dürfte wegen des hohen Kohlenstoffgehalts mit hohen Kosten verbunden sein.

Eine weitgehende Abwasserreinigung und Direkteinleitung in ein nahes Gewässer wurde von der Struktur- und Genehmigungsdirektion bereits abgelehnt. Weitere Möglichkeit wäre noch die Vorbehandlung mit Ableitung über das Mischwassernetz nach Sinzig. Bei dieser Vorbehandlung besteht die Möglichkeit, Energie in Form von Biogas zu gewinnen. Das Abwasser würde einer Feststoffabtrennung unterzogen, ehe in einem Biogasreaktor die Energie entsteht. Sauerstoff würde zugefügt und das gereinigte Abwasser dem Mischwasserkanal zugefügt. Sind die Mengen tatsächlich den Solinger Mengen ähnlich, könnten pro Jahr rund 1,9 Millionen Kilowattstunden Strom und 2,9 Millionen Kilowattstunden Wärme gewonnen werden. Das ist rund fünf Mal so viel, wie die Gemeinde für ein geplantes Nahwärmenetz zur Versorgung der kommunalen Einrichtungen in Ringen benötigt. Das geplante Hackschnitzel-Heizungssystem könnte entfallen, das selbst oder von Dritten produzierte Gas wäre sicherlich günstiger, als derzeit eingekauftes, und die Überschüsse könnten veräußert werden, zum Beispiel an Haribo, wenn die Gasqualität stimmt.

Rheinbacher Büro führt eine Machbarkeitsstudie durch

Das Rheinbacher Büro wird nun eine qualitative Vorauswahl nach einer Machbarkeitsprüfung und der Abstimmung mit der Wasserwirtschaftsverwaltung vornehmen, eine Kostenschätzung, Kosten-Vergleichsrechnung und eine Kosten-Nutzen-Betrachtung werden folgen, ehe dann im März der Verwaltung eine Verfahrensempfehlung auf dem Tisch liegen soll. Geht alles seinen geregelten Weg, könnte eine solche Anlage Ende 2019 den Betrieb aufnehmen. Dann laufen die Anlagen bei Haribo zu rund 60 Prozent. Bis es soweit ist, dürfte das ab Produktionsstart in diesem Jahr anfallende Abwasser mittels Tankwagen abgefahren werden. Das bedeutet zunächst keine großen Mengen, am Anfang wird es ein Tankwagen alle zwei Tage sein. Bleibt die Frage, wenn das Thema lukrativ ist, warum macht es Haribo dann nicht selbst? Darauf hat das Unternehmen eine klare Antwort: „Wie konzentrieren uns einzig und allein auf Süßwaren.“

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