Premiere im Bad Neuenahrer Kurhaus „6-Zylinder“ bei „Rhein-Hoch7“

BAD NEUENAHR · Auftakt zu einem neuen Festival zwischen Koblenz und Düsseldorf.

 Nahr Kurhaus RheinHoch7 6 Zylinder

Nahr Kurhaus RheinHoch7 6 Zylinder

Foto: Gausmann

Die Hände schlugen rhythmisch aufs Brustbein. Der Mund formte ein Dadapp, Dudu oder Dumdada. Finger schnipsten, Füße stampften. Dazu kamen Choreographien und Gesang. Manchmal passierte alles parallel. Null Instrumente waren zu sehen, neun Stimmen zu hören. Denn mit zwei A-cappella-Formationen ist in Bad Neuenahr ein neues, überregionales Festival an den Start gegangen: „Rhein-Hoch7, Rheinland-Musik-Festival“. Das Konzept: „Eine Mischung aus Musik und Erlebnis an ungewöhnlichen Spielstätten“, sagte Sebastian Simons, der mit Andreas Reichel das Festival gegründet hat. Dieses soll künftig jährlich an sieben Orten zwischen Koblenz und Düsseldorf über die Bühne gehen und die zwei Bundesländer entlang der 160 Rheinkilometer dazwischen miteinander verbinden.

Den Auftakt machte ein als „Stimmenduell“ überschriebenes Konzert der vier Frauen von „Les Brünettes“ und der fünf Herren von „6-Zylinder“. Auf Gesang, Rhythmik und Harmonik und die Fähigkeit, mit dem Mund Töne zu erzeugen, kam es an, und auch auf die Show. Bei Letzterer hatten vielleicht die Herren, die bereits seit 30 Jahren unterwegs sind, leicht die Nase vorn. Mit Unschuldsblick verhießen Roland Busch, Winne Voget, Jos Gerritschen, Thomas Michaelis und Henrik Leidreiter „Wir woll’n doch nur spielen“ und zeigten dazu graziöse Sprünge, Kreis- und Paartanz, und schnaubend wiehernd eine Formation als Pferde zu „Horse with no name“.

Aber auch ihre meist deutschen Texte auf internationale Hits sorgten für gute Laune. Aus Billy Joels „Uptown Girl“ wurde „Abtaun’n Girl“ mit passender Story und aus Barry Manilows „Mandy“ wurde „Mein Handy“. Noch ein bisschen mehr Rockabilly als das Original hatte ihr „Crazy little thing called love“, und zuweilen bildeten die Bass-, Bariton- respektive Alt- und Tenorlagen der fünf Herren Klangbilder, die das Publikum in den Bann schlugen bis der nächste Gag sie wieder davon befreite.

Mit ganz eigenen Arrangements von Erfolgsstücken punkteten aber auch Les Brünettes, die 2012 ihr erstes Alben veröffentlicht haben. Auch Eigenkompositionen hatten Juliette Brousset, Lisa Herbolzheimer, Julia Pellegrini und Filippa Gojo im Gepäck. Ihre Frische und Andersheit zeigte sich aber besondern bei Versionen bekannter Songs großer Frauen. Ihr Klatschrhythmus zu „Die Gedanken sind frei“ galoppierte und hatte südländisches Feuer, ließ aber das Publikum nach Wunsch trotzdem noch mitsingen. Ihr „Alfonsina y el mar“ der südamerikanischen Protest- und Folkloresängerin Mercedes Sosa wirkte wie ein eindringliches und zugleich vielschichtiges Abschiedsgebet. Zu Nenas „99 Luftballons“ traten die vier Sängerinnen in einen Wettstreit mit dem Publikum und sorgten für Partystimmung im Kurhaus. Zu Nina Simones „See line woman“ machten sie Musik mit Besenstiel und Wasserglas und zu Edith Piafs „L'Hommè̀ à la moto“ gingen sie in Männer-Pose.

Überhaupt Männer und Frauen: Sie waren der rote Faden des Abends. Denn auch Moderator Carsten Höfer machte die Geschlechtereigenheiten zum Thema, indem er sich etwa die Geburtstagsgeschenk-Erwartungen und das Einkaufsverhalten von Männern und Frauen vornahm. Sein Rat: An der Umkleidekabine helfe nur „Deeskalation durch finanzielle Kapitulation“ oder anders gesagt der Satz „Nimm doch einfach beide“. Höfer sorgte für das dritte wesentliche Element, das das neue Festival ausmachen soll. In diesem Fall war das Kabarett, und alles wurde dargeboten in Lounge-Atmosphäre.

So hatten viele „ihr“ Kurhaus noch nicht gesehen: Statt auf der eigentlichen Bühne spielte sich alles auf einer Plattform davor ab, die von drei Seiten von den 200 Zuschauerplätzen umringt war, und das Drumherum war in blaues und grünes Licht getaucht. Ob das Kurhaus nächstes Jahr wieder Spielort von „Rhein-Hoch7“ wird, steht noch nicht fest. Aber perspektivisch soll es statt vier jährlich sieben Veranstaltungen an sieben Orten zwischen Düsseldorf und Koblenz geben. Und wer gewann das „Stimmenduell“? Keiner. Denn alle neun Stimmen vereinten sich am Ende zu „Rolling in the deep“ von Adele und demonstrierten gemeinsam große Klasse.

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