Brennende Strohballen - Sorgen im Kreis Ahrweiler Soko Strohfeuer tappt im Dunkeln

KREIS AHRWEILER · Nach 18 Brandstiftungen in der Region geht die Kripo von einem Einzeltäter aus. Der Kreisbauernchef spricht von einem ihm nicht bekannten Ausmaß.

Ein sogenannter „Feuerteufel“ geht seit Montag, 12. September, um und versetzt, weil er es auf Strohballen abgesehen hat, die Landwirte zwischen Brohltal und Grafschaft zwar nicht in Angst und Schrecken, aber in erhöhte Alarmbereitschaft. Der Brandstifter hat eine Serie in einer Größenordnung in Gang gesetzt, die es so bei der zuständigen Kriminalinspektion (KI) Mayen noch nie gegeben hat. Die Polizei steht noch vor einem Rätsel.

Seit knapp drei Wochen hat der unbekannte Täter – die Kripo Mayen vermutet zwar einen Einzeltäter, kann jedoch keine gesicherte Erkenntnis daraus ableiten – 18 Mal zugeschlagen. Mal auf der Grafschaft, zuletzt in der Nacht zu Montag gleich vier Mal im Brohltal und in Kretz bei Plaidt (der GA berichtete). Mal waren es nur drei Ballen, dann eine sogenannte Strohmiete, also eine Ansammlung von Ballen von bis zu 300 Stück. „Die Serie ist landkreisübergreifend, die 18 Taten liegen sowohl im Landkreis Ahrweiler als auch im Kreis Mayen-Koblenz“, erklärt Achim Rosenberg vom Sachbereich Einsatz der KI auf GA-Anfrage. Auch arbeite man eng mit den Polizeiinspektionen der anderen Rheinseite zusammen, denn auch im Kreis Neuwied hatte es Mitte September mehrere Brände gegeben. Der bislang entstandene Schaden im Bereich der KI Mayen durch Hunderte von verbrannten Strohballen beläuft sich auf rund 40 000 Euro.

Laut Rosenberg wurde eine Ermittlungsgruppe Strohfeuer eingerichtet, die von einem Brandermittler der KI Mayen geleitet wird. „Das einzige beherrschende Muster ist letztendlich das Anzünden von Strohlagern“, so der Kripobeamte, der sich schwer tut, etwas zum Täterprofil zu sagen, „weil solche Angaben immer etwas spekulativ sind“. So viel: Serienbrandstifter unterliegen oft einem Aggressions-Frustrations-Motiv. Diese Hypothese besagt, dass das Erleben von Frustration die Wahrscheinlichkeit von aggressivem Verhalten steigert. Die Brandstiftungen deuteten auf pure Willkür hin. Grund könne eine psychische Erkrankung sein. Der Täter habe möglicherweise seine Psyche durch diese Taten entlasten wollen.

Auch zu präventiven Maßnahmen, wie vermehrter Polizeipräsenz am Abend und in der Nacht, wollte Rosenberg aus einsatztechnischen Gründen nichts verlauten lassen. Was aber auch allein aufgrund der Größe des derzeitigen Radius des Täters in der Praxis schwer werden dürfte. Fahndungsansätze haben die Ermittler dank zahlreicher Hinweise aus der Bevölkerung, aber auch diversen Spuren, die der Brandstifter an den Tatorten hinterließ, genug. „Die Ermittlungsgruppe geht dem nach.“ Wie weit die Ermittlungen gediehen sind, wollte Rosenberg jedoch aus taktischen Gründen ebenfalls nicht sagen.

Wenn der „Feuerteufel“ zugeschlagen hat, kann die alarmierte Feuerwehr in der Regel nichts tun, außer das Stroh auf den Feldern kontrolliert abbrennen zu lassen und zu hoffen, dass es möglichst windstill ist, um Funkenflug und damit das Übergreifen der Flammen auf angrenzende Scheunen, Höfe, Gebäude und Häuser zu vermeiden, damit nicht noch Menschen und Tiere zu Schaden kommen. Ein Bauer aus Birresdorf hatte Glück, dass es windstill war, denn seine Reithalle mit rund 30 Pferden steht nur 180 Meter von dem Feld entfernt, auf dem es brannte.

Der Grafschafter Landwirt Franz-Josef Schäfer, Vorsitzender des Kreisbauern- und Winzerverbandes, beschreibt die Stimmung unter den Kollegen als „angespannt. Wir sind beunruhigt, weil sich jeder fragt 'Wann bin ich selbst dran?'“ Er könne zwar nachts noch ruhig schlafen und die Bauern könnten ja auch nicht wirklich was zum Eigenschutz tun, aber eine gewisse Nervosität sei latent vorhanden. Nur bedingt könnten die Landwirte ihr Verhalten ändern. „Strohmieten“, so Schäfer, „sollten dezentral angelegt sein, um den Schaden in Grenzen zu halten. Auf keinen Fall sollte das Stroh in Scheunen gelagert werden, um sie aus dem Blickfeld des Brandstifters zu nehmen. Das stellt eine wesentlich größere Gefahr für Gebäude, Ställe und Wohnhäuser dar. Nicht zuletzt deswegen wird das Stroh im Herbst ja dort gelagert, wo wir es brauchen: auf dem Feld“.

Das ist übrigens nicht mit Heu, dem getrockneten Gras zu verwechseln, sondern ist ein Nebenprodukt der Getreideproduktion. Bauern verwenden es als Einstreu in Ställen, aber auch um Pflanzen vor Nässe zu schützen. So gehen zum Beispiel für ein 25 Hektar großes Erdbeerfeld, was einer Größe von 35 Fußballfeldern entspricht, bis zu 1000 Strohballen pro Jahr drauf.

Vom Patrouille fahren „à la Bürgerwehr“ hält der Kreisbauernchef gar nichts. „Präventiv kann man gar nichts machen. Man muss in solchen Situationen nicht den Helden spielen. Es geht 'nur' um Stroh. Die materiellen Schäden ersetzt die Feuerversicherung. Und das Fassen des Täters ist Aufgabe der Polizei. Denn es besteht ganz klar die Gefahr der Eskalation, wenn man den oder die Täter auf frischer Tat ertappen würde.“ Auch Schäfer weiß, dass es schon öfter Brandserien gegeben habe, „aber ein solches Ausmaß ist mir unbekannt“.

Da die ermittelnden Beamtender KI Mayen auf die Hilfe der Bevölkerung angewiesen ist, bitten sie um Hinweise unter 0 26 51/80 10.

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