Aktiengesellschaft Bad Neuenahr Vorstand nimmt Stellung zum Insolvenzverfahren

BAD NEUENAHR · "Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas Schönes bauen", zitierte der Vorstand der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr (AGBN), Christoph Reinicke, am Montag in einer Pressekonferenz keinen geringeren als Goethe. Trotz Liquiditätskrise, angemeldeter Insolvenz in Eigenverwaltung und Dauerstreit mit der Stadt sieht Reinicke hoffnungsfroh in die Zukunft: "Wir stellen uns neu auf, wir fangen bei Null an."

Altlasten des ins Straucheln geratenen Unternehmens könnten nun eliminiert werden. Mit dem Insolvenzantrag nutze man die Instrumente des Gesetzes zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG). Die damit weiterhin verbundene Eigenverwaltung wertete Renicke als große Chance. Zu beschönigen gebe es indes nichts: "Wir löffeln jetzt eine Suppe aus, die uns andere früher eingebrockt haben."

"Die AGBN ist schützenswert. Wir stellen uns unter den Schutzschirm", ist auf Flyern des mehr als 150 Jahre alten Bad Neuenahrer Traditionsunternehmens zu lesen. Was den Banken recht sei, könne den mittelständischen Unternehmen wie der AGBN nur billig sein, meinte Reinicke zum Schutzschirm.

Nach fast zwei Jahren Restrukturierung mit dem Ziel, drei Millionen Euro Ertragssteigerungspotenzial zu realisieren, sei es unter anderem durch noch nicht realisierte Umsatzerwartungen zu einem Liquiditätsengpass gekommen, sagte Reinicke am Montag. Das nun eingeleitete Verfahren wertete er als Herausforderung. Die Mitarbeiter des Unternehmens sollten möglichst ohne Sorgen um ihren Arbeitsplatz oder die Zahlung ihrer Gehälter arbeiten können. Auch hierzu diene das Verfahren, das man bereits 2013 bei Reinickes Antritt erwogen habe.

Es sei eine "konsequente Fortführung der eingeleiteten Restrukturierung, sich unter den Schutzschirm zu stellen", führte der AGBN-Vorstand aus. An den unternehmerischen Zielen ändere sich nichts. Die Neuausrichtung der Aktiengesellschaft werde nun erleichtert, da in erheblichem Maße Altlasten aufgelöst werden könnten. Reinicke nannte Belastungen aus alten Verträgen, die nun obsolet würden.

Eine Reorganisation und Restrukturierung der Schulden, Leasingvereinbarungen, Verträge sowie des Kapitals und anderweitiger Verpflichtungen werde angestrebt. Ob Rentenrückstellungen für Altvorstände (nach Reinickes Angaben 400.000 Euro im Jahr) oder Telefonmietverträge für die zum Unternehmen gehörenden Villa Sibilla (50.000 Euro pro Jahr): Aus diesen Verträgen müsse man raus. "Schonungslos" seien der Aufsichtsrat und die Stadt über die Situation der AGBN, an der die Stadt zu 27,4 Prozent beteiligt ist, informiert worden. Die Aussage des Ersten Beigeordneten der Stadt, Detlev Koch, Reinicke habe die Lage "rosarot geschildert" sei falsch. Auch habe sich die Stadt nicht - wie von Koch behauptet - als "Feuerlöscher" betätigt. Vielmehr habe die Stadt zur Kurinfrastruktur gehörende Liegenschaften zum "Schnäppchenpreis" erworben. 30 Jahre lang hätte die AGBN "die Ahr-Thermen durchgeschleppt" und dabei Verluste von 30 Millionen Euro angehäuft. Die damals Verantwortlichen hätten zu keinem Zeitpunkt eine Veranlassung gesehen, das Unternehmen neu auszurichten. Statt dessen sei zur Abdeckung von Verlusten stets das Tafelsilber verkauft worden.

Reinicke: "Es gab niemanden, der eine Perspektive für unser Unternehmen aufgezeigt hätte." Um die Kreditwürdigkeit zu verbessern, habe Reinicke eine Kapitalerhöhung angestrebt. Von der Stadt habe es jedoch kein Signal gegeben, diesem Vorschlag zu folgen. Auf Anfrage des GA schloss Reinicke nun einen Kapitalschnitt nicht aus. Dabei wird das Grundkapital zunächst um den Bilanzverlust verringert, wodurch die Verlusthistorie des Unternehmens beseitigt wird. Hauptverlierer wären dann die Aktionäre, deren Einlagen erheblich an Wert verlören. So auch die der Stadt, die keinerlei Anzeichen gegeben habe, "sich zu bewegen". Reinicke: "Die Stadt ist für uns ein absoluter Risikofaktor. Wir mussten daher die Reißleine ziehen."

Um das seit zwei Jahren stark strapazierte Verhältnis mit der Stadt zu entlasten, habe Reinicke "immer wieder das Gespräch mit Bürgermeister Guido Orthen gesucht". "Meine Briefe wurden nicht einmal beantwortet", so der AG-Vorstand. Reinicke wird die Aktiengesellschaft als Vorstand eigenverantwortlich weiter führen. Als "Kontrolleur" wird ihm im Insolvenzverfahren Jens Lieser als Sachwalter zur Seite stehen. Die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler kündigte auf Anfrage für morgen eine Stellungnahme an.

Richtigstellung der Spielbank Bad Neuenahr und der Stadtverwaltung

"In verschiedenen Presseveröffentlichungen wurde berichtet, dass von dem beantragten Insolvenzverfahren der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr auch die Spielbank Bad Neuenahr GmbH & Co. KG betroffen sei. Hierzu stellt Michael Seegert, persönlich haftender geschäftsführender Gesellschafter der Spielbank Bad Neuenahr GmbH ausdrücklich fest:

"Die AG Bad Neuenahr ist weder Betreiberin der Spielbanken Bad Neuenahr, Bad Dürkheim und Nürburg noch bestehen gesellschaftsrechtliche Verbindungen zwischen der AG Bad Neuenahr und der Spielbank Bad Neuenahr GmbH & Co. KG.

Aus diesem Grunde ist die Spielbank Bad Neuenahr GmbH & Co. KG mit ihren Spielbanken in Bad Neuenahr, Bad Dürkheim und Nürburg in keiner Weise von dem beantragten Insolvenzverfahren der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr betroffen.

Die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr ist lediglich Vermieterin der Flächen im Kurhaus Bad Neuenahr für die dortige Spielbank."

Eine Richtigstellung hat auch die Stadtverwaltung Bad Neuenahr-Ahrweiler abgegeben. Der städtische Wirtschaftsförderer Thomas Spitz schreibt: "In Ihrer heutigen Ausgabe auf der ersten Seite (Politik 1) titelt der General-Anzeiger 'Kuranlagen und Spielbank sind pleite'.

Hierbei handelt es sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung, die im Artikel selbst faktisch wiederholt wird.

Die städtische Heilbad GmbH als Betreiberin der Kuranlagen ist von der Insolvenz der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr nicht tangiert.

Dies gilt ebenso für die städtische Einrichtung/Anlage "Ahr-Thermen". Beide Tochtergesellschaften der Stadt sind weder "pleite", noch von einer Insolvenz - wie vorliegend die dem Bericht eigentlich gegenständliche Aktiengesellschaft Bad Neuenahr - betroffen."

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