Immer weniger Läden auf dem Dorf Sorge um Nahversorgung Kreis Ahrweiler

KREIS AHRWEILER · Kleinere Orte im Kreis Ahrweiler sind in ihrer Zukunftsfähigkeit gefährdet. Eine IHK-Studie zeigt Probleme vor allem in ländlichen Gebieten auf.

In weiten Teilen der Verbandsgemeinden Adenau und Altenahr gibt es so gut wie keine oder eine völlig unzureichende Nahversorgung. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Industrie- und Handelskammer Koblenz, die sich mit der Einzelhandelsnahversorgung im nördlichen Rheinland-Pfalz beschäftigt.

Keine Probleme gibt es in Bad Breisig, Remagen, Sinzig, der Grafschaft und Bad Neuenahr-Ahrweiler. Das Fazit der Studie: Kleinere Dörfer sind stärker in ihrer Zukunftsfähigkeit gefährdet als größere Orte, Mittel- oder gar Oberzentren. In nur knapp 46 Prozent der untersuchten Orte des Landkreises Ahrweiler gibt es heute noch Einzelhandelsgeschäfte der Nahversorgung. „Dabei stellt das Lebensmittelhandwerk (Bäckereien und Metzgereien) eine beachtliche Versorgungsfunktion dar“, erklärte die IHK. Kleinere und größere Supermärkte sowie Discounter gebe es lediglich in zehn der 48 untersuchten Ortsgemeinden.

Versorgung in der Gemeinde Brohltal am besten

Mit Sicht auf die einzelnen Verbandsgemeinden im Kreis Ahrweiler sei die Versorgungssituation in der Verbandsgemeinde Brohltal mit über 80 Prozent Nahversorgung am besten. Kritischer sehe es in der Verbandsgemeinde Adenau aus. Das Ergebnis der IHK-Studie: Hier gaben gerade einmal 27 Prozent der Ortsbürgermeister an, dass es mindestens ein Einzelhandelsgeschäft in ihrer Ortsgemeinde gibt. Das Ergebnis spiegele sich auch in der Veränderung seit dem Jahr 2000 wider. Kein Ortsbürgermeister in der VG Adenau habe eine positive Veränderung der Nahversorgungssituation wahrgenommen.

Dagegen hätten vier Ortsgemeinden im Brohltal Verbesserungen beobachtet. Für die Zukunft erwarte die Hälfte der untersuchten Ortsgemeinden rund um Adenau weitere Verschlechterungen, während nur eine Ortsgemeinde eine Verbesserung erwarte. Dieser eher negative Trend zeigt sich ebenso in allen anderen Verbandsgemeinden. Die IHK-Untersuchung zur Einzelhandelsnahversorgung im ländlichen Raum verfolgt das Ziel, einen systematischen Überblick der Nahversorgung in ländlichen Räumen zu gewinnen, die grundsätzliche Nahversorgungsstruktur aufzudecken und damit mögliche Ansatzpunkte zur Sicherung der Nahversorgung aufzuzeigen.

Nahversorgung ein weiter Begriff

Unter dem Begriff Nahversorgung wird eine orts- und zeitnahe Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs verstanden. Was zum täglichen Bedarf gehört, darüber gibt es allerdings keinen vereinheitlichten Konsens. „Eine Übereinkunft scheint auch kaum möglich, da jeder Verbraucher individuell interpretiert, was für ihn dazugehört“, so die IHK.

Teilweise werde hierbei nochmals zwischen einer Nahversorgung im engeren Sinne, die nur Güter des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel, Getränke, Genusswaren und Drogerieartikel umfasse, sowie der im weiteren Sinne unterschieden, wobei noch private und öffentliche Dienstleistungen wie Post, Bank, Café, Gaststätte, Arzt, Apotheke oder Verwaltungsstelle hinzugezählt würden, erläuterte die Koblenzer IHK.

Räumliche Konzentration nimmt zu

Der IHK-Bericht berücksichtige die grundlegenden Versorgungseinrichtungen Bäcker, Metzger, kleiner Supermarkt und großer Supermarkt, Discounter, Drogeriemarkt, Tankstellenshop und Sonstiges (wie beispielsweise einem Dorf-/Hofladen) als Bewertungsmaßstab. Darüber hinaus sei die Versorgung über einen mobilen Verkaufswagen abgefragt worden. Das Fazit: „Insbesondere in den kleineren Orten ohne zentralörtliche Funktion, aber auch in einigen Orten mit grundzentraler Funktion, ist eine Grundversorgung im Einzelhandel bereits heute nicht mehr gewährleistet.“

Die zunehmende räumliche Konzentration im Bereich der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs, wie beispielsweise Lebensmitteleinzelhandel, führt bekanntlich vielfach zu einem Rückzug aus der Fläche, von der insbesondere dünn besiedelte Regionen und spezifische Bevölkerungsgruppen, vor allem weniger mobile Personen wie ältere Menschen, Kinder und Jugendliche, betroffen sind.

Die Ursache dafür besteht darin, dass auf der Nachfrageseite die Bindung der lokalen Kaufkraft tendenziell eher abgenommen hat, da die Mobilität gestiegen ist und die Ansprüche der Konsumenten bezüglich des Preises, der Auswahl- und Kopplungsmöglichkeiten stark zugenommen haben.

Kleine Dörfer stärker gefährdet

„Außerdem ist zu berücksichtigen, dass vor allem der Lebensmitteleinzelhandel in einem stagnierenden und stark umkämpften Markt agiert“, erklärt die IHK. Vor diesem Hintergrund erscheinen gerade der Markteintritt und die Etablierung kleiner Läden schwierig. Auf Seiten der Anbieter lasse sich entsprechend der gewandelten Nachfrage eine Entwicklung hin zu größeren Verkaufsstellen beobachten. Zudem nehme der Wettbewerbsdruck auf Grund der expansiven Strategie der größeren Anbieter weiter zu. Problem: Mit der Flächenausweitung verbunden sind größere Einzugsgebiete und geringere Flächenerträge sowie eine Konzentration mehrerer Anbieter und Formate in den Zentren ländlicher Räume.

In kleineren Orten mit weniger als 5000 Einwohnern verbleiben somit oft nur Discounter und kleine Supermärkte. Letztere sind dabei oft mit Problemen der wirtschaftlichen Tragfähigkeit konfrontiert. Und so kommt dann auch die IHK-Studie zu dem Ergebnis, dass kleinere Dörfer stärker in ihrer Zukunftsfähigkeit gefährdet sind als größere Orte, Mittel- oder gar Oberzentren.

Bevölkerungsrückgang in ländlichen Regionen

Ein wichtiger Faktor ist der Bevölkerungsrückgang in ländlichen Regionen. Je größer die Entfernung zu größeren Städten mit Schulen, Krankenhäusern oder einer nennenswerten Bandbreite an Einkaufsmöglichkeiten ist, umso stärker fällt der Bevölkerungsrückgang aus kleineren Ortsgemeinden aus, die sich demografisch auch nicht stabilisieren können. Auch dies wird von der IHK bestätigt.

„Zwar schafft wirtschaftlicher Strukturwandel auch neue Arbeitsplätze, diese entstehen aber vor allem in Verdichtungsräumen. In den ländlichen Gebieten geht Beschäftigung verloren“, heißt es in der Studie. Die Standortattraktivität der Städte ziehe zusätzlich Menschen aus dem ländlichen Raum. Die Folge für die Orte auf dem Land: Leerstand und sinkender Attraktivität.

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